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Aus dem Stand Kap. 07

Geschichte Info
Ein Katapultstart in die Welt des Begehrens und Betrügens.
4.2k Wörter
4.08
45.2k
3

Teil 7 der 7 teiligen Serie

Aktualisiert 05/07/2022
Erstellt 09/17/2008
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Danke, Anne; ich hätte es wirklich verdient, wenn ich es denn wäre. Aber ich bin es nicht, soll heißen, diese Geschichte ist nicht selbsterlebt. Vorfreude? Hoffentlich nicht. Wunschdenken? Möglicherweise, aber nicht in der naheliegenden Form. Ich fand schon immer, dieses Forum brauche mehr starke Frauen… Ich registriere ansonsten gelassen, daß mein Englisch nicht so gut ankommt. Wem das nicht behagt: Stell Dich als Editor zur Verfügung oder überschlag ein paar Fortsetzungen (diese und noch eine, um genau zu sein). Allen anderen, denen die Möglichkeit gegeben ist, zwei verschiedensprachige Gedanken im Kopf zu bewegen, schon mal ein Frohes Fest!

Intermezzo

„Hallo Schatz, wieder zurück?“

„J…Ja, grad’ eben.“

„War’s schön?“

„Na ja, du weißt, die üblichen Phrasen. Und Du?“

„Das übliche, auch bei mir. Viel zu tun. Morgen beginnen die Proben für den Stravinskij Zyklus.“

„Na dann…“

VII – Eisfront

Ich war, im Augenblick als die beiden den Raum verlassen hatten, aus meinem Versteck geschlüpft und mit meiner Reisetasche und den Blumen möglichst lautlos aus der Wohnungstür gegangen.

Hatte Sophia die Blumen bemerkt? Würde sie die Flecken vor der Vase bemerken?

Ich mietete mich für die Nacht im nächstbesten Hotel ein. Schlafen konnte ich nicht. Zwischen Erregung, Wut und Verzweiflung fand ich mich nicht mehr zurecht. Eine Lösung schien ferner denn je.

Wenn es sich ergab, war ich weiterhin mit Lisa zusammen. Es fiel leichter, jetzt, wo auch Sophia …

Aber nicht immer war ich bei der Sache. Reale Bilder vom Wohnzimmer mischten sich mit eingebildeten vom Zug, von Bayreuth, von jeder Vorstellung, jeder Probe.

Lisa bemerkte es eines Tages und fragte.

„Ist es Ihre Frau?“

Ich wagte nicht, zu antworten, geschweige denn, mir die logische Gegenfrage zu stellen. Wenn sie es wußte …?

Sophia und ich lebten nebeneinander her, tauschten Belanglosigkeiten aus, waren sorgsam bemüht, im Gespräch keine kontroversen Themen anzuschneiden. Waffenstillstand auf unerklärtem Niveau, könnte man es nennen. Ich wußte, daß sie wußte; sie ließ mich fühlen, daß es ihr gleichgültig war, ob ich wußte oder nicht.

Es geschah im übrigen das, was sie am Tage ihrer Einladung nach Bayreuth angedeutet hatte. Wir verbrachten weniger und weniger Zeit miteinander. Ich vermied es, Konzerte des Orchesters zu besuchen; Sophias Worte

„Ist Dir nie aufgefallen, daß ich mir nach oder auch schon vor einer Vorstellung, wenn ich nur wollte, einfach einen passenden Mann aussuchen und mit ihm die Nacht verbringen könnte?“

machten es mir zeitweise unmöglich, der Musik so konzentriert und ergriffen zu lauschen, wie das früher der Fall gewesen war. Stattdessen kaufte ich Filme, Konzert- und Opernaufnahmen, und zog mich damit in mein Arbeitszimmer zurück.

Ohne daß ich ein Muster erkennen konnte, war Sophia auch nicht mehr so oft zuhause wie früher. Abends kam sie manchmal sehr spät, ohne mich einer Erklärung für wert zu befinden.

Eines Abends stand ich am Fenster und schaute auf die Straße. Ich wurde eines Pärchens gewahr, das Hand in Hand auf der gegenüberliegenden Straßenseite auf und ab schlenderte und irgendwann vor dem Hause vis-à-vis stehenblieb. Sie waren gerade so weit von der Laterne entfernt, daß ich das Gesicht der Frau nicht sehen konnte. War es Sophia? Mein Puls begann zu rasen, ich schaute genauer hin, konnte nichts erkennen. Als sich die zwei umarmten, mußte ich mich zurückhalten, um nicht das Fenster aufzureißen. Schnell trat ich vom Fenster zurück.

Wenig später stand sie in der Tür. Sie faßte mich an den Ellenbogen, stellte sich auf die Zehen und gab mir einen Kuß auf die Nasenspitze. Ihr rechtes Bein spielte wie zur Balance in der Luft, eine anmutige Geste so ungleich der Sophia, die ich kannte, daß alle meine Sinne in Alarmbereitschaft gerieten. Und da erreichte es meine Nerven, erst kaum wahrnehmbar unter Sophias eigenem Geruch: Das fremde parfum, das aus ihren Kleidern aufstieg, ein herber, fast aggressiver Geruch nach schwarzem Leder, süßem Tabak und trockenem Wein. Ich hielt sie fest. Sie küßte mich, und für einen winzigen Augenblick vermeinte ich, entführt zu werden in die Vergangenheit, in der es keine Lisa, keinen Kenneth oder überhaupt irgend jemanden sonst gab, nur Vertrauen, Gewißheit, Liebe…

Der fremde Geruch schob sich an den Bildern vorbei und sandte mit Verspätung eine Schockwelle durch meinen Leib. Mein Zwerchfell verkrampfte sich.

Und Sophia gab nicht nach, preßte sich an mich, wollte mir zeigen, daß es da nun einen anderen gab, der sie ...

Plötzlich ließ mich fahren und drehte sich leicht von mir weg. Der Blick ihrer Augen sagte mehr als Worte es vermocht hätten. Eine tiefe Befriedigung lag darin, und mehr als alles andere ein ‚Habe ich es Dir nicht gesagt?’

Mit einem leisen Lachen verschwand sie in ihrem boudoir.

Am schlimmsten zu ertragen aber war, wie sich ihre Kleidungsgewohnheiten veränderten. Alle die kurzen Röcke, die leggings, die Seidenblusen und Lederhosen, die Spitzenunterwäsche und die Seidenstrümpfe, die exquisiten Strumpfhalter und die exotischen tops – kurz, all’ die schönen Sachen, die ich ihr versucht hatte nahezubringen: Sie probierte sie eine nach der anderen aus.

Sie gab ein Vermögen aus, um ihre Garderobe – wie soll ich sagen – auf den Kopf zu stellen. Adieu, ihr Tuniken, ihr weitgeschnittenen Hosen, ihr Baumwollschlüpfer und Sport-BHs…

Von ihrer Vorliebe für handgenähte stilettos habe ich schon erzählt. Es war optisch das einzige ausgesprochen erotische Moment gewesen, das sie sich und anderen außerhalb des Konzertsaales je gegönnt hatte. (Wobei das meine Zuschreibung ist. Ob Sophia es genau so gesehen hätte? Ich ahne es nicht.)

Nun ließ sie sich auch eine ganze Serie von Stiefeln in den verschiedensten façons anmessen. Von Hausschuhen oder dem, was die Generation unserer Großeltern als „vernünftige Schuhe“ gepriesen hatte, keine Rede mehr.

Nicht übertreiben? Bitte, die Art und Weise, wie ich das empfunden habe, müssen Sie schon mir schon zugestehen.

Natürlich fahre ich auf Kleidung ab. Ich bin … ich war ein Hingucker. Und eben deshalb…

Darf ich fortfahren?

Danke. Stiefel also. Sie kleidete, sie schminkte sich jederzeit wie zum Ausgehen, auch wenn sie „nur“ zuhause war. Ich habe – vielleicht vergeblich – versucht zu beschreiben, daß es aus meiner männlich befangenen Sicht einen Unterscheid zwischen gewagter und herausfordernder Kleidung gibt. Sie erinnern sich?

Nun, Sophias Kleidung war auch nicht eigentlich herausfordernd. ‚Jeder Zoll eine Dame’, auch das kann ich hier nur wiederholen. Aber Sophia war sich ihrer Wirkung jederzeit bewußt. Sie setzte sie ein, um mich zu demütigen. Und wenn Sie glauben, es sei nicht möglich, jemanden mit exquisiter Kleidung zu demütigen, wissen Sie nicht, wovon Sie reden.

Es war ja auch nicht die Kleidung allein. Aber sie war das Signal. Sie vermittelte: „Schau mich an! So sehen mich alle! Ich habe Spaß daran, so auszusehen. Ich habe Spaß daran, mich so sehen zu lassen.“ Und vor allem: „Es gibt andere Männer, die nicht nur dasitzen und leiden. Sie mögen mich ansehen. Sie genießen meinen Anblick. Und ich genieße ihre Aufmerksamkeit.“

Ihre Absätze schienen mir zuzurufen. „Diese paar Centimeter symbolisieren den Unterschied zwischen Dir und mir. Du bist klein, ich bin groß. Ich habe meinen Platz, Du findest Deinen nicht mehr. Ich kann auftreten, Du läßt Dich herumreichen. Ich werde angesehen, Du wirst übersehen. Ich weiß, wer ich bin. Du hast Dich verloren.“

Darf ich ein paar Beispiele …?

Danke. Da war, noch in der Umstellungs-, der Ausprobierperiode, dieser hochgeschlossene lila Pullover aus grobem Strick, fast wie ein Poncho. Er reichte ihr gerade eben über den Po und hatte am Saum so eine Art Gummizug, genau wie diese angeblichen Allwetterjacken. Ein albernes Kleidungsstück für eine fast Fünfzigjährige, möchte man meinen, höchstens geeignet, die vergebliche Suche nach dem verlorenen jugendlichen Aussehen ins Peinliche zu ziehen.

Sophia nun kombinierte diesen Pullover mit mattschwarzen seidenen leggings und hochhackigen stilisierten Reitstiefeln, wie sie Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre in Mode waren, eng anliegend mit verdecktem Reißverschluß und – in dessen Verlängerung – einer kleinen Knopfleiste am oberen Rand. Und vor allen Dingen: kupferfarbene Sporen, gerne eine Idee größer als die echte Ware.

Unter dem Pullover trug sie einen schwarzen Spitzenbüstenhalter.

Der Effekt war atemberaubend. Sophias perfekt geformte Schenkel und die Stiefel waren wie eins; sie schienen ihren Oberkörper buchstäblich darzubieten, ohne dabei einen Augenblick vulgär zu wirken. Bei halb geschlossenem Gummizug lag der Saum ihres Pullovers gerade an ihrem Schenkelgrübchen an. Das Muster zeichnete ihre Figur unaufdringlich nach; der BH schien gerade so weit durch die Maschen, daß er als natürlicher Blickfang wahrgenommen wurde. Die Sporen signalisierten jedem, der versucht war, die sich ihm anbietende Schnur auch nur zu berühren, die eingeforderte Distanz. Sie sagten: „Vorsicht, Junge. Weißt Du, worauf Du Dich einläßt? Es haben sich schon ganz andere als Du in meinen Fängen verstrickt.“

Als ich sie das erste Mal in diesem Aufzug sah, ging sie ein, zwei Dekameter vor mir die menschenleere Straße hinauf. Allein das Geräusch, das ihre Stiefel auf dem trottoir verursachten, führte zu einer Panik in meinen Lenden.

Eines noch?

Das war später. Ein grauer, halblanger Wildlederrock mit so Rüschen am Saum…

Wie bitte?…

Gut also, volants. Bis zu den Knien hinab eher eng, und dann eben so schwingend, in zwei Lagen. Dazu Wildlederschlupfstiefel in genau derselben Farbe mit relativ breitem, nicht zu hohem Absatz.

Rock und Stiefel werden mir schon deshalb unvergessen bleiben, weil sie beides anhatte, als sie einmal einen Jungen auf unserer chaise longue verführte. Ich kam dazu, als sie sich gerade auf seinem Gesicht niedergelassen hatte. Von ihm war nur ein vage bekannt wirkender nackter Torso zu sehen, der in seiner jugendlichen Abgemagertheit geradezu rührend anmutete. Sein Geschlecht stand im rechten Winkel von ihm ab.

Sophia hatte einen dunkelgrün und hellblau karierten westover über eine rosé farbene René Lezard Bluse mit Hemdkragen gezogen und trug dazu einen dünnen roten Lederschlips. Sie sah aus wie ein Schulmädchen, das gerade die Freuden der oralen Befriedigung entdeckt.

Ihre Hüften wiegten sich im Takt mit dem Oberkörper des Jungen und gaben ihm den Rhythmus vor. Ein Bild eines Filmes, den ich längst vergessen zu haben glaubte, drängte sich in meine Erinnerung, damals, als ich noch… Mutual Needs, wissen Sie…

Tatsächlich? Ich ahnte ja nicht, daß man hier dieserart Filme…

Gut, gut, ich verstehe schon, wenn auch das mit „… wo der Feind steht.“ mir nicht ganz einleuchtet. Aber bitte, wenn Sie es schon genau wissen wollen und Ihre Fantasie nicht ausreicht: Rochelle Swanson, wie sie fast nackt auf der Anrichte sitzt und sich von ihrem --- Opfer befriedigen läßt. So verlockend, so unwiderstehlich, und gleichzeitig so überlegen, so selbstbezogen…

Als sie ihren Höhepunkt nahen fühlte, beugte sie sich nach vorn und preßte sich womöglich noch stärker auf das Gesicht ihres Galans. Dumpf und kehlig quoll es unter ihrem Rock hervor; es wäre zum Lachen gewesen, wäre Sophias Ausdruck nicht der der unverstellten, überlegenen Lust gewesen. Sie ergriff den vor ihr aufragenden Liebstöckel, rieb ihn ein paar Mal hin und her und riß plötzlich die Haut hinab bis an die Wurzel. Ich bekam noch mit, wie der Junge erschrocken aufheulte, hörte Sophias zufriedenes Kichern, sah, wie ein cremig weißer Strahl in die Höhe schoß und auf die Brust des Jungen klatschte…

„Mmmmh, nicht schlecht, Gerd, Du bist nicht unbegabt, aber wir werden sicher noch eine Weile üben müssen…“

Wie wenn eine einsichtsvolle Lehrerin ihrem Schüler schonend beibrachte, daß seine Technik im Verhältnis zum Anspruch der Komposition noch nicht ganz ausreichte.

Sie müßten doch eigentlich etwas von Psychologie verstehen, hier unten… oder ist hier oben?

Ach! Und ich dachte… Na, jedenfalls… Mal was von der Reaktanztheorie gehört? Es läuft, kurz gesagt, darauf hinaus, daß man, vor Alternativen gestellt, die wählt, von der man weiß, daß man sie nicht oder nur unter Schwierigkeiten bekommen kann. Womöglich sehe ich den Zusammenhang hier falsch und ziehe mir den Zorn sämtlicher Fachidioten der branche zu. Aber ich bildete mir damals ein: Mit einem hättest Du leben können. Mit diesem… Afroamerikaner, diesem Kenneth oder wie er nun hieß, hätte ich mich abfinden können, glaubte ich. Ich eine, Sophia einen.

Und auf diese ganz beiläufige Weise zerstörte sie mein Gedankengespinst aus männlichem Überlegenheitsgefühl und naiver Schuldzuschreibung. Nicht nur, daß ich die Entwicklung nicht mehr wirklich bestimmte. Ich hinkte ihr von nun an den entscheidenden Schritt hinterher.

Sophia dachte nicht daran, beizugeben. Als ich wieder ins Zimmer kam, war der Junge fort, und sie saß, als wäre nichts geschehen, in einem Sessel und las die Tageszeitung.

„Müßten wir nicht miteinander reden?“

„Worüber?“ fragte sie, ohne aufzublicken.

„Über… das hier.“

„Gerd? Über ihn will ich eigentlich nicht reden; er lohnt noch keine Auseinandersetzung.“

Mir blieb die Luft weg.

„Aber, Sophia, hast Du denn gar kein Gefühl für Anstand mehr?“

„Lieber, ich glaube nicht, daß Du in der Position bist, mir eine Lektion über Anstand zu erteilen. Du kannst natürlich fragen, warum ich mir nicht die Mühe mache, meine Liebhaber vor Dir zu verbergen, aber die Antwort darauf müßtest Du Dir eigentlich selbst geben können. Sieh, Marius, ich weiß, wen Du hier im Haus hattest, als ich in Bayreuth war, und bitte speise mich jetzt nicht mit undurchdachten Floskeln ab. Du bist leichter zu durchschauen, als Du glaubst.“

Es entstand eine lange Pause, in der sie sich scheinbar unangefochten wieder ihrer Lektüre widmete.

„Könnten wir nicht… Wärest Du bereit, darüber zu reden, wie wir aus diesem… aus dieser Geschichte wieder herauskommen?“

Sie zögerte eine Weile mit der Antwort.

„Weißt Du, das frage ich mich selbst schon eine ganze Weile. Aber Du schienst nicht dazu bereit zu sein, und da Du den ersten Schritt aus unserer Ehe heraus getan hattest, meinte ich, Du müßtest mindestens soviel Mut aufbringen, die Auseinandersetzung mit mir nicht zu scheuen. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto mehr wird mir eigentlich klar, daß ich eine Rückkehr zum status quo ante gar nicht mehr unbedingt will. Marius, Du hast die Ehe gebrochen, Du hast mich betrogen, und ich bin, ganz offen gesagt, inzwischen wieder auf den Geschmack gekommen. Ich bin durchaus bereit, weiter mit Dir zusammenzuleben, sogar ab und an mit Dir zu schlafen, wenn mir danach ist, aber ich weiß nicht, ob ich bereit bin, auf meine Seitenspringer zu verzichten. Nicht, daß das meine endgültige Entscheidung wäre; ich will damit nur signalisieren, daß es unklug wäre, mich zu drängen.“

Ich wandte mich resigniert ab.

„Und noch etwas, Marius: Was und wie ich mich entschließe, ist nicht mehr von Dir abhängig. Ich würde ein wenig… Wohlverhalten von Deiner Seite durchaus zu schätzen wissen, aber es wird mich nicht sehr beeinflussen.“

Ich nahm es mir fest vor.

Ich schaffte es nicht.

Und so kam der nächste Schlag. Ostern lag sehr spät in diesem Jahr, die Natur war vorsommerlich grün und trocken. Am Konservatorium war es etwas ruhiger über die Feiertage, weil die meisten Studenten entweder die vielfältigen Angebote des Amateurmusiklebens der Stadt zum Mitmusizieren annahmen oder sich vor der anstrengenden Examensperiode ins Privatleben zurückzogen. Ich nutzte die Zeit zu langen Spaziergängen und versuchte, Lisa aus meinen Gedanken zu verbannen.

Es ging solange gut, bis sie am Mittwoch der stillen Woche plötzlich über mir stand. Ich hatte mich auf einer abgelegenen, sonnendurchglühten Wiese an einem Bergbach niedergelassen. Die friedliche Umgebung hatte meine Sinne beruhigt, das leise Rauschen des Grases nicht verraten, daß ich nicht allein war, und irgendwann war ich eingenickt.

Ich schreckte hoch, als ich ihre Haut an meiner fühlte. Ihre Knöchel preßten sich an meine Wangen, mein Blick glitt an ihren endlos wirkenden Schenkeln nach oben, und ich sah…

Wir fielen übereinander her; anders kann ich es nicht beschreiben. Jedes Zeitgefühl kam mir abhanden. Wir wälzten uns im Gras, merkten nicht, wie wir ins Wasser fielen, wußten nicht, wie wir wieder an Land gerieten.

Lisa gebar sich völlig hemmungslos. Sie bot mir ihren Mund, ihren Popo, ihren Schoß, sie küßte mich, streichelte mich, rieb sich an mir; unsere schweißgebadeten Leiber vermählten sich miteinander, und kurz bevor sie mich endlich, endlich erlöste, schwoll mein Phallus derart, daß ich meinte, einen Muskelkrampf zu bekommen, in der Art wie ein Rüde es hat, wenn er eine Fähe besprungen hat. Mein Orgasmus schlug über mir zusammen, schwemmte alle Widerstände mit sich fort, ließ mich in einer wohligen Erschöpfung zurück…

Tags darauf spielte ich in einem Gottesdienst im Münster. Teile der Markuspassion von Johann Sebastian Bach wurden zwischen Lesungen und Predigt aufgeführt, mein Flötensolo gelang mir besser als es gewöhnlicherweise der Fall war, wenn ein relativ unerfahrener Chordirigent ein zusammengewürfeltes Orchester leitet. Aber dieser junge Mann hatte seinen Chor sehr gut vorbereitet, er hatte einen festen Griff um das Instrumentalensemble, und er hatte den Nerv, mit sparsamen, energischen Gesten von den Solisten die völlige Hingabe an ihre Aufgabe zu verlangen.

Entspannt kam ich nach Hause mit einem ‚Alles-wird-wieder-gut’-Gefühl.

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