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Der Blowjob

Geschichte Info
Eine Erzählung über Freundschaft, Liebe und Sexualität.
8.9k Wörter
4.09
55k
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Max war auf dem Weg zu seiner Ex-Freundin und hatte ein flaues Gefühl dabei.

Zum hundertsten Male fragte er sich selbst, warum er das eigentlich tat, und ob es nicht falsch sei, jetzt zu ihr zu gehen.

Immer wieder gab er sich selbst darauf die gleichen Antworten: das SMS, welches sie ihm geschickt hatte, war in einem locker-freundschaftlichem Ton gehalten, den er von ihr seit langer Zeit nicht gehört hatte. Überdies war es die erste Nachricht seit fast zwei Wochen gewesen, woraus er schließen konnte, dass sie endlich halbwegs über die Sache mit ihm hinweg war.

Es war Samstagabend und seine Freundin hatte ihn vor einer Woche sitzengelassen. Er wußte momentan selbst nicht, ob sie noch seine Freundin war oder nicht mehr... Seine wenigen Freunde in der Stadt hatten für diesen Abend alle schon etwas vor. Und welcher Student hat schon Lust auf einen Samstagabend alleine in seiner kleinen Bude - noch dazu wenn er zwanzig Jahre alt und noch im ersten Semester, seiner „Sturm-und-Drang-Zeit", ist? Eben.

Er versuchte sich Vera vorzustellen, versuchte jetzt, mit dem Abstand von knapp zwei Monaten, das Positive in ihr zu sehen, jene Dinge, die ihm damals am Anfang an ihr gefallen hatten. Er versuchte es, doch immer wieder erschien stattdessen das Bild von Lisa in ihm, und der Gedanke an Lisa erfüllte ihn geradezu körperlich -- er fühlte ein leichtes Kribbeln im Bauch und bekam, ohne es selbst zu registrieren, einen verträumten Gesichtsausdruck. Doch dann dachte er an vergangenen Samstag und seine Züge verhärteten sich. Warum konnte sie manchmal so gemein sein? Was hatte er ihr getan? Er liebte sie doch...

Er gestand es sich nicht gerne ein, aber Vera war im Grunde seine erste richtige Freundin gewesen. Sicher, es hatte schon in seiner Jugendzeit das eine odere andere Mädchen gegeben -- Mitschülerinnen, Mädels aus seinem Dorf, Ferienbekanntschaften, deren Namen er bald darauf vergessen hatte. Allesamt sehr kurze und oberflächliche Beziehungen, die ihm nicht zuletzt dazu gedient hatten, vor seinen wenigen Kumpels als „normal" dazustehen.

In eine ähnliche Kategorie fiel auch sein erstes Mal, das er mit sechzehn erlebt hatte -- betrunken auf einer Party, mit einem Mädchen, das bald darauf als Dorfschlampe verschrien war. Dieses erste Mal war bis vor ganz kurzer Zeit auch sein einziges geblieben.

Es war nicht so, dass Max sich nichts aus Mädels gemacht hatte -- aber er hatte hohe Ansprüche, und das nicht in erster Linie das Aussehen betreffend.

Er selbst war äußerst intelligent - ein echter „Denker", wie sie ihn schon in der Schule genannt hatten. Die Schwäche, unter der er selbst am meisten litt, war seine Unentschlossenheit -- die Unfähigkeit, sich für etwas zu entscheiden, ohne vorher stundenlang darüber nachzugrübeln. Er liebte lange und tiefsinnige Gespräche über Gott und die Welt, interessierte sich für Literatur und las schon in seiner Jugendzeit gerne philosophische Texte.

In dieser Hinsicht lag Vera genau auf seiner Wellenlänge. Er war gerade in die Stadt gekommen und hatte sie schon in seiner ersten Woche an der Uni kennengelernt. Da die beiden fast dieselben Kurse und Vorlesungen besuchten, sah er sie fast ständig. Sie waren bald miteinander ins Gespräch gekommen, verstanden sich auf Anhieb sehr gut, und unternahmen mit der Zeit auch außerhalb des Studiums immer mehr Dinge gemeinsam.

Vera war brünett, mittelgroß und ein kleines bißchen pummelig, aber auf eine „kompakte" Art, die sie keineswegs als dick erscheinen ließ. Auffallend war ihre überdurchschnittliche Oberweite; was Max aber am meisten an ihr faszinierte, waren ihre großen dunklen Augen und vor allem ihr funkelnder, tiefer und doch auf eine gewisse Art rätselhafter Blick. Manchmal spürte er direkt, wie sein Herz schneller klopfte, wenn sie ihm auf diese gewisse, mit Worten nicht zu erfassende Art in die Augen schaute. Er glaubte zuweilen sogar etwas wie Lüsternheit in ihrem Blick zu erkennen. Später dachte er, dass er sich da getäuscht haben mußte.

Max stieg in die Straßenbahn, während er an die Anfangszeit mit Vera dachte. Die Zeit kam ihm bereits wahnsinnig weit entfernt und regelrecht unwirklich vor, obwohl sie in Wahrheit keine vier Monate zurücklag. Vera hatte ihm gefallen. Er freute sich jeden Tag sie zu sehen und verbrachte seine Zeit gerne mit ihr. In ihr hatte er auch endlich eine Gesprächspartnerin auf seinem geistigen Niveau gefunden. Mit Vera war ein fruchtbarer Gedankenaustausch, waren zahlreiche philosophische und intellektuelle Diskussionen möglich -- sei es über Literatur, Philosophie, Kunst oder Weltpolitik.

Ihm war bald klargeworden, dass eine Liebesbeziehung zwischen ihm und Vera sehr naheliegend, ja geradezu „aufgelegt" war -- beide waren solo, im gleichen Alter, neu in der Stadt und im Studium, sie hatten ähnliche Interessen, verstanden sich gut und verbrachten ohnehin schon sehr viel Zeit miteinander.

Viele der Leute, die er nur flüchtig kannte, hielten die beiden damals sowieso schon für ein Paar.

Doch so gern er Vera als gute Freundin mochte -- verliebt hatte er sich nicht in sie. Und eigentlich war er mit der Situation, so wie sie war, durchaus zufrieden.

Eine Zeitlang dachte er, dass auch Vera wie er empfand, doch bald spürte er, dass sie mehr von ihm wollte und nur zu schüchtern war, den ersten Schritt zu machen. Max war unsicher...

Schließlich kam der Abend bei Vera zuhause, den er in seiner Erinnerung nur den „Rotwein-Abend" nannte, da die beiden, die sonst wenig Alkohol tranken, damals zu zweit zweieinhalb Rotweinflaschen geleert hatten.

Danach war es einfach passiert, nicht mit Pauken und Trompeten, sondern ganz natürlich und selbstverständlich. Sie hatte begonnen, ihn zu streicheln, er hatte sie umarmt - und irgendwann hatten sie zaghaft begonnen, sich zu küssen.

Mehr war nicht passiert, doch es war klar, dass die beiden ab diesem Abend zusammen waren -- jedenfalls für Vera. Während Max noch immer nicht so recht wußte, was er von der Sache halten sollte, schien Vera absolut glücklich zu sein. Für sie war alles klar: Die beiden waren jetzt ein frischverliebtes junges Paar, und dementsprechend verhielt sie sich auch. Max spürte ihre Gefühle für ihn, die jeden Tag stärker zu werden schienen, und eine Zeitlang glaubte er, oder redete es sich zumindest ein, dass auch er in sie verliebt sei. Er spielte das Spiel mit, schenkte ihr Blumen, unternahm mit ihr romantische Spaziergänge in der Natur, erzählte ihr persönliche Dinge aus seinem Leben, küßte sie und kuschelte mit ihr. Kuscheln und küssen wollte Vera überhaupt zu jeder Zeit; sie verlangte nach seiner Nähe so oft es möglich war. Max fragte sich des öfteren, wie lange es wohl beim Kuscheln bleiben würde. Wie immer war er unschlüssig und sich selbst einfach nicht im klaren darüber, was diese Sache eigentlich bedeutete und wie sie weitergehen sollte. Er mochte Vera nach wie vor sehr gerne, aber sosehr er sich auch anstrengte, er konnte sie einfach nicht als seine Geliebte betrachten.

Er ließ sich nichts anmerken, aber allmählich spürte er, wie Vera ihn mit ihren Gefühlen zu erdrücken begann.

Während Max aus der Straßenbahn stieg, kamen immer mehr Erinnerungen an die Zeit mit Vera hoch. Wie oft war er hier ausgestiegen!... Und erneut fragte er sich, warum er es jetzt wieder tat... Warum tat er sich das an, jetzt, nachdem alles überstanden war?

Am Vormittag war ihr SMS gekommen. „Hi Max, hast du Lust heute abend vorbeizukommen? Hab ein paar Leute eingeladen, wir machen uns einen netten Abend. lg Vera"

Er hatte gleich zurückgerufen, und somit zum ersten Mal seit langer Zeit ihre Stimme gehört. Sie klang munter und freundlich, so wie damals bei ihren allerersten Begegnungen.

„Hey Max, schön dass du zurückrufst! Würd mich freuen wenn du Zeit hast! Raphael kommt auch, und vielleicht eine Freundin von mir, wir leihen uns ein Video aus und kochen etwas. Übrigens, vielleicht könntest du mir dann auch ein paar Sachen erklären wegen der Klausur nächste Woche..."

Vera klang wieder so wie die gute Freundin, als die er sie gerne haben wollte. Er wußte, dass die Sache riskant war, doch er hatte fast automatisch zugesagt. Und da er ein pflichtbewußter Mensch war, der getroffene Verabredungen nicht gerne wieder absagte, dachte er über diese Möglichkeit gar nicht nach.

„Raphael kommt auch..." - Raphael! Max mußte schmunzeln. Andere Mädchen hatten ihre beste Freundin, Vera hatte Raphael. Ein „Frauenversteher", wie er im Buche stand. Vera kannte Raphael seit Kindertagen, er war fünf Jahre älter als sie und lange vor ihr in die Stadt gekommen. Er war Musiklehrer und nebenbei Schauspieler, oder war das umgekehrt? Max hatte ihn mehrmals getroffen. Ein Schönling, den Max von Anfang an für schwul gehalten hatte. Allerdings ein ganz netter Kerl.

Als Max´ Beziehung mit Vera dem Ende zuging, hatte sie ein paar Mal versucht, ihn mit Raphael eifersüchtig zu machen. „Wenn du morgen keine Zeit für mich hast, treff´ ich mich halt mit Raphael!"

Gott, wie wenig hatte sie begriffen! Wie froh wäre er gewesen, wenn sie sich wirklich in einen anderen Mann verliebt hätte, in einen, mit dem es dann für beide Seiten gepaßt hätte! Wieviele Gedanken, Sorgen, Grüblereien hätte sie Max damit erspart!

Er machte sich auf den zehnminütigen Weg zu Veras Wohnung und sinnierte weiter über die vergangenen Wochen nach.

Im Bett war Vera eine totale Niete. Es war noch schlimmer als erwartet, obwohl er auf einiges gefasst gewesen war. Dass sie noch Jungfrau war, hatte sie ihm bald verraten. Von ihrer strengen Erziehung und der einsamen Kindheit und Jugend auf dem Land wußte er auch. Doch sie stellte sich bald nicht nur als unerfahren, sondern als völlig verklemmt heraus.

Nach dem Rotwein-Abend dauerte es vier Wochen bis zur ersten gemeinsamen Nacht, welche bis dahin mehrmals verschoben worden war -- von Vera, die immer wieder eine Ausrede parat gehabt hatte. Max wollte sie weder drängen noch unter Druck setzen, obwohl er sich insgeheim öfters dachte ,Wenn ich schon mit einer Frau zusammen bin, ohne glücklich damit zu sein, dann will ich wenigstens in einer Hinsicht auf meine Kosten kommen...´

Doch er wartete ab.

Dann war es endlich soweit, und die Nacht wurde ein absoluter Reinfall. Max bemühte sich um romantische Stimmung, auch Vera schien diesmal bereit zu sein. Der Abend begann gut, das Essen schmeckte, der Wein auch, ihre Küsse wurden immer länger, und irgendwann lagen die beiden in Veras Bett. Dann schien jedoch keiner so recht zu wissen wie es nun weitergehen sollte.

Schließlich begann Max mit seinen Händen auf Entdeckungsreise zu gehen. Die Hände wanderten unter die Decke, er spürte Vera mit seinen Fingern, und begann sie schließlich dort zu reiben wo er es für richtig hielt.

Vera lag völlig verkrampft da, reagierte einige Zeit gar nicht und bat ihn schließlich aufzuhören: „Es ist mir einfach nicht angenehm, ich brauche noch Zeit...".

Umgekehrt lief noch weniger: Vera weigerte sich nicht nur, Max´ Penis anzufassen, ja sie scheute sogar davor zurück, ihn auch nur einmal anzusehen. „Ich brauche einfach noch Zeit..." - `Verdammt nochmal, Zeit wofür!?´, dachte Max.

Es endete schließlich damit, dass er sich selbst einen runterholte und in ein Taschentuch wichste, während sie die Hände um seinen Hals geschlungen hatte und ihn mit ihren Küssen bedeckte -- Küssen, die ihn mehr und mehr einschläferten -- und den Blick nach unten vermied wie der Teufel das Weihwasser. Aber sie wollte kuscheln...

Diese verunglückte Nacht war der Anfang vom Ende. Es lag nicht nur am sexuellen Mißerfolg, vielmehr hatte dieser das Faß erst endgültig zum Überlaufen gebracht. Allerdings war Max der Einzige, der so empfand. Während er allmählich die komplette Beziehung zu Vera als einen Irrweg zu begreifen begann und sich dementsprechend zu distanzieren versuchte, klammerte Vera sich immer mehr an ihn, rief ihn pausenlos an und klingelte fast täglich unangemeldet an seiner Wohnungstür. Die Waagschalen ihrer Gefühle füreinander, die ja von Anfang an nicht ausbalanciert gewesen waren, gerieten nun in ein immer bedrohlicheres Ungleichgewicht.

Max bereute nichts so sehr wie den Rotwein-Abend. Hätte er damals diesen Fehler nicht gemacht, dann hätte er jetzt und womöglich noch für viele Jahre eine gute Freundin und Gesprächspartnerin, mit der ihn viel verband, mit der er seinen Studienalltag teilte und auch sonst vieles unternehmen konnte. So aber hatte er etwas, das ihm regelrecht wie ein Geschwür vorkam, welches ihn immer mehr zu überwuchern drohte, wenn er es nicht sobald wie möglich entfernte. Und er wußte, dass das nur unter Schmerzen gehen würde.

Nun zeigte sich eine weitere Eigenschaft von ihm in deutlicher Ausprägung: seine Konflikt-Unfähigkeit. Da er sie mochte und genau spürte, wieviel er ihr bedeutete und wieviel sie für ihn empfand, schaffte er es einfach nicht, mit klaren und deutlichen Worten Schluß zu machen. Er machte Andeutungen, redete um den heißen Brei herum, versuchte ihr das Ende klarzumachen indem er sich demonstrativ abwendete und immer öfter „keine Zeit" hatte . Doch es war wie der Versuch eine Klette abzustreifen. Vera verschloß die Augen vor der Realität und hielt krampfhaft die glückliche Pärchen-Idylle aufrecht, die es in Wahrheit nie gegeben hatte.

Irgendwann haßte er sie; er haßte ihre Worte, ihr Lachen und sogar ihren Blick, der ihn am Anfang überhaupt erst auf sie aufmerksam gemacht hatte. Er ekelte sich vor ihrem Körper, vor ihren feuchten, einschläfernden Küssen und vor ihrer ganzen weinerlichen, klebrigen Art.

Schließlich gipfelte doch alles in der großen melodramatsichen Szene, die er unbedingt hatte vermeiden wollen. Am Ende mußte er regelrecht vor ihr flüchten und ließ ein heulendes, verzweifeltes Häufchen Elend zurück, das ihm, jede Selbstachtung aufgebend, nachschluchzte: „Bitte bitte nicht! Bleib bei mir Max, wir gehören zusammen! Ich mache alles für dich, bin jetzt auch für alles bereit, aber bitte bitte bleib...!"

Brrrr... Max schauderte, wenn er an diesen Moment zurückdachte. Mittlerweile hatte er Veras Haus erreicht und begann die Treppen in den dritten Stock emporzusteigen. Dass er damals überhaupt den Mut gefunden hatte, mit Vera endlich Schluß zu machen, hatte er in erster Linie Lisa zu verdanken. Lisa... Ach, wie er sie liebte!

Er hatte sie schon einige Tage vor dem endgültigen Ende mit Vera auf einer Party kennengelernt, und es hatte sofort gefunkt. Noch am selben Abend hatten die beiden wild herumgeknutscht, und Max hatte erstmals gemerkt, was echte Leidenschaft war.

Lisa war in allem das Gegenteil von Vera: offen, unkompliziert, erfüllt von einer ansteckenden Lebhaftigkeit, und einfach in jeder Hinsicht wahnsinnig süß... Lisa nach Vera war wie das Erblühen des Frühling nach der erdrückenden Schneelast des Winters - um ein etwas poetisches Bild zu nennen, das Max selbst oft in den Sinn kam, wenn er an die beiden dachte.

Natürlich, Lisa war kein tiefsinniger oder gar grüblerischer Mensch, aber genau das war es, was Max jetzt brauchte. Sie war einige Jahre jünger als er, und ihre Jugendlichkeit schien sich auf ihn zu übertragen. Er fühlte sich wie ein frisch verliebter Teenager, und im Grunde war er ja auch zum ersten Mal wirklich verliebt. Gemeinsam mit Lisa war er zu jedem Unsinn bereit, und er empfand zum ersten Mal das sprichwörtliche Gefühl, die ganze Welt umarmen zu können. Die ganze Welt außer Vera, versteht sich.

Er hatte Lisa bis ins Detail alles von seiner Geschichte mit Vera erzählt, und mit ihrer seelischen Unterstützung schaffte er es endlich, von Vera loszukommen.

Zwei Tage nach dem Trennungs-Drama begannen dann Veras Anrufe, die Max zunächst nicht entgegennahm. Dann kam er aber auf die Idee, Lisa abheben zu lassen, und diese klärte Vera in sachlichen Worten über die neue Situation auf. Eine größere Demütigung kann es für eine Frau doch nicht geben, dachte Max, und wirklich, die Anrufe hörten auf. Doch stattdessen schrieb Vera ihm jetzt SMS mit sehnsüchtig-verzweifeltem Inhalt, täglich bis zu zehn Stück. Max löschte alle ohne sie zu lesen, aber er erzählte Lisa davon.

Seit jener Zeit sah er Vera auch nicht mehr auf der Uni, woraus er schloß, dass sie sich in ihrem Kummer nicht einmal mehr aus dem Haus wagte.

Sie tat ihm leid, die ganze Sache tat ihm furchtbar leid, aber war es denn seine Schuld?

Und er hatte Lisa und war glücklich. Es war eine völlig andere Art von Beziehung, die er mit ihr führte. Durch sie lernte Max auch sich selbst von einer anderen Seite kennen und entdeckte Dinge, die ihn bislang weniger interessiert hatten: Die beiden gingen viel aus - Lisa zeigte ihm das rege Nachtleben der Stadt - sie gingen gemeinsam schwimmen, radfahren, und sogar ab und zu ins Fitness-Studio. Was das Sexuelle betraf, so hatte auch Lisa nicht viele Erfahrungen, aber im Gegensatz zu Vera brannte sie darauf, welche zu sammeln. Bald schliefen sie zum ersten Mal miteinander, und es war wunderschön. Beide betrachteten es als ihr „richtiges" erstes Mal.

Während der SMS-Strom von Vera an Max nach einer gewissen Zeit allmählich versiegte, mußte dieser erkennen, dass auch mit Lisa nicht immer alles eitel Wonne war.

Sie hatte ihre Launen, und diese konnten mitunter ziemlich heftig ausfallen. Manchmal reichte ein kleiner Auslöser und sie bekam einen regelrechten Anfall, wobei sie sehr verletzend werden konnte.

Einmal hatte sie sogar schon mehr oder weniger Schluß mit ihm gemacht und sich dann eine Woche später doch wieder tränenreich entschuldigt. Max liebte sie, und deshalb verzieh er ihr.

Doch nun war es schon zum zweiten Mal passiert -- er wußte gar nicht mehr, was genau den Streit von vergangenem Samstag ausgelöst hatte. Er wußte nur noch, wie sie grußlos abmarschiert war, wie er den Abend heulend in seiner Wohnung verbracht hatte (und plötzlich Vera viel besser verstand als zuvor), und wie Lisa am nächsten Tag am Telefon etwas von „ein bißchen Abstand" und „Zeit zum Nachdenken" gesagt hatte.

„Bitte laß mich meine Gedanken ordnen. Ruf mich nicht an, ich werde dich bald anrufen. Ich verspreche es dir."

Ach, die Frauen... Max verstand gar nichts mehr, aber er wußte, dass er sehr verletzt war. Verletzt, aber nicht böse. Er konnte einfach nicht böse sein, da er Lisa so sehr liebte...

Und deshalb hätte er auch niemals zugegeben, dass sein heutiger Besuch bei Vera auch eine kleine Rache an Lisa war.

Max klingelte, und als er hörte, wie die Wohnungstür von innen aufgesperrt wurde, spürte er wie sein Herz schneller klopfte. Er kam sich plötzlich total lächerlich vor.

Dann stand Vera vor ihm, und er bereute sofort, dass er gekommen war. Nein, er konnte in ihr einfach nicht mehr diejenige sehen, die ihn am Anfang des Studienjahres so fasziniert hatte. Er sah nur noch die Klette.

„Max! ...Lange nicht gesehen, hm? Naja, ich war in letzter Zeit nicht oft auf der Uni. Komm nur rein. Juliane hat leider abgesagt, und Raphael kommt vielleicht später noch nach, aber er weiß nicht ob er´s schafft..."

Er haßte sie. Es war alles klar. Sie hatte niemanden außer ihn für heute abend eingeladen, sie wollte nur ihn sehen, sie wollte ihn noch immer um jeden Preis zurückhaben und würde heute um ihn kämpfen. Warum war er nur so ein Vollidiot und hatte ihre Einladung angenommen? Was machte er eigentlich hier? Der Gedanke an Lisa erfüllte ihn in sehnsüchtiger, geradezu schmerzhafter Weise. ‚Lisa, bitte rette mich...'

Doch es war nur Vera da; Vera, die ihn noch genauso anekelte wie kurz vor dem Ende ihrer Beziehung, während er ihr in ihr Zimmer folgte und mit ihr einen mehr als verkrampften Small-Talk betrieb.

Am liebsten hätte er auf der Stelle umgedreht und wäre nachhause gegangen, aber dafür reichte sein Mut nicht aus. Er beschloß den Abend so gut wie irgendwie möglich hinter sich zu bringen, bei der erstbesten Gelegenheit abzuhauen und Vera, wenn möglich, noch einmal klar zu sagen, dass sie sich definitiv keine Hoffnungen mehr auf ihn zu machen brauchte.