Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Eiskalter Sommer

Geschichte Info
Über die ungeahnten Folgen eines bösen Geschwisterstreits.
34.8k Wörter
4.74
323.4k
118
Teile diese Geschichte

Schriftgröße

Standardschriftgröße

Schriftabstand

Standard-Schriftabstand

Schriftart Gesicht

Standardschriftfläche

Thema lesen

Standardthema (Weiß)
Du brauchst Login oder Anmelden um Ihre Anpassung in Ihrem Literotica-Profil zu speichern.
ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Hallo zusammen,

als ich neulich mal wieder meine Festplatte aufgeräumt habe, bin ich durch Zufall auf die nachfolgende Story gestoßen, von der ich eigentlich lange Zeit glaubte, sie wäre einem Virus zum Opfer gefallen.

Sie wurde sogar noch vor der "Familienhure" geschrieben und ist damit quasi mein Erstlingswerk.

Auch wenn es mal wieder keine einfache "rein-raus-Geschichte" ist und es etwas dauert, bis sie Fahrt aufnimmt, hoffe ich doch, dass ihr trotzdem ein wenig unterhalten werdet und die Wartezeit bis zur nächsten Fortsetzung von Daniela & Co. etwas angenehmer wird ;) .

Wie immer ist Kritik -- sowohl positiv als auch negativ - ausdrücklich erwünscht, so lange sie sachlich ist und nicht beleidigend wird.

Ansonsten bleibt mir eigentlich nur noch, euch viel Spaß zu wünschen.

Bis demnächst!

Euer

SergeantHartman

Was für ein erbärmlicher Scheißtag!

Gedankenverloren schlurfte Nick den breiten, hellgrau gepflasterten Gehweg hinab, der die Hauptstraße des kleinen Örtchens, das er seit seiner Kindheit kannte und in das es ihn vor vier Monaten dauerhaft verschlagen hatte, großzügig säumte und sich noch knapp drei Kilometer in die Ferne erstreckte. Er würde ihm noch für gut 10 Minuten folgen, um dann an der vorletzten Kreuzung vor dem gelben Ortsausgangschild links abzubiegen und kurz darauf seine verhasste, kleine Wohnung zu erreichen.

Eigentlich war jeder Tag seit dem Vorfall ein erbärmlicher Scheißtag und auch die Wohnung konnte er nur aus einem einzigen Grund nicht ausstehen. Wieder einmal würde ihn die Stille buchstäblich erdrücken und wieder einmal würde ihm die Decke auf den Kopf fallen, während er sich mit der Frage herumschlug, warum es soweit kommen und sein Leben so dermaßen aus den Fugen geraten konnte.

Nick, der eigentlich Nicolas hieß und in seinem früheren Leben mit seinen 21 Jahren und dem durchtrainierten Körper ein ziemlicher Mädchenschwarm war, wirkte müde. Kraftlos hing sein Kopf zwischen den Schultern, der Blick war starr auf den Boden gerichtet und sein Körper wirkte auf Außenstehende so, als wäre jegliche Spannung aus ihm gewichen.

Gleichgültig betrachtete Nick die kleinen Mooskissen, die vereinzelt in den Fugen zwischen den Pflastersteinen wuchsen und seine in gleichmäßigem Takt abwechselnd in sein Sichtfeld tretenden Schuhspitzen. Achtlos kickte er ein kleines Steinchen nach vorne und verfolgte mit seinem Blick, wie es munter über den Gehsteig hüpfte. Hierdurch gerieten auch die wohlgeformten, sonnengebräunten Frauenbeine ins Zentrum seiner Aufmerksamkeit, die in einiger Entfernung grazil vor sich hin stöckelten und fast noch von dem hopsenden Stein getroffen wurden.

Er tastete die Beine mit seinen Blicken ab, wanderte höher und sah, wie sie am oberen Ende in einem roten Minikleid verschwanden, das einen reizenden Knackarsch überspannte, auf dem man vermutlich Nüsse knacken konnte. Die darüber aufragende Figur war sportlich, aber doch extrem fraulich und anhand des breiten BH-Verschlusses, der sich am Rücken leicht durch das Kleid drückte, wusste er, dass es auf der Vorderseite wohl einiges zu bändigen geben musste. Er blickte noch ein Stückchen höher und ein eisiger Schmerz durchzuckte seinen Körper, als er das blonde, engelsgleiche Haar sah, das in weichen Wellen vom Kopf und bis knapp über die Schultern fiel. Die gleiche Haarfarbe hatte auch SIE, zumindest so lange, bis sie sich so extrem verändert und auch ihre Mähne dunkel gefärbt hatte.

Nick hätte bei dem Gedanken heulen können. Und obwohl es ein sonniger Tag war, löste die Leere in ihm eine dermaßen extreme Kälte aus, dass sie mit Worten kaum zu beschreiben war. Nick fühlte einfach gar nichts. Seit Tagen schon nicht mehr, vielmehr sogar seit Wochen und Monaten. Ihm war eigentlich alles egal und selbst der Anblick des vor ihm schwingenden Ärschchens, der ihn früher ziemlich angemacht und seinen Jagdtrieb geweckt hätte, ging ihm heute sonst wo vorbei. Ja, es war nett anzusehen, wie die strammen Backen unter dem knappen Kleid wackelten, mehr aber auch nicht.

Wieder einmal überlegte er, warum er nicht einfach zum Handy griff und sie anrief, die Sache einfach aus der Welt schaffte. Und wieder einmal wurde ihm bewusst, dass sein Stolz und sein verdammter Dickschädel es einfach nicht zuließ. Nein, das Thema war beendet, musste einfach beendet sein. Viel zu tief hatte sie ihn damals verletzt, als dass er ihr noch eine Chance geben konnte. Es waren einfach zu viele an der Zahl. Irgendwann würde auch dieser verdammte Schmerz vorbeigehen, redete er sich ein, doch wenn er ehrlich zu sich selbst war, war es in diesem Fall das erste Mal, dass er seinen Kopf nicht dazu zwingen konnte, über sein Herz zu siegen.

Es verging kein Tag und auch keine der unangenehm kurzen Nächte, in denen er nicht in Gedanken bei ihr war. Und jeden Tag riss er die alten Wunden aufs Neue auf, geißelte sich selbst, nur um nicht Gefahr zu laufen, doch irgendwann schwach zu werden und zum Telefon zu greifen.

„Verdammte Scheiße", dachte Nick bei sich, „es passiert schon wieder". Und während er noch am Rande den wackelnden Arsch in Rot wahrnahm, übermannte ihn wieder einmal die Wucht seiner Gedanken, die sich zu einer Spirale formten und unnachgiebig auf den verhängnisvollen Abend zudrifteten, wobei sie wieder einmal das Wasser in seine Augen trieben. Er dachte an sie. Er dachte an ... seine Schwester Julia!

Brutal und unnachgiebig schälten sich vor seinem geistigen Auge Julias Konturen heraus, die mit jeder Sekunde schärfer wurden und weitere Details hervorbrachten. So lange, bis schließlich das Bild seiner einst so geliebten Schwester komplettiert wurde und eine erneute Welle des Schmerzes und der Verzweiflung durch seinen Körper pulsieren ließ.

Die heute 19-jährige Julia war eine wirklich bildschöne junge Frau, mit einem hübschen, zarten Gesicht, wie es perfekter nicht sein konnte und das aussah, als wäre es das Meisterstück eines großen Bildhauers. Weich spannte sich ihre makellose Haut über die markanten Wangenknochen, die süße Stupsnase und das sanft auslaufende Kinn, welches sich unter ihren vollen Lippen befand.

Ihre Augen waren von einem tiefen, strahlenden blau und konnten in Verbindung mit den langen Naturwimpern Blicke zaubern, die Männer schwach und Frauen eifersüchtig werden ließen. Doch mehr noch als ihre Blicke war ihr Körper dazu geeignet, Herzfrequenzen durch die Decke schnellen zu lassen. Julia hatte immer viel Sport getrieben und daher einen gut trainierten Körper. Doch war sie bei der Verteilung der weiblichen Attribute mehr als großzügig bedacht worden und konnte mit Kurven aufwarten, die so heiß waren, als wären sie direkt in der Hölle geschmiedet worden. Kurzum, Julia war ein richtiger Schuss.

Und mit eben diesem Schuss war Nick an besagtem Abend in der kleinen Disco seines Geburtsortes verabredet, nachdem der Haussegen wieder einmal längere Zeit schief gehangen hatte und Julia einige Tage nicht nach Hause kam. Die beiden Geschwister hatten sich in einem langen Telefonat ausgesprochen und endlich wieder vertragen, so dass Nick sich riesig darauf freute, sein Schwesterherz wiederzusehen und einfach in den Arm nehmen zu können.

Früher einmal waren die Zwei unzertrennlich, ein Herz und eine Seele und Nichts und Niemand hätte sich zwischen sie drängen können. Sie erzählten sich alles, unternahmen viel zusammen und jedes auch noch so riesig scheinende Problem wirkte plötzlich winzig klein, wenn sie darüber sprachen und sich gegenseitig Kraft gaben. Seit frühester Kindheit waren sie es gewohnt, zusammenzuhalten und wurden bereits früh zur Selbständigkeit erzogen. Ihre Eltern betrieben ein kleines, gut laufendes Elektrofachgeschäft, welches zwar für eine ordentliche finanzielle Situation der Familie sorgte, jedoch den Nachteil mit sich brachte, dass die Kinder, wollten sie nicht gerade vor Langeweile im Geschäft umkommen, ihre Eltern eigentlich erst nach Ladenschluss sahen.

Natürlich versuchten diese, ihren Kids jeden Wunsch von den Augen abzulesen, in jeder freien Minute für sie da zu sein und möglichst viel mit ihnen zu unternehmen. Das Verhältnis untereinander hätte besser nicht sein können, jedoch hatte es immer den faden Beigeschmack, dass ihr Familienleben ein wenig anders aussah als es bei Anderen der Fall war. Tagsüber waren die Kinder halt auf sich allein gestellt und das spiegelte sich auch in dem besonders engen Verhältnis der Beiden zueinander wieder.

Dann jedoch kam der furchtbare Abend vor fast zwei Jahren, der einfach alles aus seinen Bahnen riss und eine schwere Zeit für Nick und Julia einläuten sollte. Auch war er letzten Endes der Grundstein für ihr heute so zerrüttetes Verhältnis, wobei man eigentlich gar nicht mehr von einem Verhältnis sprechen konnte.

Als die Beiden an dem Abend wie so oft gemeinsam vor dem Fernseher saßen und Julia sich wie fast immer an ihren großen Bruder kuschelte, schellte es plötzlich an der Tür. Nick öffnete und sein Herz rutschte ihm in die Hose, als er die zwei uniformierten Beamten sah. Er hatte vom ersten Moment an ein ungutes Gefühl, doch als er den Grund für den späten Besuch erfuhr, riss es ihm buchstäblich die Beine weg und er sackte schreiend zusammen.

Seine Eltern befanden sich auf dem Rückweg von einem Kunden, als es passierte. In einer unübersichtlichen Kurve der nahegelegenen Landstraße geriet auf der Gegenfahrbahn plötzlich ein LKW ins Schlingern und erfasste den Familienkombi. Nicks Eltern hatten keine Chance und so waren er und seine Schwester innerhalb des berühmten Bruchteils von Sekunden quasi zu Vollwaisen geworden.

Es war eine düstere, traurige Zeit, die über die Geschwister hereinbrach. Nick und Julia rückten zuerst noch enger zusammen, als es ohnehin schon der Fall war und schafften es schließlich gemeinsam, sich aus dem tiefen Loch, in das beide gestürzt waren, zu befreien und ihre Trauer zu verarbeiten. Nachdem dieses zumindest halbwegs bewältigt war galt es, das eigene Leben wieder in gelenkte Bahnen zu bekommen, was hieß, dass es noch eine ganze Menge an Formalitäten zu erledigen gab.

Nick war zum damaligen Zeitpunkt bereits 19, seine Schwester jedoch erst 17 Jahre alt. Neben den ganzen Rennereien, die der Nachlassregelung der Eltern galt, brach der gesamte deutsche Bürokratieapparat über Nick herein, als er versuchte, als einziger Verwandter die Vormundschaft für seine Schwester zu erlangen. Es waren einige schlaflose Nächte, die ihm der gesamte Behördenirrsinn in seiner schönsten Form bereitete und er konnte sich wirklich glücklich schätzen, in einem solch kleinen Kaff geboren worden zu sein, wo Jeder noch Jeden kannte und man sich noch untereinander half.

Letztendlich hatten sie es den Eltern seines besten Freundes Timo und der beachtlichen Summe der Lebensversicherung seiner Eltern zu verdanken, dass es überhaupt klappte. Sie kannten sich mit dem ganzen Behördenkrempel relativ gut aus und hatten auch gute Beziehungen zu den richtigen Stellen an den Ämtern. Das solide finanzielle Polster wiederum war eine grundlegende Voraussetzung von Amts wegen für eine positive Entscheidung des Antrages. Doch auch die Tatsache, dass Julia ein wenig mehr als ein halbes Jahr später 18 werden würde, dürfte Berücksichtigung gefunden haben.

Nick wurde also Julias Vormund und die Beiden beschlossen, gemeinsam in eine kleine Bude mit knapp 60 m² zu ziehen. Einerseits war die große Wohnung, die sie mit ihren Eltern bewohnt hatten, für die beiden finanziell nicht zu stemmen, wollten sie nicht Unmengen des Geldes dafür opfern, andererseits erinnerte sie auch einfach zu viel an die schwere Zeit, die hinter ihnen lag.

Auch beschlossen sie, dass keiner von ihnen das Geschäft weiterführen wollte und es deshalb verkauft werden sollte. Wieder einmal griffen sie auf die Hilfe von Timos Eltern zurück und sein Vater kämpfte wirklich wie ein Löwe, um den am Ende überaus soliden Preis auszuhandeln. Finanziell waren die Geschwister nun erst einmal abgesichert. Zwar reichte es nicht, um sich schon zur Ruhe zu setzen, doch würden beide problemlos ihr Studium durchziehen und auch die kleine Wohnung davon bezahlen können, ohne nebenher noch arbeiten zu müssen. Gute Voraussetzungen also.

Ein paar Wochen, nachdem sie sich in ihrem kleinen Reich eingerichtet hatten, begann es plötzlich, zwischen den Geschwistern zu kriseln. Natürlich und wie immer bei solchen Geschichten trugen beide Seiten einen Teil der Schuld, doch konnte man im Nachhinein schon sagen, dass Julia sich mit den falschen Leuten einließ und sich sehr zu ihrem Nachteil veränderte. Es schien ein neues Hobby von ihr zu sein, Nick mehr und mehr das Leben zur Hölle zu machen.

Gab Nick ihr Zeiten vor, wann sie während der Woche zu Hause sein sollte, kam sie mindestens eine Stunde zu spät oder übernachtete direkt bei ihren neuen Freunden, ohne auch nur ein einziges Mal Bescheid zu geben. Und egal was Nick ihr an Aufgaben übertrug oder welche Bitten er auch hatte, er konnte sich zu 100 Prozent sicher sein, dass sie geflissentlich ignoriert wurden.

Als mehr und mehr die schulischen Leistungen der 17-jährigen, die bis dahin wie Nick auch mit guten Noten glänzte, begannen, unter ihrem neuen Freundeskreis zu leiden, machte Nick sich auf, sie an ihrem angestammten Treffpunkt zu besuchen und zur Rede zu stellen. Schnell ergab ein Wort das Andere und im Nu war ein handfester Streit ausgebrochen. Szenen dieser Art wiederholten sich in immer kürzeren Abständen und der Ton verschärfte sich. Als Nick dann schließlich von Julias Klassenlehrer zu einem Gespräch gebeten wurde, in welchem er ihn über die schlechter werdenden Zensuren seiner Schwester und die ständigen, unentschuldigten Fehlzeiten, die sie in letzter Zeit angehäuft hatte, unterrichtete, platzte Nick der Kragen. Da er Julia über das Handy nicht erreichte, fuhr er so lange ihre Freunde ab, bis er sie bei einem verschlagen wirkenden Typen gefunden hatte.

Er zerrte Julia aus der Wohnung und nahm sie mit nach Hause, gab ihr Hausarrest und machte ihr eine Ansage, wie Julia sie noch nie in ihrem Leben gehört hatte. Täglich ging er von da an zusammen mit ihr den Schulstoff durch, wodurch sich die Noten zumindest erst einmal stabilisieren ließen. Es schien fast so, als gewöhne sich Julia ganz allmählich wieder an ein Leben mit Regeln und vereinzelt war es zwischen ihnen wieder so wie früher. Dies ging genau so lange gut, bis Julia 18 wurde.

Am Tage ihres Geburtstages hatte Nick eine kleine Party für sie organisiert, doch Julia ließ sich erst gar nicht zu Hause blicken. Nick machte sich Sorgen und begab sich auf die Suche nach seiner Schwester. Als er sie endlich in einer kleinen Kneipe getroffen hatte, stellte er schmerzlich fest, dass sie es einfach nur vorgezogen hatte, ihre Volljährigkeit lieber mit viel Alkohol und ihren alten "Freunden" zu feiern. Als sie ihn schließlich in ihrem angetrunkenen Zustand erblickte, begann sie damit, sich über ihn und seine bisherigen Mühen lustig zu machen. Sie verhöhnte ihn und machte ihm unmissverständlich klar, dass er ihr ab jetzt überhaupt nichts mehr zu sagen hatte und sie nun damit begann, ihr Leben zu leben, wie sie es für richtig hielt.

Schwer getroffen und mit Wasser in den Augen machte sich Nick auf den Heimweg, begann zu grübeln und telefonierte lange Zeit mit Timo, dem Menschen, der ihn nach seiner Schwester am besten kannte und der von Kindesbeinen an sein bester Freund war. Anschließend ließ er sich vollaufen.

Eine ganze Woche hörte er nicht einen Mucks von Julia und auch Timo, der sie kannte, seit sie in die Windeln schiss und seit jeher ein gutes Verhältnis zu ihr hatte, blitzte bei ihr ab. Eines Abends stand Julia dann plötzlich wieder in der eigenen Wohnung, hatte eine leichte Fahne und begann, Nick Vorhaltungen zu machen. Wieder gab es einen handfesten Krach und nach diesem Abend war Julia nur noch sporadisch in der kleinen Wohnung anzutreffen. Sie färbte sich ihre goldblonden Haare dunkel und von Besuch zu Besuch wirkte sie ungepflegter. Nick litt unter der gesamten Situation und war hocherfreut, als Julia nach einigen Wochen anrief und um ein klärendes Gespräch bat, genau dem Gespräch vor dem verhängnisvollen Discoabend.

Sie schien die alten Zeiten zu vermissen und wollte sich mit Nick aussöhnen. Außerdem bat sie ihn um Hilfe, da ansonsten ihr Abitur wohl auf der Strecke bleiben würde. Nick schluckte seinen Ärger über die schulischen Leistungen herunter, zumal er Julia sowieso nichts mehr vorschreiben konnte und einfach nur froh war, ihre Stimme zu hören. Erfreut nahm er zur Kenntnis, dass Julia aus ihrem "Freundeskreis" ausbrechen und ihren festen Freund, der ebenfalls dieser Riege entstammte, abschießen wollte. Gutgelaunt verabschiedete er sich und freute sich auf das Treffen in der Disco.

Nick war bereits kurz vor der vereinbarten Zeit vor dem Laden, trat ein und bestellte sich eine Cola. Würde der Abend sich als Erfolg herausstellen, konnte er sein Motorrad immer noch stehen lassen und mit Julia Party machen. So aber ging er erst einmal auf Nummer sicher und verzichtete auf Alkohol. Nick nahm sein Glas und bewegte sich durch die schon recht ordentlich gefüllte Räumlichkeit. Kurze Zeit später erblickte er seine Schwester, doch befand sich diese gerade in einer Situation, die ihm so gar nicht gefiel. Sie stritt lauthals mit dem Typen, der wohl ihr Freund war und hatte sich bereits so richtig in Rage gebrüllt.

"Na, toll", dachte Nick, "der Abend fängt ja schon super an".

Plötzlich ließ Julia ihren Blick kreisen, erkannte Nick und ein freudiges Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. Sie freute sich, ihn zu sehen und seine Laune besserte sich augenblicklich, doch im nächsten Moment kam es zu der Situation, die letzten Endes den Bruch mit seiner Schwester einläuten sollte.

Julia fauchte dem Typen noch irgendetwas zu und ließ ihn einfach stehen, bevor sie sich in Nicks Richtung wand und einen Schritt auf ihren Bruder zumachte. Diese Aktion ließ aber scheinbar eine Sicherung bei dem Idioten herausspringen, denn er zog sie so heftig am Arm, dass Julia zurücktaumelte und sich dabei halb um die eigene Achse drehte. Noch in der Drehung gab er ihr eine schallende Ohrfeige, die Julias Kopf herumriss und sie direkt auf die Sitzgruppe zu beförderte, auf der ihre verkommenen Freunde saßen.

Dieses Arschloch hatte soeben einen Fehler begangen, einen riesengroßen Fehler. Nick riss die Augen auf, ließ sein Glas fallen und spürte, wie das Adrenalin plötzlich mit Hochdruck durch seinen Körper gepumpt wurde. Im gleichen Moment noch setzte er sich in Bewegung und brach durch die Menge.

Seit Nick ein kleiner Junge war, war seine einzige und große Leidenschaft der Kampfsport gewesen. Begonnen hatte er wie die meisten Kinder mit Judo, war aber einige Jahre später zum Muay Thai gewechselt, eine Kampfkunst, die er mittlerweile ausgezeichnet beherrschte und deren Härte schon immer eine unheimliche Faszination auf ihn ausübte.

Es dauerte 10, vielleicht 15 Sekunden, bis das "Ich-bin-ein-Frauenschläger"-Arschloch auf dem Boden lag und sich in seinem eigenen Blut suhlte. Nick hatte ihn mehrmals voll erwischt, er blutete aus der gebrochenen Nase, der geplatzten Lippe und dem Cut am Auge. Es sah wirklich übel aus, doch eigentlich konnte er sogar noch froh sein, dass wohl sein Glückstag war. Schnell hatten sich einige Kerle zwischen ihm und Nick aufgebaut, die Nick daran hinderten, weiterhin seinen Spaß zu haben.

Im Nachhinein war er sich nicht sicher, was passiert wäre, wenn er freie Bahn gehabt hätte, auf jeden Fall wäre es für den Typen richtig böse geworden.

Als Nick sich beruhigt hatte, wollte er nach seiner Schwester sehen und fragen, ob alles OK sei, doch erstickte er seine Bewegungen direkt im Keim, als er Julia neben dem blutenden Pisser hocken sah, die seinen Kopf hielt und Nick hasserfüllt ansah. Kein Funken war mehr von dem eben noch so freudig wirkenden Gesicht übrig geblieben, stattdessen begann sie nun damit, Nick anzugehen. Sie erhob sich und kam auf ihren Bruder zu, schrie ihn an, trommelte auf seine starke Brust und verpasste ihm zwei Ohrfeigen. Nick wusste nicht, wie ihm geschah, doch Julia lief zur Hochform auf.