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Kitja 03: Neue Erfindungen

Geschichte Info
Junge Gomin findet heraus, wie sie eine große Luecke fuellt.
3.8k Wörter
4.33
16.1k
00

Teil 3 der 3 teiligen Serie

Aktualisiert 06/07/2023
Erstellt 08/10/2014
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Kitja erinnerte sich nur noch vage an den vergangenen Markttag. Durch das schmale Fenster ihres Schlafzimmers schien hell die Sonne. Es musste längst nach Mittag sein, aber sie konnte sich nicht aufraffen, sich aus dem Bett zu quälen. Schlimmer als die pochenden Kopfschmerzen und das Gefühl, sich sofort übergeben zu müssen, wenn sie versuchen sollte, sich in die Senkrechte zu begeben, war allerdings, dass ihr ein halber Tag zu fehlen schien.

Was war gestern geschehen? Sie wusste noch, dass sie mit Elena zum Markt gegangen war. Nein, nicht zum Markt, zum Gasthaus im Wald. Aber was war dort dann geschehen?

Schlagartig kam die Erinnerung wieder. Da war Gero gewesen. Und sie hatte diesen süffigen Apfelmost getrunken. Dann war sie hinter die Büsche gegangen. Und dann...

Sie stöhnte auf, als ihr bewusst wurde, was Gero und sie getan hatten. Unwillkürlich presste sie die Hände auf ihren Bauch. Ihr wurde noch schlechter zumute, als sie sich bereits fühlte. Wenn ihre Eltern etwas davon erfuhren, könnte sie ihnen nie mehr unter die Augen treten.

Verzweifelt versuchte sie, sich ins Gedächtnis zu rufen, wie sie nach Hause gekommen war. Langsam begannen ihre vernebelten Erinnerungen klarer zu werden:

Stolz und voller Energie hatte sie der besorgten Elena erklärt, dass es ihr gut ginge und dass sie alleine nach Hause gehen wollte. Das frische Bad im Keller des Gasthauses hatte sie belebt. Nach einigen Einwänden hatte die ältere Freundin nachgegeben und Kitja war euphorisch losmarschiert.

Aber bald hatte die Anspannung nachgelassen und Kitja hatte sich mit jedem Schritt matter gefühlt. Als sie endlich an ihrem Elternhaus angekommen war, war sie völlig erschlagen, ihr Kopf brummte und ein tief sitzender Schmerz tobte in ihrem Unterleib. Müde hatte sie sich in ihr Bett geschleppt und war sofort weggetreten. Erst als ihre Mutter besorgt eine Hand auf ihre Stirn gelegt hatte, war sie wieder erwacht.

„Du bist ja völlig verschwitzt, Kind. Offenbar bist du wirklich krank. Warte, ich bringe dir etwas Kaltes zu trinken."

Mehr als ein dankbares Lächeln brachte Kitja nicht zustande. Sie fühlte sich schwach, komplett zerschlagen und in ihrem Mund klebte ein Geschmack, als habe sie faule Äpfel gegessen. Ausnahmsweise störte sich nicht einmal daran, dass ihre Mutter sie „Kind" genannt hatte, obwohl diese Bezeichnung ein Quell ständigen Streits zwischen ihnen war, seit Kitja vor fast einem Jahr volljährig geworden war.

Mitten in der Nacht war sie das nächste Mal aufgewacht. Da ging es ihr ein wenig besser. Sie war sich sicher, dass sie geträumt hatte; aber konnte sich nicht mehr daran erinnern, was genau sie geträumt hatte. Nur eine tiefsitzende Unruhe war zurückgeblieben.

Nur bruchstückhaft schlichen sich Erinnerungen an den zurückliegenden Tag in ihr Bewusstsein. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Und plötzlich schoss sie wie von der Tarantel gestochen aus dem Bett, kniete sich daneben auf den Fußboden und zog Elenas Ersatzkleid, dass sie darunter versteckt hatte, hervor. Erst als ihre Hände den darin eingewickelten schweren Beutel mit den harten Münzen ertasteten, beruhigte sie sich. Also war zumindest dies kein Teil ihres Traums gewesen. Sie schob den Geldbeutel unter ihre Matratze und krabbelte wieder ins Bett, wo sie sofort einschlief.

Nun, nachdem sie endgültig aufgewacht war und sich ihre Erinnerungslücken schlossen, fing sie an, einige Zusammenhänge zu begreifen. Und sie verstand, womit Elena den Lebensunterhalt verdiente, obwohl sie die Schnitzereien ihres Mannes nicht verkaufen konnte. Ob sie, Kitja dies auch tun könnte?

Sicherlich widersprach es jeder Erziehung und jedem Anstand, den sie gelernt hatte. Aber es war wirklich schön und angenehm gewesen. Nun, fast die ganze Zeit über angenehm. Der Gedanke, dass all diese Männer dabei zugesehen hatten, war ihr mehr als peinlich und am liebsten würde sie diesen Teil einfach vergessen.

Andererseits wusste sie noch immer nicht, woher sie den Mut genommen hatte, sich auf Gero einzulassen, beziehungsweise warum sie ihre Selbstbeherrschung verloren und nicht „nein" gesagt hatte. Möglicherweise hatte es etwas mit dem Apfelmost zu tun. Ob es auch soweit gekommen wäre, wenn sie weniger getrunken hätte? Irgendwie hatte sie den Eindruck, dass es ebenso an dem schäumenden Getränk, wie auch an der einnehmenden, lustigen, vertrauenserweckenden Art gelegen hatte, mit der Gero sich um sie gekümmert hatte.

Vermutlich war dies eine ähnliche Beziehung, wie sie zwischen Elena und Sven bestand. Dies brachte Kitja dazu, die Stirn zu runzeln. Hatte Elena nicht gesagt, dass sie das Gleiche auch mit anderen Männern tun musste, um ausreichend Geld zu verdienen? Diese Vorstellung schien Kitja gar nicht mehr verlockend. Plötzlich fröstelte sie.

Hastig zog sie den Beutel unter ihrer Matratze hervor, schleppte sich zu ihrer großen Truhe und versteckte ihn tief unter ihrer Wäsche. Danach krabbelte sie zurück unter die warme Bettdecke. Noch einmal dämmerte sie weg.

Als sie das nächste Mal zu sich kam, war es stockdunkle Nacht. Auf dem Kästchen neben ihrem Bett stand ein kleiner Drahtkäfig, in dem ein paar Glühwürmchen herumschwirrten. So etwas stellte man kleinen Kindern ins Zimmer, wenn sie Angst vor der Dunkelheit hatten. Vermutlich hatte ihre Mutter das Nachtlicht aus der Abstellkammer geholt. Anstatt sich darüber zu ärgern, wallte ein warmes Gefühl der Dankbarkeit in Kitja auf.

In dem schwachen Dämmerlicht erkannte sie einen Becher und einen Krug sowie einen Teller mit Haferkeksen. Ihr wurde bewusst, dass sie fast verdurstet war. Nachdem sie ausgiebig getrunken hatte, kam auch ein wenig Appetit und sie knabberte an den Keksen.

Als sie satt war, legte sie den Kopf wieder aufs Kissen. Der Schlaf wollte aber nicht mehr zurückkommen. Grübelnd drehte sie sich hin und her, bis das erste Tageslicht durch die Ritzen der geschlossenen Fensterläden schimmerte und ein Hahn krähte.

Als ihre Eltern in die Küche kamen, hatte Kitja bereits das Feuer geschürt und das Frühstück vorbereitet. Ihre Mutter sah sie überrascht und auch ein wenig erfreut an.

„Guten Morgen. Geht es dir wieder besser?"

„Ja, danke."

Sie schaffte es, in diese zwei kurzen Worte die Bedeutung zu legen: erstens, es geht mir gut, und zweitens, was immer gestern mit mir los war, ich habe kein Interesse, darüber zu reden. Und ihre Mutter verstand sie, setzte sich ohne weitere Fragen an den Tisch neben Kitjas Vater, der wie immer wortlos, nur mit der Andeutung eines Lächelns Platz am Esstisch genommen hatte.

Nach dem Frühstück half Kitja ihrer Mutter beim Aufräumen und Abwasch. Sie führten dabei das nichtssagende Gespräch eines gewöhnlichen Morgens, obwohl zwischen ihnen eine dunkle Wolke unausgesprochener Fragen schwebte.

Als endlich alles erledigt war und ihre Eltern zu einem Spaziergang aufbrachen, atmete Kitja erleichtert auf. Sie flitzte in ihr Zimmer, knüllte Elenas Kleid zu einem Bündel zusammen und nachdem sie sich vergewissert hatte, dass niemand sie beobachtete, lief sie durch den Garten zum Nachbarhaus.

Elena ließ sie mit unlesbarer Miene ein und führte sie ohne ein Wort zu sagen in eine kleine Stube, in der sie normalerweise ihre Näharbeiten verrichtete. Dort stopfte sie das Kleid in einen Waschkorb und wies Kitja an, sich zu setzen. Nachdem sie ihr gegenüber Platz genommen hatte, nahm sie Kitjas beide Hände in ihre eigenen und sah ihr ernst in die Augen.

„Kitja, war es das erste Mal?"

Die Jüngere nickte aufgeregt.

„Und weißt du überhaupt, was du getan hast?"

Kitja widerstand dem Impuls, wieder zu nicken, um möglichst erwachsen und klug zu erscheinen. Die Ältere wartete, bis sie sicher war, keine Antwort zu bekommen, was auch eine Antwort war.

„Das habe ich mir gedacht. Wann hattest du deine letzte Monatsblutung?"

Kitja verstand nicht ganz, wozu Elena das wissen wollte, aber sie antwortete trotzdem. Die andere rechnete kurz im Kopf.

„Gut. Dann ist vermutlich nichts passiert. Aber du musst einiges wissen, damit auch weiterhin nichts passiert. Hör zu!"

Und Kitja hörte zu und machte große Augen. Abwechselnd wurde ihr dabei heiß und kalt. Aber allmählich verstand sie immer mehr und manche Bemerkungen, die sie in den Gesprächen zwischen Erwachsenen aufgeschnappt hatte, bekamen auf einmal eine andere Bedeutung.

Auf dem Rückweg zu ihrem Elternhaus war Kitja außergewöhnlich aufgewühlt und nachdenklich. Elenas Erklärungen hatten ihr geholfen, viele Dinge zu verstehen, aber auch zahlreiche neue Fragen aufgeworfen. Besonders eine Frage ließ die junge Frau nicht mehr los. Taten ihre Eltern auch so etwas? Das war eigentlich unvorstellbar für sie. Aber wenn die Ausführungen den Tatsachen entsprachen, woran Kitja nicht zweifelte, dann mussten es ihre Mutter und ihr Vater mindestens einmal getan haben, sonst gäbe es ihre Tochter Kitja nicht.

Nein. Kitja schob diese Gedanken entschieden von sich. Darüber wollte sie bestimmt keine Einzelheiten erfahren. Um sich abzulenken, begann sie damit, löchrige Socken zu stopfen, was ihre Mutter überrascht aber erfreut registrierte, als sie von ihrem Spaziergang zurückkam.

Auch die nächsten Tage bemühte sich Kitja, möglichst normal und eine gute Tochter zu sein, was nach den vorangegangenen Streitereien selbstverständlich den Argwohn ihrer Mutter erweckte. Aber sie ließ es bis auf die eine oder andere hochgezogene Braue oder einen fragenden Blick unkommentiert. Vermutlich war sie ebenso froh, dass nicht mehr jedes Gespräch über irgendeine unwichtige Kleinigkeit in Geschrei und Türenschlagen endete.

Kitjas Nächte waren ihr Ausgleich für die Tage voller Zurückhaltung und gutem Benehmen. Sie versuchte, das, was ihre suchenden Hände an ihrem Körper ertasteten, mit dem in Einklang zu bringen, was Elena ihr erzählt hatte. Dabei lernte sie sich selbst immer besser kennen. Erfuhr, welche Berührungen am schönsten waren. Und sie schaffte es, das allerhöchste Glücksgefühl entweder hinaus zu zögern, bis sie meinte, es nicht eine Sekunde länger aushalten zu können, oder es in einem einzigen wahnsinnigen Ritt auf der Klaviatur ihres Körpers in Windeseile zu erreichen.

Häufig malte sie sich aus, wie es wäre, wieder mit Gero zusammen zu sein. Doch so lebhaft ihre Erinnerungen daran auch waren, es wollte es ihr nicht gelingen, die Empfindungen dieses Tages wirklich noch einmal nachzuerleben. Diese wundervolle Erfüllung, das Gefühl mit jemandem eins zu sein, das konnte sie sich selbst nicht schenken. Zudem hatte Gero in ihrem Innern Stellen berührt, die sie nicht wieder finden konnte. Sie wusste nicht genau, was sie vermisste, aber es gab keinen Zweifel, dass etwas fehlte.

Selbst tagsüber begann sie, in ruhigen Minuten darüber nachzugrübeln. So auch an diesem Vormittag, als sie vom Garten ins Haus zurückging. Wie ihr aufgetragen wurde, hatte sie die Wäsche gewaschen und zum Trocknen aufgehängt, während ihre Mutter sich mit den anderen Frauen des Dorfes traf.

Mit dem leeren Korb in einer Hand trottete sie zurück zur Hintertür. Dummerweise hatte sie feststellen müssen, dass ihr ein Teil ihrer Unbefangenheit abhandengekommen war. Denn während sie die Unterwäsche auf die Leine hängte, konnte sie nicht umhin sich vorzustellen, dass ihre Eltern sich jeden Morgen und jeden Abend gegenseitig darin sahen, wenn sie sich im gemeinsamen Schlafzimmer an- und auszogen.

Oder taten sie es im Dunkeln? Noch immer gab es da eine Blockade in Kitja, über ihre Eltern in den Kategorien Mann und Frau nachzudenken. Dafür war sie sicher: wenn sie erst selbst verheiratet war, dann wollte sie genau zusehen, wie ihr Mann sich entkleidete. Und auch ihren eigenen Körper würde sie nie vor ihm verstecken. Dafür waren Geros Blicke, als sie vor ihm auf dem Waldboden lag, viel zu schmeichelhaft und aufregend gewesen. Und auch ihn in seiner ganzen Männlichkeit zu sehen, war eine der schönsten Erinnerungen, die Kitja aus diesem Erlebnis mitgenommen hatte.

In der Küche fand sie eine Notiz und las: Bringe deinem Vater einen Krug Wasser. Er vergisst immer, genügend zu trinken.

Kitja füllte einen Krug mit frischem Wasser und stellte ihn neben einen Becher auf ein kleines Tablett. Dann ging sie damit in Richtung der Werkstatt ihres Vaters, die im hinteren Teil des Erdgeschosses lag. Schon auf dem Flur konnte sie das gleichmäßige Surren der Drehbank hören, an der ihr Vater für gewöhnlich den ganzen Tag saß.

Sie drückte die Tür mit dem Ellbogen auf und schob sich in den niedrigen Raum, dessen Luft voller Holzstaub war. Aber Kitja störte sich nicht daran. Für sie war vor allem der eigentümliche Geruch, die Mischung aus Holz, Staub, Lack und Leim, der in dieser Werkstatt hing, mit einem tief verwurzelten Gefühl von Zuhause und Geborgenheit verknüpft. Früher, als sie noch klein war und ihr Vater nach der Arbeit im Dunkeln noch an ihr Bett getreten war, um ihr einen Gutenachtkuss zu geben, hatte sie ihn allein an diesem Geruch, der auch ihn ständig umgab, erkannt, ohne die Augen öffnen zu müssen. Erst danach hatte sie beruhigt und zufrieden einschlafen können.

„Ach, du bist es."

Ihr Vater wandte ihr kurz das Gesicht zu und schenkte ihr eines seiner seltenen Lächeln. Dann widmete er sich wieder dem Werkstück, das sich mit schwindelerregender Geschwindigkeit in der Drehbank um die eigene Achse drehte.

Eine Welle beruhigender Geborgenheit überkam Kitja. Bei ihrem Vater fühlte sie sich wohl und sicher. Wir die meisten Männer war er maulfaul und hatte Schwierigkeiten damit, seine Gefühle auszudrücken. Aber Kitja hatte gelernt, die kleinen Anzeichen in seiner Mimik, seinen Gesten und seinen wenigen Worten zu lesen. Er freute sich wirklich, sie zu sehen.

Und auf einen Schlag erkannte Kitja, was ihre Mutter dazu bewogen haben konnte, gerade diesen Mann zu heiraten und -- nach allem, was Kitja wahrnehmen konnte -- zu lieben. Sein Lächeln war warm und zärtlich gewesen, seine Augen hatten aufgeblitzt und die Fältchen in den Augenwinkeln hatten sich vertieft, was ihm einen fröhlichen, jungenhaften Ausdruck verliehen hatte. Auch wenn man es ihm nicht sofort anmerkte, in solchen Augenblicken spürte man, wie humorvoll und liebevoll er unter seiner unscheinbaren Oberfläche war.

Wer wohl die Initiative ergriffen hatte, als die beiden zum ersten Mal alleine zusammen gewesen waren? Kitja war es beinahe unmöglich, sich vorzustellen, dass ihr Vater aktiv geworden war, so wie es Gero getan hatte. Aber das ließ nur noch die Möglichkeit offen, dass ihre Mutter ihm gezeigt hatte, was er tun sollte. Oh, das war aber mal eine Erkenntnis! Wie sie es wohl angestellt hatte?

Kitja stellte fest, dass sie leicht zittere, als sie etwas Wasser in den Becher einschenkte und den Krug mit einem Tuch abdeckte, damit kein Staub hinein kam. Dann trat sie neben ihren Vater und wartete, bis er ihr das Getränk aus der Hand nahm und zum Trinken ansetzte.

Während er in kleinen Schlucken trank, sah ihn Kitja von der Seite an. Jede Kleinigkeit seiner Erscheinung war ihr vertraut. Trotzdem sah sie mehr in ihm als früher. Ihr wurde bewusst, dass er ein Mann war, so wie Gero.

Sie erinnerte sich an die Leere, die sie nachts empfand, obwohl oder gerade weil sie sich mit ihren Händen selbst verwöhnte. Sie wollte unbedingt etwas in sich spüren. Sie war sich sicher, dass Gero diese Lücke füllen konnte. Aber er war weit weg und er würde sie nie in diesem Haus besuchen können. Ihr Vater aber war hier. Und sie lebten zusammen unter einem Dach, waren sich ständig nah.

Natürlich würde er nie von selbst darauf kommen. Männer waren einfach viel zu unselbständig. Aber wenn Kitja ihm zeigen könnte, was sie brauchte? Ihre Mutter war nicht zuhause und würde noch Stunden fort bleiben.

Er setzte den leeren Becher ab und gab ihn seiner Tochter zurück. Sie schrak aus ihren Gedanken auf und lief dunkel an.

„Danke, Kleines. Das war gut."

Ob er in ihrem Gesicht lesen konnte, was ihr durch den Kopf gegangen war? Er zeigte keinerlei Anzeichen dafür, wandte sich seiner Arbeit zu und brachte das Werkstück auf der Drehbank wieder in Rotation.

Überrascht sah Kitja, welche Form sie in dem unfertigen Klotz erkannte, als sich die Kanten und Ungleichmäßigkeiten des Holzes in der schnellen Drehung auflösten. Es war ein etwa eineinhalb Hände langer Stab mit einem verdickten rundlichen Ende. Sie musste trocken schlucken, als sie erkannte, was für einem männlichen Körperteil diese Form ähnelte.

Betreten wandte sie den Blick ab. Ob ihrem Vater die Ähnlichkeit bewusst war? Er arbeitete unbeeindruckt weiter.

Kitja ging zu dem Regal an der Wand und nahm eine der alten Figuren, die ihr Vater hier als Muster ausgestellt hatte, in die Hand. Das Holz war glatt und durch die langen Jahre, die es hier stand, nachgedunkelt, so dass es beinahe die Farbe ihrer Haut angenommen hatte. Obwohl es hart und unnachgiebig war, konnte Kitja irgendwie darin noch die Lebendigkeit des Baumes erahnen, aus dem es entstanden war. Zärtlich strich sie über die Oberfläche und wischte den Staub davon ab.

Wenn man die richtige Form schuf, könnte Kitja damit ersetzen, was ihr fehlte? Die Idee schien gewagt. Doch sie entschied, dass sie es unbedingt versuchen wollte.

„Du, Papa", sie bemühte sich, jede Aufregung oder Unsicherheit aus ihrer Stimme zu verbannen, „könntest du etwas für mich drechseln?"

„Ja, sicher. Was willst du denn?"

Kitja beschrieb ihm mit einigen Worten, wie sie sich das Endresultat vorstellte.

„Hm? Einen Kegel meinst du? Zum Spielen."

„Äh, ja. So etwas ähnliches."

„Brauchst du dann nicht neun oder zehn davon? Und eine Kugel?"

„Nein, nein. Ich habe da nur so eine Idee für ein neues Spiel und muss das erst mal ausprobieren. Es ist auch gar nicht so wichtig."

„Doch, mein Liebes, du bist wichtig. Und wenn du dir etwas wünschst, möchte ich dir helfen."

„Danke, Papa."

Kitja floh beinahe aus der Werkstatt. Vor Peinlichkeit schlug ihr das Herz bis zum Hals. Zum Glück hatte ihr Vater nicht darauf bestanden, dass sie das Spiel, das sie im Kopf hatte, näher beschrieb.

Als es Zeit zum Abendessen war und sie mit ihrer Mutter den Tisch gedeckt hatte, kam ihr Vater aus der Werkstatt. Er schien etwas hinter dem Rücken zu verbergen und trug eine bewusst uninteressierte Miene zur Schau, die, wie auch Kitja längst wusste, verriet, dass er etwas im Schilde führte. Männer waren ja so durchschaubar! Am Tisch angekommen, stellte er blitzschnell etwas neben Kitjas Teller.

Kitja erbleichte, weil er ihr das Geschenk vor den Augen seiner Frau präsentierte. Aber woher sollte er denn wissen, was es tatsächlich darstellen sollte? Glücklicherweise hatte auch ihre Mutter keine Ahnung, was Kitja damit anstellen wollte.

„Es ist ein Kegel. Für ein neues Spiel", stammelte sie.

„Dann lass es vom Tisch verschwinden. Wir wollen essen. Da hat Spielzeug nichts zu suchen."

Erleichtert schnappte sich Kitja den Kegel und ließ ihn hinter ihrem Rücken verschwinden. Er war etwas größer und dicker und die Verdickung am Kopf war stärker ausgeprägt, als sie es sich vorgestellt hatte. Aber damit würde sie sich später auseinandersetzen. Jedenfalls war der Stab glatt poliert, dass er glänzte, und hatte sich schmeichlerisch in ihre Hand geschmiegt.

Als die Hausarbeit erledigt war, sagte sie gute Nacht und verschwand in ihr Zimmer. Hastig entkleidete sie sich, warf sich das Nachthemd über und schlüpfte unter die weichen Decken. Dann griff sie nach dem Kegel, den sie auf dem Kästchen neben dem Bett abgestellt hatte und blies die Kerze aus.

Im Dunkeln begann sie, den Stab mit den Händen genau zu erforschen. Er war wirklich völlig glatt, nicht die geringste Unebenheit oder raue Stelle konnten ihre tastenden Finger erspüren. Und er war hart, ganz und gar unnachgiebig. Kitja war sich nicht ganz im Klaren, ob das gut oder schlecht wäre. Jedenfalls war Geros Stab in ihrer Erinnerung nicht so steif gewesen. Auch fühlte sich das Holz ein wenig kalt an, was definitiv nicht gut war. Also drückte sie den Stab mit beiden Händen gegen ihren Bauch, um ihn aufzuwärmen, während sie weiter sachte darüber streichelte.

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