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Kurzkrimi

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Ein Tarantino für lesbische Mädchen.
10.6k Wörter
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Ein Kurzkrimi in Fetzen.

..leichtes Wehen der Chintzvorhänge im Durchzug, der vom Loch in der Glasbalkontür kommt.

Es riecht nach alten Socken, Zigarren, vollem Aschenbecher, Säuferkotze und abgefeuerter Munition.

Der Arm von Mr. Ormont ragt unanatomisch unter dem Dreibeinhocker hervor. Der Rest von Herrn Ormont lag auf der Kellertreppe und vermochte Frau Matsuda nicht davon zu überzeugen dass er im Leben ein netter Charakter gewesen war. Während Frau Matsuda die 9mm wieder zwischen Rücken und Bund der Jeans klemmte und dabei mit dem Ärmel der zu kurzen Lederjacke knarzte, nieste die hässliche Katze in der Ecke.

"Schade dass du nicht reden kannst. Zisch ab Mieze, das waren keine Tierfreunde hier!"

Beim Hinausgehen wischte sie mit dem Schal die Klingel ab, auf die sie vorhin gedrückt hatte. Nachlässigkeit hätte jetzt nur Scherereien bedeutet. Ihr Kontostand hätte ein Rendezvous mit Anwälten schwer verdaulich gefunden.

Ihre Absätze klapperten noch 6 Sekunden auf den Treppenstufen und dem Betongehweg. Dann war sie weg.

.. nachdem am übernächsten Tag nichts in der Zeitung gestanden hatte liess sie sich die Sache nochmal durch den Kopf gehen. Das war nicht der beste Einfall, denn das Überlegen wurde sich mit dem zweiten Scotch nicht darüber einig wer von beiden Zugriff auf einige Hirnfunktionen als erster haben sollte.

Die Sache ging unentschieden aus.

Einen Tag später machte Sie einen Spaziergang zurück zu dem Haus. Einige Anrufe und gezieltes Stochern in den Anzeigen von Hausmaklern hatte ihr Interesse neu geweckt. Die Sache war noch unausgegorener als gedacht. Ormont Immobilien war im Immobilienverband eingetragenes Mitglied.

Tatsächlich.

Es gab in der Leichenwohnung überraschenderweise einen Einzug zu beobachten. Der gemietete Umzugswagen hatte eine Beule, ein Auto mit defekter Kupplung stand in der Einfahrt und ein Abschleppwagenfahrer und ein Monteur stritten sich um das Vorrecht die Besitzer zu schröpfen.

Matsuda zündete sich eine Zigarette an und beäugte durch die Qualmwolken die vermutlich neuen Mieter.

Keine Bullen, keine Presse, kein nichts.

Der Sache konnte sie etwas abgewinnen, es wurde spannend. Aber erst später, wenn es dunkel war, war Zeit nochmal nachzusehen. In Herrn Ormont seelig eigener Wohnung. Bis dahin musste sie einen neuen Platz für die Pistole finden. Am Hosenbund war's zu kalt, unterm BH geklemmt auch, die Lederjacke knarzt zu sehr.

Aus dem Spalt zwischen Türrahmen und Fensterglas schlängelt sich blauer Rauch ins Freie. Nacht. Gegenüber ist das Haus mit seiner Wohnung.

Im Lichtkreis der Strassenlaterne taucht ein schwarzer Köter auf, der an einer Leine eine fette Gestalt zum Laternenmast zerrt.

Frau Matsuda schiebt die Mütze tiefer ins Gesicht obwohl das wegen der allgemeinen Dunkelheit kaum nötig ist.

Der Köter pinkelt ausgiebig. Eine hässliche Katze schleicht weiter hinten vorbei.

Das Haus gegenüber ist unbeleuchtet, jedes Fenster ist dunkel, die Nachbarn sind schon vor etlichen Minuten in das Dämmern des Tiefschlafes hinüber geglitten. Die alten Gaslaternen malen ungesund blasses Licht auf das Kleinpflaster.

Der Hund zerrt die fette Gestalt aus dem Licht und um die Ecke.

Frau Matsuda schliesst die Autotür ganz sanft. Die niedrige Mauer des Nachbargartens ist kein Hindernis, die Blumendrahtfalle unmittelbar dahinter schon eher. Sie reibt sich lautlos die Stelle am Knöchel. Zwischen den abgründigen Schatten eines stinkenden Spiesserflieders schimmert der schmale Kiesweg nach hinten.

Die Hintertür hat einen Riegel. Kein Schloss. Danke.

Von den im Schuppen abgestellten Fahrrädern vermisst eines sein LED Licht. Im Moment sorgt es für die Beleuchtung der Szene im Flur hinter der Hintertür. Alte Waschmaschine, ein rostiger Vogelkäfig, ein Stapel Krimskrams auf dem wackelig ein uralter Laptop Staub ansetzt. Leise setzt sie einen Fuss vor den anderen.

Wie in dem Stadtteil üblich geht die Hintertür in den muffigen Unterleib des Mehrfamilienhauses. Alte Backsteinmauern mit schwachem Schimmelbefall. Beim Tasten nach der Türklinke zur Treppe nach oben rieseln im Schein der LED Lampe weissliche Flocken von der Wand. Dieser Stadtteil ganz unten und von innen ist kein Ponyhof. Sie öffnet vorsichtig die Tür zur Treppe. Die Holzstufen sehen alt, morsch und dreckig aus. Sie nimmt jede Stufe einzeln und ganz am Rand wo das Holz noch dicker ist.

Oben links muss die Tür zu Herrn Ormonts eigener Wohnung sein. Es ist unwahrscheinlich ihn dort nach seinem Ableben anzutreffen aber er konnte ja Mitbewohner haben. Der Flurbereich vor der Wohnungstür ist aus zerbrochenem Terrazzo und spiegelt im schwachen Licht mit seiner dicken Schicht Bohnerwachs.

Ein Dietrich im Schloss öffnet zwar nicht das Schloss aber schiebt gleich die Tür auf. Sehr schön. Sie tritt ein, schiebt die Tür hinter sich zu und geht vorwärts. Die knarrende Diele hört sich an wie ein einstürzendes Bügelbrett.

Unter einem dicken Tuch versteckt brüllen mehrstimmig unsichtbare Vögel in einer artigen Kantate Alarm. Es ist für alles zu spät. Kate knipst das Licht an und geht zum Fenster, zieht die 9mm und schaut sich um. Der neue BH war im Eimer. Die Pistole . Schon wieder. Ausser dem abebbenden Kreischen im Vogelkäfig ist nichts zu hören. Das Zimmer ist gross, typischer Altbau, mehrere Türen weisen den Weg in angrenzende Zimmer.

Sie schaltet das Licht wieder aus. Sie schiebt die Vorhänge zur Seite und blickt auf die Strasse. Der Pinkelhund zieht weitere Pfützen erzeugend seinen Halter hinter sich her. Alles ruhig.

Die Wohnung erweist sich als zu teuer und sehr unbewohnt da Herr Ormont sehr stark verstorben ist und nur sehr spärliche private Gegenstände verraten seinen Beruf als Immobilienmakler mit mässiger Karriere. Der bekritzelte Notizblock neben dem Telefon zeigt einige interessante Nummern. Sie drückt kurz auf das iPhone. Fotografieren statt abschreiben.

Das Bild hängt schief. Die ausufernde Oberweite der abgebildeten Zigeunerin rechtfertigt dies zwar, auch ihr BH war im Arsch, aber der hinter dem Bild versteckte Wandtresor machte das Hängen plausibler. Er ist leer. Leerer als die EU Kassen. Sogar staubfrei. Der iMac im Arbeitszimmer sieht dagegen nicht staubfrei aus. Auf der Glasfront sind Fingerabdrücke, fettige Streifen und Staub. Zum Glück ist der Startton ganz leise. Ein erneutes Aufwecken der getarnten Geier könnte die Nachbarn sonst doch aus dem Schlaf reissen.

Der von uns gegangene Herr Ormont war kein Liebhaber umständlicher Anmeldeprozeduren und der eingeschaltete Computer startete direkt durch. Sie steckt angenehm überrascht den USB Stick in den Anschluss. Ein kurzes Sortieren und Packen der Benutzerdaten im Terminal und die interessanten Daten wandern in Frau Matsudas Jackentasche. Löschen der Logfiles und Anmeldekontrolle verhindert das verräterische Auftauchen des Zugriffs durch Herrn Ormont nach seinem Ableben. Man weiss ja nie.

Auf dem Rückweg durch den Keller fällt der Schatten einer hässlichen Katze durch das Kellerfenster. Sie denkt an den Scotch und beschliesst kürzer zu treten.

Neben dem Auto ist eine Pinkelpfütze. Der Pinkelhundmann hatte vermutlich hineingesehen und die Nummer notiert. Sie schlängelt sich aalartig ins Auto und vermeidet so mit dem Stiefel in die Lache zu treten. Ein eher mittelmässiger Ausgang des Abends. Sie würde sehen was der USB Stick an Langeweile zu bieten hatte. Scotch schied wegen der Katzenfrage aus.

.. der USB Stick hatte sich gelohnt. Eine Excelliste mit bar geleisteten Anzahlungen wies hohe Beträge auf.

Darunter war die Liste mit den frisch vermittelten Wohnungen.

Das Geld war bestimmt im Tresor gewesen. Im Gegensatz zu der Bude in der sie Herrn Ormont in Teilen vorgefunden hatte waren die Bullen, die Presse und alle sonst üblichen mittlerweile in seiner Wohnung aufgekreuzt und das ohne die Anwesenheit seines Arms.

Wer da die Bullen gerufen hatte? Vermutlich der Pinkelhundmann. Den hatte sie schon ausfindig gemacht.

Der Betrag der Zahlungen der Neumieter war hoch, da bliebt nichts mehr für Sofa oder Küche übrig. Interessant. Da war aber noch kurz etwas zu klären.

Frau Matsuda reibt sich den Hintern. Die Kante der Ablage hinter der Tür. Beim Drauffallen unangenehm. Schmerzhaft am Popo. Sie packt mehrfach an die geprellten Backen. Aua.

Im Flur steht der Typ mit dem sie telefoniert hatte und kratzt sich am Kopf. Seine Rastalocken sehen weder seriös noch vertrauenerweckend aus. Am Boden füllen sich die dort stehenden brandneuen und schneeweissen Sneaker stossweise mit frischer brauner Kotze.

Das Keuchen und Würgen mischt sich unharmonisch in den Text, den der Bezopfte absondert.

- Mann, ich hab dir gesagt die Tussi will mit dir reden. Ich hab dir gesagt die weiss was und wir sollten herauskriegen was das ist. Und ich hab dir gesagt sie ist kein Bulle -

Auf dem Flur hockt der Typ auf seinen Knien und macht mit der Entleerung seines Innenlebens unverdrossen weiter. Er nimmt es ernst. Mit Zucken und einem beträchtlichen Aufwand an Gesichtsrötung und Würgen. Er hat Sinn für das Theatralische. Er weint um seine weissen Sneaker.

Auf der Packung am Boden steht "One of a signature series of 500" .

- Mann, Mann, Mann , wieso musstest du dich hinter die Tür stellen? Was sollte das? Und warum wollteste der Tussi in die Fresse hauen? Hätteste ja immer noch machen können. Später. Wenn ich weg bin -

Frau Matsuda hört auf mit Hinternreiben. Der Preissboxertyp war blöde. Das ganze Treffen sollte eigentlich harmlos sein. In der Küche bellte ein Köter. Vermutlich der Pinkelköter. Weswegen der Security-Typ das Haus von Herrn Ormont bewacht hatte war jetzt klarer, warum er gleich hatte grob werden wollen weniger.

- Mann, ich hab dir gesagt die ist nicht langsam. Ja, ich wollte auch keinen Stiefelabsatz in den Bauch kriegen, aber sei froh dass die nicht ihre 9mm genommen hat, dann hättste jetzt ein Loch da drin -

Mit einem klimaktischen Aufbäumen trifft ein Schwall feiner rötlicher Pizzabröckchen die weissen Sneaker .

Über den bezopften Typ hatte sie den Kontakt zu dem Preissboxertypen hergestellt, nachdem sie den über die Securityfirma aufgestöbert hatte ,für die er anscheinend arbeitete, wo man ihn aber schon länger nicht mehr gesehen hatte und sehr wenig vermisste.

- Hör schon auf mit dem Gekotze Mann, solange kein Blut kommt wird das schon wieder -

Sie öffnet die Tür und blickt in das leere Treppenhaus. Alles still bis auf das Gewürge des Kirmesboxers. Sie schliesst die Tür. Sie blickt fragend auf den knienden Schrank. Er würgt noch, aber er scheint leer zu sein. Dafür sind die Unikatsneaker randvoll.

- Ich hab dich mit deinem Köter gesehen und du hast mich gesehen. Hast du für Ormont gearbeitet? -

Der Kirmesboxer gurgelt. Holt kraftlos aus um ihr gegen das Bein zu schlagen, knickt aber in der Bewegung erbärmlich zusammen.

- Hast du für Ormont gearbeitet? Der spielt jetzt Harfe und ich will wissen wer den ausgeknipst hat. Ausserdem war das ein unsauberer Job, der Arm von Ormont war nicht bei seiner Leiche. -

Aus dem Gewürge und Gegurgel blubbern Worte hoch.

- Orrrglmont ......mein ... Kohle ... Sau ...-

- Hatter dich um deinen Anteil betrogen?-

- .. glubber .. jarrr .. ja...-

Der Bezopfte grinst sachlich.

- Mann, ich verschwinde. Meine Werteste, wenn ich vorbei dürfte, bitte ohne Tritt in die Eier, ich bin unbewaffnet -

Er steigt über den Kotzer, öffnet die Tür, schwenkt die Zöpfe und verschwindet im Dämmer und Hall des Treppenhauses.

Frau Matsuda wischt wieder einmal die Klingel ab. Dreht sich um und blickt auf den völlig zusammengesackten Kirmesboxer der den linken Schuh zu kippen versucht, damit die Kotze heraus fliesst.

- Hör zu ........ Mann? ... ich will dich an allen Ecken an denen Ormont war nicht mehr sehen. Wenn ich dich sehe komme ich dich wieder besuchen. Ich kenne deinen Köter, ich kenne deine Adresse, ich kenne deine Ex-Firma, ich kenne dein halbverdautes Frühstück. An deiner Stelle würde ich umziehen. Und zwar hektisch. Hier wird es zu eng für dich. Hau ab! -

Jetzt musste sie endlich den Ausflug zur Immobilienvereinigung erledigen.

Oktober, Regenwetter, das Haar ist nass.

Nach dem der Vorstadt-Intercity Menschen wie Wurstmasse ausgespuckt hat geht sie zum Taxistand.

Auf der Fahrt zum Immobilienhai-Verband regnet es sich ein. Das Taxi schlingert durch die Spurrillen. Es geht durch eine Allee mit Kastanien.

Aus dem Radio plärrt ein türkischer Sender namens Radio FFM. Sie sitzt hinten und vermeidet den Kontakt zwischen Kopf, Haar und Fensterscheibe. Die Scheibe ist noch fettiger.

In der Kurve bremst der Fahrer und schlingert noch mehr. Zwei Bäume weiter tuckert der Diesel wieder weiter. Sie schaut nach hinten und sieht das überfahrene Eichhörnchen. Der buschige Schwanz wird vom Wind noch kurz bewegt, dann gerät das ganze ausser Sicht.

Kate will raus. Aber die Verbandsbude ist schon an der Ecke. Es wird ein kurzer Besuch. Kein Zutritt für Nicht-Mitglieder, keine Auskünfte an die Presse, keine Auskünfte über Mitglieder. Wer denn Auskunft gibt? Herr Dr. e.h. Mennikes, aber der weilt in Cannes. In Cannes? Soso. Ob er einen Stellvertreter hat? Frau Dr. Dipl. ohne e.h. Sorgwald-Beumers. Ob die Frau Dr. wohl zu sprechen sei oder zusammen.. in Cannes ..? Ja, nein, man muss telefonieren.

Sie lehnt sich an den Tresen und beguckt die Empfangsnudel. Auf dem Dienstplan neben deren Telefon steht : Kohlschläger. Sie lässt sich den Weg zur Toilette zeigen. Die Telefonauskunft spuckt die Nummer von 17 Kohlschlägers aus. Sie wählt die Nummer der Immobilienzunft.

- Immobilen-Verband, Katarina Kohlschläger, was darf ich für sie tun?- Klick. Sie legt schnell auf.

Eine Katarina Kohlschläger. Gut. Damit ergibt sich eine Adresse. Neues Telefonat aus dem Klo.

- Immobilienverband, Katarina Kohlschläger? -

- Kripo , Dezernat Einbruch & Diebstahl, Frau Kohlschläger, Bembelstrasse 34a , sind Sie das? -

- Oh, ja, ist was passiert? -

- Im Haus Bembelstrasse 34a wurde eingebrochen, wir benachrichtigen alle Bewohner, bitte prüfen Sie ob Ihnen Dinge fehlen... _

- Ich, äh, äh, komme gleich, oh Gott! Danke! -

KLICK.

Sie hängt auf und geht zum Tresen zurück. Frau Kohlschläger telefoniert intern..

- Ja, furchtbar, ein Einbruch.. jaja, bis morgen! -

Sie guckt auf die Telefonanlage, im Display leuchtet während des hektischen Telefonats die Durchwahl 11 und im Klartext daneben heisst es: Dr. S-Beumers.

Sie geht und Frau Kohlschläger hetzt nach Hause. Von draussen wählt sie die Immobilenzunftnummer mit der Durchwahl 11.

Kurz darauf ist klar, dass Frau Dr. Sorgwald-Beumers dringend ihren Sohn Jakob-Thorben Sorgwald-Beumers abholen muss und deswegen zu ihrem Bedauern nicht mit ihr sprechen kann. Klar ist damit auch, dass vermutlich niemand in Cannes weilt.

Während der Taxifahrt zurück denkt sie nach. Immobilienverband. Bäh. Wohnung mit Leiche. Bäh. Die Verbindung war noch unklar.

Sie fotografiert die Schilder der Immobilienvertretung, die in den Fenstern der alten Wohnung angebracht sind. Fett steht in roten Antiqua Lettern der Name. Ormont. Und eine Nummer. Die Nummer ist ihr neu. Dass Herr Ormont weiter im Geschäft ist auch.

- Ja, guten Tag, Matsuda mein Name, ich rufe an wegen einer Wohnung die ich gesehen habe wo Ihr Schild dran stand. Ja , genau da! Sicher... hm .. ein Besichtigungstermin wäre gut, an besten jetzt gleich weil ich nur heute in der Stadt bin..... in einer dreiviertel Stunde? Ja, das ist mir recht. Kann ich Sie auch mobil erreichen? ... Ja? .. Moment! .. ja, Danke! .... OK, werde ich machen, ja.... bis gleich! -

Sie ist gespannt wer da an Stelle von Ormont dem Verblichenen auftauchen würde.

Das Nieselwetter wechselt sich mit Dauerregen ab, damit niemandem langweilig werden kann. Sie wickelt den Schal nochmal um den Hals. In der Nische vom Hauseingang gegenüber gibt es ein freies Blickfeld auf die zu mietende Wohnung. Ein dünnes Regenrinnsal schiebt sich langsam vom Hals in den Ausschnitt vor.

Es ist noch 32 Minuten bis zur abgemachten Zeit aber ein A8 schiebt sich durch die Strasse, hält breitbeinig und sehr mittig an, die Silhouette am Steuer bewegt sich, fährt wieder an, bleibt weiter vorne stehen und deutet dabei minimalistisch an, dass der andere Verkehr sich irgendwie vorbei quetschen kann wenn er das schafft, besondere Mühe dies zu ermöglichen hält man aber für übertrieben. Man hat nämlich zu tun.

Etwas grosses und breites walzt sich aus dem Auto und torkelt in einer Art Pinguingang zum Hauseingang zurück. Das Klimpern eines grossen Schlüsselbundes ist kurz zu hören, die Tür wird brutal ins Schloss gehauen, der Riesenbrocken verschwindet innen.

Sie fummelt eine weitere Kippe aus dem Päckchen und guckt auf die Uhr. Der Typ ist viel zu früh. Das Licht in der frisch zu vermietenden Wohnung geht kurz an.

Sie fühlt wie sich eine Gänsehaut ausbreitet. Das feine Regenrinnsal hat gemeinerweise das Tal im Ausschnitt erreicht. Verdammter Mist.

Sie geht zu dem abgestellten A8 knipst Nummer, Inneres und Äusseres und wartet im nächsten Hauseingang versteckt auf Akt 2.

Der Typ kommt wie erwartet zügig zurück. Er kommt nicht allein! Er schleppt eine dicke Tasche. Die breite Hackfresse schnauft vernehmlich. Diabetes, Bluthochdruck, Brutalität, Blödheit. Vermutlich. Aber auch Schläue. Er wirft die Tasche hinten rein, haut die Autotür zu und fährt ab.

Drei Kippen später taucht ein kleiner Fiat auf. Weiss mit roter, seitlicher Aufschrift: Immobilen, Ormont. Mit Telefonnummer. Wie auf dem Schild in der Wohnung. Die Fahrerin brettert den Fiat in eine enge Parklücke und bleibt quer darin stehen, die Front auf dem Gehweg, das Heck im Verkehr, besser als der A8.

Aus dem Auto kommen zuerst zwei lange Beine, dann der Rest. Eine Rothaarige, Typ "wilde Russin", stöckelt rustikal zur Tür des Hauses mit der Wohnung, schliesst auf, wirft die Kippe im Bogen auf die Strasse und verschwindet im Treppenhaus.

Sie geht auf die Haustür zu in der die Rothaarige verschwunden ist, wartet zehn Herzschläge und klingelt.

Aus dem Quäklautsprecher kommt eine Stimme gemacht aus Suff, Tabak, schlechter Laune und Sexmangel. - Ah-hä? -

- Ich bin die Interessentin mit dem Besichtigungstermin! -

Kommentarlos rasselt der Türöffner asthmatisch. Die Rote steht in der Wohnungstür und blickt mürrisch und abschätzend.

- Meinäh Liebä! Hirr isst die schäne Wohnunk! Geradä frai gewohrdän und sähr günstik!-

Sie geht mit der Roten durch die Räume, lässt sich alles zeigen und steckt die Nase in alle Ritzen. Die Wohnung ist leer, leer, leer und besenrein. In der Einbauküche allerdings riecht es kaum merklich im Kühlschrank recht medizinisch und es gibt ganz schwache Abdrücke wie von etlichen kleinen Gläsern oder Bechern. Nicht zu viele, als dass die nicht in eine Tasche gepasst haben würden wenn man sie hektisch auslagen muss.

Die Rote hat keine Lust mehr. Sie verspricht sich am nächsten Tag zu melden. Danke. Das war's.

Draussen wählt sie die Nummer der Immobilen-Hai-Fisch-Becken-Verbands-Empfangs- Tresen Dame. Die geht ran.

Ja, Polizei Cannes, guten Abend, ob ein Wagen zugelassen auf den Verband in Deutschland gestohlen sei? Nein, ich bin nicht die Kommissarin, aber die Dolmetscherin. Das Fahrzeug sei nicht gestohlen gemeldet? Nur als Abgleich ob es sich um eine Verwechselung handelt.. welches Auto? Typ? .. Aha.. Farbe? Kennzeichen.. der Halter Herr Dr. ... jajaja,, genau der.... hm .. aha.. ein A8 soso, ja dann wäre es wohl doch nicht dieser, guten Abend und entschuldigen Sie die Störung!

Interessant. Die Nummer und das Auto waren gerade vorhin noch weiter vorne geparkt gewesen und nicht in Cannes. Die Hackfresse also.

Frau Matsuda sitzt im Auto und schwitzt. Das Tanktop hat Schweissflecke zwischen den Brüsten und am Bauch und eigentlich überall. Den BH hatte sie einfach weggelassen. Zu warm und zu teuer. Dauernd machte die Pistole den BH zu Schrott. Die rothaarige Russin shoppt sich durch die City. Frau Matsuda folgt ihr schon den halben Tag. Bisher uninteressant. Maniküre, Pediküre, die braun gegerbte Fresse glatt ziehen, Sandalen kaufen, Köter striegeln lassen.