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Liebe auf Umwegen 05

Geschichte Info
Stefan erfährt was nach dem Unfall passiert ist.
3.6k Wörter
4.5
40k
10

Teil 5 der 5 teiligen Serie

Aktualisiert 06/08/2023
Erstellt 02/23/2018
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Jetzt hat es doch etwas länger gedauert, als ich gedacht habe. Ich hoffe, dass ich jetzt wieder mehr Zeit habe die Geschichte weiter zu schreiben.

In diesem Teil geht es v.a. um die Zeit nach dem Unfall. Die Fans der Erotik müssen sich noch mindestens bis zum nächsten Teil gedulden ;)

Zeit des Vergessens

Blinzelnd öffnete Stefan die Augen. Und schloss sie gleich darauf wieder, als die Helligkeit seinen Kopf fast explodieren ließ. Nach ein paar Minuten probierte er es wieder, vorsichtiger diesmal. Er konnte kaum etwas sehen, rund um ihn herum war alles verschwommen. Er wollte sich hoch stemmen, spürte aber gleich, dass er zu schwach war und sank wieder zurück. „Was war nur passiert? Wo war er?", dachte er. Er konnte sich nicht wirklich an etwas erinnern. Er schloss wieder die Augen. Nur langsam kam die Erinnerung zurück. Der Urlaub mit seinen Eltern und seiner Schwester. Die Gefühle füreinander, die Sauna und der Sex. Dass sie gemeinsam die Bergstraße hinunter gefahren waren, der Hirsch und dann...nichts.

„Becci?", fragte er leise, aber es kam nur ein raues Krächzen aus seinem Mund.

Er öffnete wieder die Augen, konnte immerhin etwas verschwommene Umrisse erkennen. Er vermutete, dass er in einem Krankenhaus war. Schließlich kam man ins Krankenhaus, wenn man einen Unfall hatte. Auf einmal ging die Tür auf und eine Gestalt kam herein. Er vermutete, dass es sich um eine Krankenschwester handelte, aber sicher war er sich nicht. Sie holte etwas aus dem Schrank und beachtete ihn gar nicht. Er wollte etwas sagen, brachte aber keinen Ton heraus. Als sie schließlich zu ihm blickte und seine offenen Augen sah, fiel ihr fast der Ordner aus der Hand und er konnte an ihrer Körperhaltung erahnen, dass sie total überrascht war. Was war hier nur los? Hatte er wieder so einen verrückten Traum?

Sie öffnete die Tür und rief: „Dr. Androsch, kommen sie auf Zimmer 251, schnell!". Kaum zehn Sekunden später kam ein großer, fülliger Mann herein, bei dem es sich wohl um Dr. Androsch handeln musste. Er begann sofort ihn zu untersuchen, leuchtete ihm mit einer Taschenlampe in die Augen, woraufhin Stefan gleich wieder geblendet die Augen schloss.

„Herr Hofmann, wie geht es ihnen?". Stefan versuchte zu antworten, brachte aber nur ein kratziges „Gut" heraus. Die Krankenschwester holte daraufhin ein Glas Wasser und half ihm ein paar Schlucke zu trinken. Sogar diese einfachen Bewegungen bereiteten ihm wahnsinnig viel Mühe.

Er versuchte zu fragen was geschehen war, wo seine Schwester und seine Eltern waren, schaffte aber nur ein abgehaktes „Was?".

Dr. Androsch lächelte nur und sagte: „Wir werden ihre Familie gleich verständigen. Sie werden sicher bald hier sein und werden ihnen alles erzählen und erklären. Jetzt ruhen sie sich einfach noch eine Weile aus."

Stefan ließ sich ins Bett zurück sinken. Auch wenn ihm tausend Fragen auf der Zunge brannten, spürte er wie erschöpft er war. Er könnte jetzt sofort wieder einschlafen.

Er war sich nicht sicher, ob er noch einmal geschlafen hatte oder nicht, als auf einmal die Tür aufging und seine Mutter hereinstürmte. Sie umarmte ihn heftig, strich ihm durch die Haare. Er konnte spüren, wie ihr Tränen über die Wangen flossen und sein Gesicht benetzten.

Kurz darauf kam sein Vater ins Zimmer. Auch er hatte Tränen in den Augen, war aber bei weitem nicht so überschwänglich. Das war einfach nicht seine Art.

„Wie geht es dir? Weißt du wer wir sind?", fragte seine Mutter. Was war das für eine Frage, natürlich wusste er das. Sie erkannten seinen verwirrten Blick, wussten aber auch nicht so recht, wo sie anfangen sollten, als auf einmal seine Schwester in der Tür stand.

Sie lächelte ihn an und ihm wurde sofort warm ums Herz. Er war so glücklich, dass ihr nichts passiert war. Sie kam herein und legte ihre Jacke ab. Irgendetwas stimmte nicht, wie sie sich bewegte, aber er konnte zuerst nicht sagen, was es war.

Erst als sie ans Bett herantrat, erkannte er ihren kugelrunden Bauch. Verwirrt blickte er zwischen ihrem Bauch und ihrem Gesicht hin und her.

„Könnt ihr uns vielleicht für einen Moment allein lassen?", fragte Rebecca dann ihre Eltern. Vor allem ihre Mutter sah nicht so aus, als würde sie in nächster Zeit von seiner Seite weichen wollen, aber ihr Vater überredete sie mitzukommen.

Als seine Eltern hinausgegangen und hinter sich die Tür geschlossen hatten, setzte sich seine Schwester in einen Stuhl neben dem Bett.

„Wie geht es dir?", fragte sie nach einer Weile. „Okay", sagte er nur. Das Sprechen bereitete ihm noch immer Mühe und er fragte sich wie lange das wohl so bleiben würde.

Sie lächelte und bemerkte seinen fragenden, verwirrten Blick: „Du fragst dich wohl gerade was hier los ist oder?", fragte sie und er nickte schnell. So schnell, dass ihm schon wieder schwindlig wurde.

„Wo soll ich bloß anfangen?", dachte sie laut nach.

„Kannst du dich noch an den Urlaub erinnern?", fragte sie und er nickte. Er tastete nach ihrer Hand, die sie aufs Bett gelegt hatte und drückte sie schwach. Sie nahm sie nicht weg, erwiderte aber den Griff ihrerseits nicht.

„Und daran, dass wir zusammen...?", erkundigte sie sich und schaute sich ein wenig nervös um, so als ob sie Angst hätte, dass ihnen jemand zuhören könnte. Er nickte wieder.

„Okay. Und an den Unfall? Erinnerst du dich daran? Wir wollten gemeinsam in die Stadt fahren und sind von der Straße abgekommen."

Langsam setzten sich die Erinnerungsstücke zusammen. Aber warum hatte seine Schwester dann so einen großen Bauch? Selbst wenn sie schwanger geworden war, so schnell ging das nun auch wieder nicht. Er drehte den Kopf sah aus dem Fenster. Draußen standen Bäume und Sträucher in einem schön angelegten Garten. Aber irgendetwas passte nicht ins Bild. Es war viel zu...grün für Januar! Wieder blickte er zu seiner Schwester auf und sie lächelte schwach.

„Das alles war vor sechs Monaten", sprach sie dann das aus, was er sich schon gedacht hatte, sich aber nicht eingestehen wollte. Aber natürlich erklärte es so manches. Warum er so schwach war, den blühenden Garten, seine Schwester mit dickem Bauch!

Rebecca senkte den Blick und streichelte über ihren Bauch, während er sie fragend ansah und auf ihren Bauch deutete. „Unser?", fragte er krächzend. Noch immer brachte er kaum ein Wort heraus, aber langsam wurde es besser.

Sie zögerte, nickte aber schließlich. „Ich denke schon. Also eigentlich bin ich mir ziemlich sicher" Stefan sank zurück ins Bett. Alles um ihn herum drehte sich und er schloss die Augen. Er konnte es kaum fassen. Er war sechs Monate im Koma gelegten. Und seine Zwillingsschwester war von ihm schwanger.

„Mach dir keine Sorgen. Die Kleine ist kerngesund", sagte seine Schwester dann. Er öffnete wieder die Augen und lächelte schwach. „Kleine?", fragte er. „Ja", sagte Rebecca und lächelte, wobei es Stefan ein wenig wehmütig vorkam, „es wird ein Mädchen. Aber jetzt ruh dich noch etwas aus. Du musst ziemlich geschafft sein." Natürlich hatte sie recht und die ganzen neuen Informationen waren einfach überwältigend. Sie stand auf und küsste ihn auf die Stirn und verabschiedete sich dann.

Zu gern hätte er noch mehr erfahren, aber er spürte schon jetzt, wie müde er war und schon bald übermannte ihn der Schlaf.

Als er aufwachte saß seine Mutter neben ihm und hielt seine Hand. Er versuchte sich etwas aufzusetzen und sie half ihm dabei. „Wie geht es dir?", fragte sie dann. „Geht so", krächzte er. Seine Stimme war schon etwas besser, aber lange Reden würde er die nächste Zeit einmal nicht halten. In diesem Moment kam auch eine Krankenschwester herein und brachte ihm etwas zu essen. Zuerst dachte er, dass er keinen Hunger hatte, aber als er die ersten Bissen machte fühlte er, wie leer sein Magen war und mit Hilfe seiner Mutter schaufelte er richtiggehend alles in sich hinein. Seine Mutter schaute ihm zu und schmunzelte: „Na wenigstens deinen Appetit hast du schon wieder. Während du geschlafen hast hat der Arzt auch die Magensonde entfernt". Fast hätte er sich verschluckt. Er hatte gar nicht mitbekommen, dass er eine gehabt hatte. Als er fertig war, lehnte er sich zurück. Er war so müde, er könnte schon wieder einschlafen. „Weißt du wann Becci wieder kommt?", fragte er seine Mutter und er merkte, wie diese zusammen zuckte. „Ist was mit ihr?", erkundigte er sich besorgt. „Nein, nein", erwiderte seine Mutter schnell. „Was hat sie dir denn erzählt?". Stefan runzelte die Stirn. „Was soll sie mir erzählt haben?". Sie seufzte und lehnte sich ihrerseits in den Stuhl zurück. „Weißt du, während du im Koma gelegen bist ist einiges passiert." Er musste lachen, aber mehr als ein Husten bekam er nicht zustande. „Ach es hilft ja doch nichts, irgendwann wirst du es ja auch erfahren müssen". Sie richtete sich etwas auf und sah ihn an. „Wo soll ich bloß anfangen? Als du ein ein Monat im Koma gelegen bist haben auf einmal deine Nieren versagt." Stefan schluckte. Er fühlte sich zwar schwach, aber das hatte er nicht erwartet. „Keine Sorge, es ist alles wieder gut. Es hat sich ein Spender gefunden, von dem du eine neue Niere bekommen hast." Sie machte eine Pause und rang sichtlich um Worte. „Zuerst wollte Rebecca dir eine Niere spenden. Da wusste noch keiner, dass sie schwanger war. Außer sie selbst natürlich. Aber sie hätte es wahrscheinlich trotzdem gemacht. Das Problem war nur, dass sie eine andere Blutgruppe hat als du". Er runzelte die Stirn, es war ja nicht so ungewöhnlich, dass zweieiige Zwillinge auch eine andere Blutgruppe haben. Seine Mutter rang nach Worten. „Weißt du, dein Vater und ich haben beide die Blutgruppe 0, so wie du auch. Nur Rebecca hat A". Er wusste noch immer nicht, worauf sie hinaus wollte. „Wenn Eltern beide Blutgruppe 0 haben, können sie nur Kinder mit Blutgruppe 0 bekommen". Langsam dämmerte ihm, was sie damit sagen wollte. Ganz glauben konnte er es allerdings noch nicht. „Soll..soll das heißen?". Seine Mutter nickte und es kamen ihr die Tränen. Das war irgendwie alles zu viel. Zuerst Rebeccas Schwangerschaft. Nein, wenn das stimmte, was seine Mutter da ihm erzählte, und warum sollte sie ihn anlügen, dann bedeutete das, dass Rebecca nicht seine leibliche Schwester war.

Er musste schlucken. „Wie?", brachte er nur heraus. Stefans Mutter, die sich ein Taschentuch aus ihrer Handtasche geholt und sich die Tränen abgewischt hatte, zuckte mit den Schultern. „Wir wissen es auch nicht. Wahrscheinlich wurde sie mit deiner leiblichen Schwester im Krankenhaus vertauscht. Wir wollten es zuerst auch nicht glauben und haben einen Gentest machen lassen. Aber es stimmt.".

Also hatte er irgendwo da draußen eine leibliche Schwester. Aber das viel wichtigere war, dass Rebecca und er, rein theoretisch, zusammen sein konnten. Und dass sie ziemlich sicher ein gesundes Kind bekommen würden. Eigentlich hätte er schockiert sein müssen, aber irgendwie war er fast erleichtert aufgrund dieser Neuigkeiten. Trotzdem war es ein ziemlicher Schock, schließlich änderte das so ziemlich alles.

„Ich glaube ich geh jetzt mal besser. Du siehst müde aus", sagte seine Mutter und lächelte ihn an. „Keine Sorge, es wird alles gut werden." Stefan nickte. Er war sich sicher, er musste nur sehen, dass er bald aus diesem Krankenhaus raus kam.

Die nächsten Tage vergingen nur schleppend. Die Krankenschwestern kümmerten sich um ihn und bald konnte er auch aufstehen und seine Reha beginnen. Die Physiotherapeutin war süß und kümmerte sich intensiv um ihn, und auch wenn sie ein paar Jahre älter war als er, spürte er, wie mit jedem Tag nicht nur seine Kraft und Koordinationsfähigkeit, sondern auch sein körperliches Verlangen wieder stärker wurde. Leider bekam er aber keinen Besuch von seiner Schwester, nur seine Mutter war jeden Tag im Krankenhaus. Auf die Fragen, wo Rebecca denn wäre, wich sie ihm allerdings aus, was er nicht ganz verstand. Irgendwie verheimlichten seine Familienmitglieder etwas. Aber vielleicht wollten sie ihn auch nur schonen.

Eines Morgens weckte ihn ein Klopfen an der Tür und als er auf sah steckte gerade seine Schwester den Kopf durch die Tür. Er lächelte und als sie fragte, ob sie reinkommen könnte, nickte er schnell. Sie hatte ein sommerliches, blumiges Kleid an, schließlich war es draußen auch sehr warm. Es war noch immer seltsam für ihn, dass jetzt Sommer war, fast als wäre er ans andere Ende der Welt geflogen. Man konnte deutlich ihren Babybau sehen, der sich unter dem Kleid abzeichnete. Sie war einfach wunderschön, wie das blühende Leben. Obwohl es nicht geplant war und es für ihn irgendwie erst ein paar Tage her war, dass sie miteinander geschlafen hatten, freute er sich jetzt schon riesig. Er konnte es kaum erwarten, richtig mit Rebecca zusammen zu sein, wenn das irgendwie möglich war. Dann wären sie eine richtige kleine Familie.

Becci trat ein und setzte sich zu ihm ans Bett. „Du siehst schon viel besser aus", sagte sie und er spürte, dass sie es ernst meinte. „Du siehst auch wunderschön aus", sagte er und sie wurde ein wenig rot.

„Wo hast du denn die ganzen Tage gesteckt?", fragte er dann. Sie wich seinen Blick aus. „Ich hatte ein paar Sachen zu erledigen, weißt du", sagte sie dann, aber er merkte gleich, dass das nicht die ganze Wahrheit war, beschloss aber sie nicht weiter zu bedrängen. Er freute sich einfach sie einmal wieder zu sehen.

Stattdessen setzte er sich auf, zog sie zu sich heran und küsste sie. Zuerst ließ sie es geschehen, aber dann löste sie sich von ihm. „Was machst du denn?", fragte sie leise. Er sah sie verwirrt an. „Was ist wenn uns jemand sieht?". Er runzelte die Stirn. „Mama hat mir schon alles erzählt". Sie sah ihn mit großen Augen an, und er lächelte. „Ich weiß, dass wir keine leiblichen Geschwister sind." „Das hat sie dir also erzählt..", sagte sie leise, nachdenklich. „Stimmt es etwa nicht?". Er hatte das Gefühl, dass ihm seine Familie etwas verheimlichte. „Doch..es stimmt." „Dann wird ja alles gut, du wirst sehen", sagte er und küsste sie wieder. Er spürte, wie hin und hergerissen sie war, aber sie erwiderte seinen Kuss.

Er nahm dabei ihre Hand und legte sie auf die Beule, die sich schon spürbar unter der Decke abzeichnete. Sie zuckte etwas zusammen und zog die Hand schnell zurück. „Was hast du denn vor?", fragte sie verwirrt.

Er lächelte sie an, schob dann die Decke runter. „Spinnst du? Wir können hier doch nicht.." „Bitte, ich bin schon so scharf..", sagte er und sah Rebecca mit dem treuesten Dackelblick an, den er Zustande brachte. „Du könntest ihn ja einfach ein wenig in den Mund nehmen..bitte!". Sie sah sich nervös um, schluckte sichtlich. „Das geht wirklich nicht okay?". Er blickte sie enttäuscht und sichtlich auch ein wenig wütend an.

„Hast du einen anderen?", fragte er aus dem Bauch heraus? Sie sah ihn erschrocken an.

„Weißt du,, in den letzten Monaten ist einfach viel passiert".

Stefan schaute seine Schwester entgeistert an. „Also, stimmt es?". „Ich..ich wollte nicht, dass die Kleine ohne Vater aufwächst. Ich konnte ja nicht sicher sein, dass du wieder aufwachst."

Stefan ließ sich ins Bett zurück sinken. Das konnte nicht wahr sein. Alle seine Hoffnungen zerfielen von einem Moment auf den anderen zu Staub.

„Und wer ist es? Sag jetzt nicht Robert?". „Bitte Stefan..", sagte sie und tastete nach seiner Hand, aber er zog sie weg. „Oh mein Gott. Das muss ein Traum sein", fluchte er.

„Stefan, es ist so viel passiert, was du nicht weißt", setzte seine Schwester an, aber er ignorierte sie: „Lass mich, ich will jetzt lieber alleine sein". Sie schaute traurig, nickte dann aber und verschwand aus dem Zimmer. Kurz danach kamen Stefan die Tränen. Er verstand die Welt nicht mehr.

Den ganzen Tag über war er nachdenklich und auch seiner Physiotherapeutin fiel auf, dass er nicht bei der Sache war. Sie fragte ihn zwar was los war, aber mit so einem Problem konnte er wohl kaum mit ihr sprechen, auch wenn sie sonst über viel plauderten.

„Weißt du, wenn der Geist nicht bei der Sache ist, kann der Körper auch nicht heilen", sagte sie fast schon philosophisch und Stefan musste etwas lachen.

„Ach es ist nur so, ich habe heute erfahren, dass meine Freundin jetzt einen anderen hat", sagte er, was ja großteils der Wahrheit entsprach. „Oh, das ist hart", antwortete sie. „Aber ja auch nicht ganz unverständlich. Jeder Mensch geht einfach anders damit um".

Er nickte und irgendwie verstand er seine Schwester ja auch. Für sie waren sechs Monate vergangen und für ihn nur ein paar Tage. Es war unfair von ihm, ihr Vorwürfe zu machen. Wahrscheinlich hätte er in ihrer Situation ähnlich gehandelt. Aber wieso gerade Robert?

„Du bist schon wieder ganz wo anders", hörte er die Stimme seiner Therapeutin und er lächelte sie an: „Okay okay, ich konzentriere mich ja schon", sagte er und setzte seine Übungen fort.

Die nächsten Tage kam Rebecca nicht mehr zu Besuch. Jeden Tag versuchte er mehrmals sie anzurufen, aber entweder sie hob nicht ab oder er landete gleich in der Sprachbox. Nur seine Eltern besuchten ihn immer wieder, vor allem seine Mutter. Von ihr erfuhr er auch das meiste, was sich in den letzten Monaten zugetragen hatte. Sie hatte gekündigt, um hier mehr bei ihm sein zu können. Sein Vater hatte sich währenddessen in seine Arbeit gestürzt und er konnte spüren, dass das seine Mutter ebenfalls sehr belastete. Vor allem, seitdem er wusste, dass Rebecca nicht seine leibliche Tochter war, hatte er sich sehr zurückgezogen. Rebecca hatte die Abitur gemacht, wenn auch nicht mit Bestnoten. Normalerweise war sie immer eine Musterschülerin gewesen, aber in dieser Situation war es wohl schon herausragend, wenn man sich ausreichend konzentrieren konnte um es irgendwie zu schaffen.

Das erinnerte ihn daran, was er alles verpasst hatte. Wie sollte er jetzt nur ein halbes Jahr nachholen? Aber das musste sowieso warten. Zuerst einmal musste er wieder auf die Beine kommen. Und obwohl seine physischen Verletzungen großteils gut verheilt waren, waren seine Muskeln schwach und auch seine Koordination war nicht die selbe wie früher. Die Geschichte mit Becci belastete ihn ebenso, jedoch machte er trotzdem Fortschritte.

Schon eine Woche später war er fit genug um in häusliche Pflege entlassen zu werden und er freute sich schon darauf, zu Hause seine Schwester wiederzusehen. Seine Mutter holte ihn ab, und als sie ins Auto stiegen wurde ihm erst bewusst, dass dieses ganz neu war. „Es tut mir so leid wegen dem Auto", sagte er als sie auf der Autobahn fuhren, um das Schweigen zu brechen. Seine Mutter musste lachen: „Vergiss mal das Auto Stefan, viel wichtiger ist ja jetzt, dass du wieder nach Hause kommst. Die letzten Monate waren wirklich schwer." Er konnte es sich vorstellen. „Weißt du, ich habe deinem Vater Vorwürfe gemacht, dass er dich hat fahren lassen. Ich weiß, dass es nicht seine Schuld war, schließlich hätte ich auch etwas sagen können. Aber in so einer Situation sucht man einfach einen Schuldigen denk ich." Stefan nickte: „Wie geht es Papa?", fragte er. Seine Mutter schaute ihn etwas wehmütig an. „Ehrlich gesagt, ich weiß es nicht so genau. Wir haben kaum über all das gesprochen. Er, naja, er hat einfach viel gearbeitet. Und auch getrunken. Weißt du, nachdem das mit Rebecca raus gekommen ist und du im Koma lagst, da dachte er sich er würde seinen einzigen Sohn verlieren. Sie war auf einmal so etwas wie ein Kuckuckskind für ihn. Überhaupt nachdem er erfahren hatte, dass sie von Robert ein Kind bekommt." Er konnte noch immer nicht ganz glauben, dass Robert jetzt gemeinsam mit Rebecca sein Kind großziehen würde. Und er im besten Fall der liebe Onkel sein dürfte. Aber selbst jetzt als fest stand, dass sie nicht Bruder und Schwester waren, konnten sie es nicht wirklich jemandem sagen.

Sie bogen gerade auf den Parkplatz vor dem Haus ein, und Stefan lief ins Haus, während seine Mutter seine spärlichen Sachen aus dem Kofferraum holte. Er wusste nicht, was er sich vorgestellt hatte, aber auf jeden Fall nicht das. Er hatte ja keine Willkommensparty erwartet, aber das Haus war leer. Nicht leer im Sinne von ohne Einrichtung, nein es war quasi alles so wie sie es kurz nach Silvester verlassen hatten. Nur die Vorhänge waren anders. Aber es war niemand da, weder sein Vater, noch seine Schwester.

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