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Assassins' Sins Ch. 02

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Er hätte sich nun direkt dorthin an den Rand des Daches begeben können und nach Passanten und Wachen Ausschau halten, während sie darauf wartete, dass sie ihm das Zeichen gab und sie warnte, falls jemand auftauchte, während sie sich am Fenster zu schaffen machte. Sie hatte die Durchführung solcher Aufgaben perfektioniert, alleine war man hier immer im Nachteil, da man sich nur entweder auf das geräuschlose Öffnen des Fensters oder auf Wachen und Passanten konzentrieren konnte, so war man immer auf der sicheren Seite, was ihnen schon unzählige Male geholfen hatte.

Er wollte jedoch sich jedoch nicht sofort wieder von ihr entfernen, wollte noch einen Moment ihre Nähe spüren. Innerlich versuchte er, diesen Gedanken zu verbannen, solche Gedanken hatten hier nichts verloren und konnten gefährlich werden, wenn er im falschen Moment nicht genug Konzentration aufbringen konnte.

Er blickte in ihre Richtung, ihre grünen Augen schimmerten wie Saphire im Mondlicht. „Willst du oder soll ich...?", fragte er sie leise flüsternd. Eigentlich war es unnötig, es fügte sich so wie es kam, es gab keine klare Rollenverteilung unter ihnen. Sie verstanden sich was das betraf ohne Worte. Dennoch, er hatte sie offen gefragt, jedoch weil er den Moment noch eine paar Sekunden halten wollte.

Ihre Augen waren von einem hellen Schimmer überzogen, die Nacht reflektierte sich in ihnen. Sie schien so zerbrechlich, so zart, als könnten sie von einem einzelnen Windhauch einfach davon geweht werden.

Wie durch Magie fanden sich ihre Lippen zu einem lautlosen Kuss, umhüllt vom dunklen Schleier der Nacht. Sie verbarg sie vor dem Rest der Welt, der im Vergleich zu ihrer Liebe so klein und unbedeutend schien. Sie schien für einen kurzen Moment davonfliegen zu können, frei von allem anderen. Ihr Kuss trug seine Seele in eine andere Dimension, in der Zeit unbedeutend war und nur der Moment für sich zählte.

Erst als sie sich langsam von ihm löste kehrten seine Gedanken wieder in die Wirklichkeit zurück, es schien wie als würde er aus einem wunderbaren Traum erwachen. Er merkte, dass er seine Augen die ganze Zeit über geschlossen hatte, als er sie öffnete schien alles wie ein Sturzbach über ihn hinein zu brechen. Dennoch, ein Gefühl von Wärme blieb zurück, ihre Wärme. Sie gab ihm Kraft und damit würde er den Auftrag vollenden können.

„Ich liebe dich, für immer und ewig und danach." flüsterte sie, ihr Blick schien ihn zu durchdringen, bis auf den Grund seiner Seele. „Ich dich auch." flüsterte er zurück, was sie jedoch wahrscheinlich nicht mehr hörte, da sie bereits auf dem Weg in Richtung des Abstiegs war.

Ihm würde demnach die Aufgabe des Beobachters zufallen, vorsichtig machte er sich auf den Weg in Richtung Dachkante und warf einen vorsichtigen Blick hinunter. Sofort lief er seinen Kopf wieder zurückzucken, als er die Wache sah, die direkt unter ihm vorbeilief. Er wartete einen kurzen Moment und wagte einen weiteren Blick. Die Wache war gerade auf dem Rückweg zu ihrem Posten an der Straße, er hob leicht die Hand, um Cora zu signalisieren, dass sie sich bereit halten sollte.

Er ließ noch einmal den Blick über die Straße und das von hier einsehbare Anwesen wandern, um sicherzugehen, dass er niemanden übersehen hatte. Die Wache stellte sich wieder mit dem Rücken zu ihnen an der Straße auf, also ließ seine Hand sinken und Cora begann sofort damit, hinunterzuklettern.

Sie kam auf einem kleinen Podest zum stehen und auch wenn er ihr Gesicht nicht sehen konnte, sah er, wie sie ein leichtes Lächeln zeigte. Von hieraus würden sie hinein kommen. Wäre das andere Fenster nicht vergittert gewesen, hätte es ausgereicht, dass er alleine ins Haus einstieg, nun jedoch war der Weg weiter und es galt, erst einmal, den Weg im Haus zu sichern, und den Auftrag erfolgreich auszuführen, bevor sie an einen sicheren Rückweg denken konnten.

Sie benötigte keine 20 Herzschläge, dann hatte sie das Fenster offen. Bevor sie jedoch das Fenster aufzog, sah sie noch einmal zu ihm hoch. Nun kam der Moment, an dem sie für einen kurzen Augenblick nicht nachsehen konnten, ob sich die Wache dort unten eventuell umdrehte und auf ihrem Weg genau unter ihnen vorbeikam. Das offene Fenster würde sie auf jeden Fall sehen.

Er sah sich ein weiteres Mal um, diesmal jedoch schnell und begann mit einem Nicken nun selber den Abstieg. Cora öffnete das Fenster lautlos und schlüpfte schnell hindurch, er folgte ebenso schnell und zog das Fenster hinter sich wieder zu. Keinen Moment zu früh, denn dabei sah er, wie sich die Wache unten umdrehte und wieder ihren kurzen Weg begann.

Das Fenster hinterließ nur einen sehr schmalen Lichtschein, der Rest des Hauses lag in völliger Dunkelheit. Er konnte ein schwaches goldenes Glänzen des Knaufes am oberen Ende der Treppe ausmachen, soweit er wusste, befand sich Theobalds Zimmer dahinter auf der anderen Seite.

Vorsichtig schlich er sich in Richtung der Treppe, aufmerksam darauf bedacht auf dem Marmorboden nicht das leiseste Geräusch zu verursachen. Er war beinahe erstaunt, dass im gesamten Haus wirklich jeder zu schlafen schien, anscheinend rechnete man wirklich nicht damit, dass es jemand schaffte unbemerkt hier einzudringen. Diesen Teil hatten sie jedenfalls geschafft.

Dennoch, obwohl es durchaus nicht einfach gewesen war, kam ihm diese Situation merkwürdig vor. Egal wie gut man sein Haus geschützt hatte, wenn man wie Theodor etwas gegen die Gilde unternahm, lebte man in ständiger Todesangst. Quasi hinter jeder Ecke konnte der Tod laueren, jede Sekunde könnte sich ein Dolch in den Rücken bohren und damit sein armseliges Leben beenden.

Er ermahnte sich, jetzt unter keinen Umständen unvorsichtig zu werden, auch wenn alles ruhig schien. Er ging in Richtung der Tür, hinter der er Theodor vermutete. Unglücklicherweise lag diese genau auf der anderen Seite des Hauses, wie das Fenster, über das sie hineingelangt waren. Es bedeutete einen langen Weg über einen Gang, der keinerlei Flucht- oder Versteckmöglichkeiten bot.

Bevor er die Tür öffnete sah er noch einmal nach Cora, diese nickte ihm bestätigend zu, jedoch verriet ihr Blick, dass auch sie mit allem, aber nicht mit einem wie ausgestorbenen Haus gerechnet hatte. Langsam legte er seine linke Hand auf die Klinke, mit seiner rechten zog er den Dolch, aus seiner Scheide.

Er schimmerte noch etwas rötlich, dies unterband aber keineswegs den Ausdruck, den diese Waffe besaß. Er war meisterhaft geschmiedet, daran bestand kein Zweifel. Über die Jahre hatte er kein bisschen an der Schärfe verloren, die er seit Anfang an besaß. In unzähligen Stunden war er immer wieder ins Feuer gelegt worden, gehärtet worden und wieder ins Feuer gelegt worden. Unendlich viele verschiedene dünne Schichten, so, dass man sie mit bloßem Auge nicht einmal ansatzweise erkennen konnten verliehen ihm absolute Bruchfestigkeit.

Langsam ließ er seine linke Hand sinken, die Tür vor ihm schwang lautlos auf. In der Mitte des Raumes stand ein ausladendes Bett mit wallenden Vorhängen, dahinter hörte er leise Atemgeräusche. Alles schien friedlich, dennoch blieb das ungute Gefühl, das etwas anders war, als es sein sollte.

Mit schnellen Schritten umrundete er das Bett und erblickte eindeutig den darin schlafenden Theodor. Er atmete beinahe vollkommen ruhig, scheinbar selig in seinem für alle Zeiten letzten Traum gefangen. Er lag seitlich von ihm abgewendet, es würde schnell gehen.

Genauso lautlos wie er das Zimmer betreten hatte, verließ er es auch wieder, nur ein dünner, dunkelroter Schimmer an der Stelle, an der sein Dolch in der Scheide verschwunden war verriet ihn. Nun galt es nur noch zu verschwinden, möglichst ohne, dass jemand in der Lage war, ihn oder Cora zu erkennen.

Er betrat den langen Gang, der wieder nach draußen führte, im selben Moment hörte er den Eulenruf. Dies alleine erregte jedoch noch nicht sein Misstrauen, es war ein Warnsignal, das ihn dazu veranlasste, wieder einen Schritt in das Zimmer hinein zu schlüpfen. Mit patrouillierenden Wachen hatte er sich mittlerweile abgefunden, es war nicht ungewöhnlich, dass Cora ihn durch den Eulenruf davor warnte, in dessen Sichtbereich zu gelangen.

Das beunruhigende war vielmehr, dass sie auf ihn zu gesprintet kam und hastig die Tür des Zimmers verschloss, aus dem er eben gehen wollte, nachdem sie ihn und sich selbst in das Zimmer geschoben hatte. Sie drängte ihn in die Ecke hinter der Tür, die nicht sofort ersichtlich war, wenn man sie öffnete und hielt ihm einen Finger auf den Mund, als Zeichen, dass er sich möglichst ruhig verhalten sollte. Einen verwunderten Gesichtsausdruck konnte er sich trotzdem nicht verkneifen, was sie mit einem leise gezischten „Später" kommentierte.

Ohne weitere Fragen zu stellen zog er erneut seinen Dolch und verharrte kampfbereit in der Ecke, Seite an Seite mit Cora, die sich so positioniert hatte, dass jeder, der das Zimmer betrat als erstes ihren Dolch in sich spüren würde.

Er hoffte jedoch, dass niemand diesen Fehler begehen würde, heute Nacht war bereits genug Blut geflossen. Es wäre töricht, zu glauben, man könnte es mit zwei Assassinen gleichzeitig aufnehmen. Die Frage war nur, ob das, was immer Cora dazu veranlasst hatte derart zu reagieren, auch mit Widerstand rechnete.

Immer noch hatte er keine Ahnung, ob nur eine Wache den falschen Weg eingeschlagen hatte, ob jemand Alarm geschlagen hatte oder ob es etwas völlig anderes war. Das einzige was er wusste, war, dass Cora offensichtlich große Angst davor hatte. Obwohl sie beinahe lautlos waren, spürte er ihren schnellen Atem, das gehetzte Pochen ihres Herzens. Auch wenn sie es niemals zugeben würde, er wusste um ihre Furcht.

Sekunden, nachdem sie sich hinter der Tür positioniert hatte, hörte er, wie im Haus laute Befehle geschrien wurden, mindestens 5 Männer kamen die Treppe hochgerannt. Die Geräusche ihrer Schritte wurden immer lauter, bis sie schließlich am oberen Ende angelangt waren. Ein Teil der Schritte entfernte sich wieder, wahrscheinlich gingen sie in die von ihm aus abgewandte Richtung des Ganges.

Der andere Teil kam jedoch eindeutig weiter auf sie zu, er hasste sich bereits schon jetzt dafür, was er gleich gezwungen war zu tun. Ein Ziel zu beseitigen war eine Sache, mehrere völlig Unschuldige jedoch eine ganz Andere. Es war nicht richtig, mit nichts moralisch erklärbar und dennoch konnte er nichts anderes tun. Er wurde zum töten ausgebildet, was hatte er erwartet?

Seitdem er um Coras Liebe wusste, und damit auch um seine, war jedoch ein wichtiger Aspekt ins Wanken geraten, dieser kam jetzt zum Tragen. Hätte ihn an jenem Tag damals Alwen nicht ihn und Cora aufgenommen, diese Männer müssten nicht ihr Leben lassen Er hätte selber anstatt von Alwen Schutz bei der Armee suchen können, dann würde er nun auf der anderen Seite stehen. Viele hatten eine Familie, eine Frau die sie liebte. Indem er die Wachen tötete, tötete er jemand anderen mit. Jemanden, der nichts mit dem zu tun hatte, der einfach nur dem Ruf der Liebe gefolgt war und dafür sollte er nun büßen.

Er wusste, dass er die Wachen nicht einfach so würde töten können, falls sie wirklich in das Zimmer kamen und das würden sie unweigerlich tun. Cora stand in unveränderter Haltung da, beinahe wunderte er sich über ihre Kaltherzigkeit, für einen kurzen Moment schien sie von einem eisigen Windhauch umgeben, der sämtliche Gefühle ausblendete und andere ebenfalls zu gefühlslosen Monstern machte.

Dann sah er sie wieder als die erhabene Assassinin, die sie war. Sie tat das was notwendig war, dafür sollte er ihr danken. Sie war schon immer stärker als er gewesen, jetzt spürte er wie er unter der Last der Gefühle zusammenbrach. Warum hatte nicht einfach alles wie geplant laufen können? Niemand Unschuldiges hätte sterben müssen und er könnte sie wieder in den Armen halten, ganz nah bei sich, könnte ihre Wärme spüren und sich getragen von der Kraft der Liebe zurücksinken lassen.

Wie automatisch ließ er seinen Dolch wieder in die Scheide zurücksinken, begleitet von einem beinahe unhörbaren metallischen Schaben. Cora blickte kurz über ihre Schulter zurück, er schüttelte nur leicht seinen Kopf. Es war ein Fehler das wusste er, sie hatten sich geschworen ihre Gefühle während dieses Auftrags auszublenden, er hatte es nicht geschafft und erhielt dafür nun die Rechnung.

Draußen hörte er einen Aufschrei, die Wachen hatten das aufgebrochene Fenster entdeckt. Der eisige Hauch des Todes kam unaufhörlich näher und er wusste, dass er nichts dagegen würde tun können. Vor vielen Jahren hatte es angefangen heute würde es enden. Für immer.

Nur langsam wurde sein Sichtfeld wieder klar, sein Kopf schien auf dreifache Größe angewachsen zu sein. Es schien beinahe unmöglich, dass seine Schultern ihn trugen. In seinen Händen lag ein rotes Schwert, einen Moment wunderte er sich über die ungewöhnliche Farbe, bis er bemerkte, dass es Blut war. Es lief von dem Schwert über seine Hände, bildete ein dünnes Rinnsal, das jedoch langsam versiegte.

Er ließ seinen immer klarer werdenden Blick über den Boden wandern, er hatte dieselbe Farbe wie das Schwert. Mehrere Männer lagen auf dem Boden, In einfacher Rüstung, als hätten sie sich in einem plötzlichen Anfall von Müdigkeit schlafen gelegt. Das einzige was diesen Gedanken störte, war, dass alle an mindestens einer Stelle einen großen roten Fleck an ihrer Rüstung aufwiesen.

In der Mitte des Raumes stand ein übergroßes Bett, dessen weiße Vorhänge bildeten einen beinahe hohnvollen Kontrast zu dem, was hier eben passiert war. Das Schwert ließ, er einfach aus der Hand gleiten, er würde es nicht mehr benötigen.

Hinter sich hörte er ein leises Wimmern, ein weiterer der das Leid beklagte. Es war in einer so hohen Stimmlage, dass es unmöglich von einem Mann ausgehen konnte, er sah keinen Anlass, das Schwert vom Boden wieder aufzuheben, es handelte sich also nicht um eine Wache.

Langsam drehte er sich um und erblickte eine Frau, die sich an eine der Wände stütze um nicht umzufallen. Sie war hübsch, ihr kupferfarbenes Haar hatte wahrscheinlich einmal im Sonnenlicht geglitzert, jetzt war es unordentlich durcheinander geworfen. Er sah die Spuren von Tränen, die aus ihren Augen gequollen waren, mittlerweile waren sie jedoch ausnahmslos versiegt.

„Sie waren unschuldig..." Seine Stimme war unsicher, jedes einzelne Wort hallte in seinem Kopf tausendfach wieder, es gab kein Entkommen. Die Frau, Cora, wie ihm nun endlich bewusst wurde, rang sich ein Nicken ab, wich seinem Blick jedoch aus.

Er ging vorsichtig auf sie zu und zog sie in seine Arme. Im ersten Moment unternahm sie einen leichten Versuch ihn abzuwehren, ließ die Berührung dann jedoch zu. Ihre Nähe tat gut, es gab nichts heilsameres, als sie einfach bei sich spüren zu können. Jeder einzelne ihrer Herzschläge wurde von seiner Brust aufgenommen, es war der Rhythmus seines Lebens. Sie gab den Takt vor, ein unaufhörliches Schlagen, er konnte nicht einfach aufgeben.

Ihr heißer Atem strich über seinen Nacken und hinterließ beinahe schmerzhafte Verbrennungen. Er wusste, dass sie beide all diese Leben ausgelöscht hatten, mit jedem Toten noch ein zweites, eventuell sogar noch mehr.

Um die Gilde zu schützen, eine Institution, der ihnen beiden den wichtigsten Teil des Lebens vorenthalten hatte und für immer gegen ihre Liebe vorgehen würde, hatten sie Menschen getötet, Unschuldige, die nie etwas davon auch nur geahnt hatten.

Langsam befreite sich Cora wieder aus seiner Umklammerung, nur widerwillig löste er seine Umarmung. „Wir sollten gehen...", sagte sie, es klang wie ein Todesurteil. „Versuche dich wenigstens für einen Moment wieder zu besinnen. Blende alles aus, so wie wir es gelernt haben." Er spürte, wie schwer ihr diese Worte fielen, in ihr tobte ein schrecklicher Krieg, an ihren Händen klebte Blut. Blut, dass sie beide nie mehr würden vergessen können.

„Was passiert danach? Macht es einen Unterschied?" Seine Worte trugen Hoffnungslosigkeit, tief in seinem inneren spürte er jedoch wieder etwas aufsteigen, was er geglaubt hatte für immer vergessen zu können: Leere. Er spürte, wie sich sein inneres jedem einzelnen Gefühl entledigte, es schloss sie ein bis sie in seiner eigenen inneren Kälte erfroren waren. Es tötete jede Empfindung, doch es half zu vergessen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Das Einzige, was wichtig war, war das Ziel, kühle Berechnung und kalte Effektivität war alles was zählte.

„Ich weiß es nicht, nur eines weiß ich: Alles was existiert ist sehr leicht zerbrechlich, viel zu leicht." Auch in ihre Augen war ein Ausdruck von kalter Entschlossenheit getreten, ihre Stimme war mit einem Mal selbstsicher und fest geworden. Ohne der Szene noch einen weiteren Blick zu würdigen hatte sie sich von einer gebrochenen Frau wieder zu einer kalten Assassinin gewandelt, sie ging auf leisen Schritten zur offen stehenden Tür hinaus, er folgte ihr auf die gleiche Weise.

Der Weg von dem Anwesen herunter würde kein großes Problem mehr darstellen, die meisten, die sie daran hindern konnten waren tot. In einem Winkel seines Verstandes wunderte er sich, dass die restlichen Bewohner scheinbar immer noch zu schlafen schienen, als hätten sie von alledem nichts mitbekommen. Wahrscheinlich versteckten sie sich jedoch in ihren Zimmern, in der Hoffnung alles nur zu träumen. Irgendwie konnte er sie verstehen.

Irgendwie war es selbstverständlich gewesen, dass sie sich am Gildenhaus trennten. Sie hatten es immer so gehalten. Sie bestätigten, dass sie ihren Auftrag ausgeführt hatten und gingen dann zu ihren Unterkünften. Es war die ganzen letzten Jahre so gewesen, heute jedoch ließ es ihm keine Ruhe. Er brauchte sie, benötigte auf irgendeine Weise Halt, um nicht zusammenzubrechen.

Er lag auf seinem Bett und versuchte die Augen zu schließen, im heilsamen Schlaf vergessen zu können, oder jedenfalls akzeptieren. Er wusste dass es notwendig gewesen war, davon war er mittlerweile überzeugt. In einem offenen Kampf gegen die Gilde, der durch Theodor kurz davor war auszubrechen, gäbe es deutlich mehr Opfer.

Eine Geschichte aus seiner Ausbildung kam ihm in den Sinn, von damals, als seine Welt noch unschuldig war:

Den ganzen Tag hatten sie mit Stöcken trainiert, immer wieder war er von Cora besiegt worden. Ein ums andere Mal schaffte sie es, seinen Stock aus der Hand zu schlagen oder ihm ihren an den Hals zu halten. Doch er hatte nicht aufgegeben, immer wieder hatte er seinen Stock wieder aufgehoben, sie erneut herausgefordert. Den letzten Kampf hatte er gewonnen. Der Triumpf war ihm ins Gesicht geschrieben, als Cora mit einem etwas verwunderten Gesicht ohne Waffe dastand.

Alwen hatte die ganze Zeit zugesehen, ohne ein Wort zu sagen. Sie sollten ihre eigenen Erfahrungen machen, wie man sich am besten verteidigte. Als er jedoch am Ende des Tages endlich gewonnen hatte sich über seinen Sieg freute, war er eingeschritten und hatte die Übungsrunde für beendet erklärt.

Er hatte sich zu ihnen gewendet und sehr eindringliche Worte gesprochen, die sich bis heute in sein Gedächtnis gebrannt hatte:

„Es ist wichtig, sich verteidigen zu können, ihr werdet manchmal in Situationen geraten, in denen ein Kampf unvermeidlich ist. Merkt euch jedoch eins: Ein Kampf ist stets der letzte Ausweg, er ist die letzte Möglichkeit ein oder mehrere bestimmte Leben zu schützen, geht jedoch immer auf Kosten eines anderen. Ein Sieg darin ist niemals ein Grund zur Freude, er ist lediglich das Zeichen des Erfolgs, jemanden zu schützen. Es gibt nichts, was die Leere, die ein Verstorbener in eine Familie hinterlässt, ersetzen könnte, es gibt nur höhere Ziele, für die es sich lohnt, ein Leben zu opfern. Dieses Ziel besteht stets darin, andere Menschen zu schützen, sollte es jemals anders sein, werdet ihr dies niemals entschuldigen können. Zeigt niemals Freude über einen Toten, fühlt euch lediglich in eurer Rolle als Beschützer bestätigt, denn nichts anderes seid ihr, Beschützer des höchsten Gutes: Leben.