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Alle Kommentare zu 'Aus meinen Erinnerungen 01'

von SharkZman

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  • 2 Kommentare
Auden JamesAuden Jamesvor etwa 9 Jahren
Eine nette „Erinnerung“ (ohne Anführungsstriche der Sinn dieses Worts an dieser Stelle fraglich wäre)

Es ist und bleibt mir ein Rätsel, was die diversen Schreiber und Möchtegernautobiographen auf dieser und anderen Seiten mit ihren Alles-real-erlebt- bzw. Wahrheitsbeteuerungen zur Einleitung ihrer Texte zu erreichen suchen bzw. hoffen. Soll dies den geneigten Leser etwaige logisch-wahrscheinliche Unwahrscheinlichkeiten bzw. Unmöglichkeiten vergessen machen? Soll dies ihn dazu bewegen, den Text nicht als das zu nehmen, was er ist, nämlich – im besten Fall – eine fiktionale G e s c h i c h t e, sondern ihn als – de facto? – historisches Dokument zu (er)achten? Soll dies also schlussendlich nichts anderes sein als ein Immunisierungsmanöver gegen unliebsame Kritik? – ...

Wie dem auch sei, ich habe bislang und werde mich auch in der Zukunft nicht von derlei auktorialen Kundgaben beeindrucken oder daran hindern lassen, fiktionale Texte als Fiktion zu erkennen und als solche zu kritisieren. So und nicht anders auch im vorliegenden Fall, an dem von jener einleitenden Wahrheitsbeteuerung abgesehen zunächst die Bitte um „Nachsicht, was Stil, Grammatik und Rechtschreibung angeht[,]“ negativ auffällt, denn üblicherweise lassen Texte von Autoren, die den geneigten Leser mehr oder minder durch die Blume auffordern, etwaige gefundene Fehler getrost für sich behalten zu können, nichts Gutes in Sachen erzählerischer Hingabe vermuten.

Nun, und das ist eine positive Überraschung, diese Vermutung wird durch den vorliegenden Text nicht bestätigt, oder zumindest nicht vollends. Davor bewahrt ihn das erzählerische Moment, das im Zulauf auf das erotische Dénouement zusehends an Gewicht zulegt, was den Aufzählcharakter des Anfangs, der stichpunktartig die bisherige Lebens- und Liebesgeschichte des Protagonisten rekapituliert, ohne dass der geneigte Leser für diesen zu diesem Zeitpunkt überhaupt schon ein eigentliches Interesse hätte entwickeln können, weshalb der Text sich weniger wie eine Geschichte aus dem Leben als vielmehr ein zusammenfassender Bericht anlässt. Glücklicherweise überwinden Autor und Text dieses Stadium, das so manchen neuen vorgeblich autobiographischen LIT-Schreiber zu befallen scheint (vgl. als eines der jüngsten Beispiele auf LIT„NeugiergeW64“), sobald die Protagonistin das erste Mal auftritt und der stichpunktartige Hintergrundbericht durch unproduktive Abendessen und nervtötende Stadionbesuche abgelöst wird, worin ein Hauch von Welthaltigkeit liegt (den eine nicht zu unterschätzende Anzahl anderer LIT-Text schmerzlich vermissen lässt). Die dem Text innewohnende Einsicht das „Erobern“ des weiblichen Geschlechts betreffend unterstreicht diesen Eindruck am Ende auf bemerkenswerte Art und Weise. Das passt!

Weniger passt des Öfteren die Sprache, aber da dies den Autor nach eigener Aussage eher weniger interessieren wird, verzichte ich an dieser Stelle auf eine eingehendere Erörterung stilistischer Fragen sowie spezieller OGI-Nachlässigkeiten (wobei ich das vielleicht brutalste Vergehen an der deutschen Sprache im vorliegenden Text, das „[b]esonders gefallen tat [sic!] mir eine Azubine“ aus Abs. 4, nicht unerwähnt lassen kann und will). Insgesamt liegt die sprachliche Gestaltung trotzallem ein lesbares Stückchen über dem Niveau vieler Texte der letzten Tage, was aber, zugegeben, auch nur deren nachgerade durchweg unterirdischem Niveau geschuldet sein mag. Es langt jedenfalls hin, um insbesondere der Verwicklung auf dem Sitzsack einen gewissen erotischen Reiz zu verleihen, obgleich die ungebrochene Potenz des Protagonisten mit der eingangs beteuerten Wahrhaftigkeit der Angelegenheit – mal wieder – nicht so richtig zusammenpassen will. Aber davon abgesehen: nicht völlig unglaubhaft und also auch nicht schlecht!

Es wird zukünftigen Texten zu entnehmen sein, ob in „SharkZman“ ein Erzähler steckt – oder er es beim Berichten belässt.

Fazit: Ein Text, der an und für sich genommen nicht im eigentlichen Sinne herausragend zu nennen wäre, aber aufgrund des niveautechnischen Tiefstands der jüngsten Zeit im dt. LIT dennoch herausragt (nämlich im Vergleich zum sonstigen Angebot). Kann man lesen!

–AJ

PS: Dass einem der zweifelsohne besseren Texten der letzten Tage noch nicht ein Kommentar gewidmet wurde, während über ausgemachten Mist wie „Die Zeit steht still 01“ sich lustig das Maul zerfetzt wird, spricht Bände über den aktuellen Zustand des dt. LITs.

Auden JamesAuden Jamesvor etwa 9 Jahren
∴ { ◊ • 1 ½ STERNE • ◊ }

≍ EQ 10

[W = {x ∈ ℤ | -1 ≤ x ≤ 50} ∧ Q(0,5) = 15 ∧ σ ≈ 8,5]

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