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Unpassende Momente 03 Neu & Komplett

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„Wir sind da Miriam. Wir sind bei dir. Aber jetzt bin ich trotzdem mal kurz weg. Ich möchte noch Waschzeug holen und Melli versucht derweil deine Eltern zu erreichen."

„Und ich", unterbrach Fr. Dr. Beyer mit freundlich warmer Stimme meinen Redefluss, „ich werde jetzt in fliegendem Wechsel übernehmen und dich noch eins, zwei Mal etwas piesacken, dann laufen die Infusionen auch schon und du wirst dich schnell besser fühlen. Wirklich besser!"

Ich lief schnell in die Küche und öffnete die Tür. Pia, Charlie Achim und Sabine saßen mit meiner Mutter Maria um den großen Frühstückstisch herum und blickten mich sorgen- und erwartungsvoll an.

Ich nickte allen nur kurz zur Begrüßung zu, lief zielstrebig zu einem der Schränke und schnappte mir eine größere Salatschüssel aus Plastik. Dann verschwand ich auch schon wieder in Richtung des kleinen Gästebades, wo ich mir schnell warmes Wasser mit einem tüchtigen Spritzer Duschgel, zwei Waschlappen und zwei größere Handtücher mitnahm und schon war ich auch wieder im Wohnzimmer.

„Paps, ich hab leider niemanden erreicht -- nur AB und Mobilbox. Weder auf dem Festnetz, noch auf den Handys meldete sich jemand. Miriam meinte wohl, dass sie wahrscheinlich wieder im EZB Bau seien. Da wären auch am Wochenende immer irgendwelche Meetings mit der Bauaufsicht. Deswegen wären wahrscheinlich auch die Telefone von Beiden abgestellt.

Ich habe es auch noch mit zwei Zentralnummern versucht, aber da waren nur Bandansagen"

„Das klingt jetzt ziemlich frustrierend, aber ich habe beinahe damit gerechnet. Ich muss mich wohl damit abfinden, dass meine Eltern in Wirklichkeit wohl „Geister" sind.", warf Mia mit einem süffisanten Lächeln ein.

Sarkasmus gepaart mit schwarzem Humor. Ein gutes Zeichen, das war die alte Miriam, die da durchschimmerte, aber ich nahm mir vor, wenn das hier alles vorbei wäre, würde ich mal ein paar offene Worte mit ihren Eltern wechseln wollen.

Fr. Dr. Beyer hatte bereits die Nadeln gelegt, meine Tochter hielt zwei Infusionen und die Ärztin zog ein paar Medikamente auf. Pia stand auf der Straße um auf den Rettungsdienst zu warten.

Ich stellte die Waschschüssel neben ihr ab.

Die Ärztin nickte mir kurz anerkennend zu. „Eine wirklich sehr gute Idee!"

Miriam versuchte sich aufzusetzen, zog sich das verschmutzte Sleepshirt über den Kopf und versuchte mit dem freien Arm sich den Waschlappen aus der Waschschüssel zu nehmen. Aber das war ein wenig viel für sie. Sie legte sich direkt wieder um.

„Ich schaffe es einfach nicht mehr." Tränen standen in Miriams Augen.

Ich sah meine Tochter fragend an und sie schüttelte leicht den Kopf.

Auch sie hatte Tränen in den Augen. Sie war bereits sichtlich jenseits ihrer Belastungsgrenze.

Ich spielte kurz mit dem Gedanken, meine Mutter zu rufen, doch Miriam hielt mir den Waschlappen hin:

„Kannst du?"

Ich nickte.

Ich nahm den Waschlappen und arbeitete mich schnell und konzentriert von Oben nach Unten vor. Immer im Wechsel den nassen Waschlappen und das Handtuch verwendend. Dann näherte ich mich der Becken- Bauchregion. Ich drehte sie kurz von mir weg zur Seite, legte die zweite doppelt gefaltete frische Decke unter sie, damit sie sich nicht wieder mit dem Schmutz vom dem nunmehr verdrecktem Sofa besudeln musste. Ich übersprang zunächst den am stärksten verschmutzen Intimbereich und wendete mich den Beinen zu, um mich jetzt nach oben zu arbeiten.

Endlich war ich auch im letzten Abschnitt angekommen und fing nun an den Bauch-, Po Becken und Intimbereich von Stuhlgang, Urin und großen Mengen geronnenen Blutes zu reinigen.

Dabei wischte ich erst mal die groben Verunreinigungen mit den Küchenhandtüchern weg und warf alles auf den Beistelltisch, bevor ich wieder zu dem Waschlappen griff um sie gründlicher zu reinigen.

Miriam war es wohl schrecklich unangenehm und sie weinte.

Ich dachte, sie weine nicht vor Schmerz, sondern vor Scham, weil es ihr peinlich war, aber vor allem, weil sie sich in dieser Situation so völlig hilflos und schutzlos ausgeliefert fühlte und fühlen musste.

Ich stützte sie mit dem linken Arm locker in ihrer Seitenlage und versuchte über meine Hand; über den Körperkontakt Ruhe zu übertragen und - soweit ich konnte - auch Trost und Beistand zu spenden.

„Es ist dir unangenehm, soll ich lieber aufhören?" Ich sprach so sanft und einfühlsam, wie es mir in dieser Stresssituation möglich war.

„Bitte hör nicht auf, so soll mich niemand sehen. Mach bitte weiter. Ich schäme mich so, aber ich kann mich nicht mehr selbst sauber machen." Ihre Stimme klang für meinen Geschmack ein wenig zu brüchig.

Fr. Dr. Beyer nahm sich schnell den oben liegenden Arm, tätschelte ein wenig die Hand und gab in rascher Folge ihre vier vorbereiteten Spritzen in eine der Infusionsnadeln.

Dann half sie mir Mia zu stützen und reichte mir Küchenhandtücher, Waschlappen und die frischen Handtücher zum Abtrocknen.

„Mädchen, gleich geht es dir etwas besser. Ich habe dir gerade ein paar Medikamente gespritzt."

Aus der Ferne hörte man Sirenen die zunächst noch leise klingend, rasch lauter wurden. Ich schloss meine Anstrengungen ab. Nahm eine von Vaters Notfallwindeln... seit seiner Prostataoperation vor vier Jahren, benötigte er dann und wann mal nachts eine Windel. Wir hatten deswegen immer ein paar frische vorrätig.

Fr. Dr. Beyer nickte mir ermutigend zu.

„Du Miriam, ich ziehe dir jetzt eine Windelhose an. Ich denke, sie nimmt erst mal alles auf, wenn noch etwas kommen sollte. Aber vor allem wird sie dir etwas Sicherheit, Schutz und Würde und damit Kontrolle zurück geben."

Sie nickte schwach. Dann drehten wir sie zurück auf den Rücken. Ich zog sie ein wenig hoch. Miriam war wirklich schwach und Frau Fr. Beyer zog ihr das frische Sleepshirt über, was sich mit den beiden Infusionsnadeln im Arm, als gar nicht so einfach erwies.

Es kamen ein Rettungswagen und ein Notarzt. Miriam wurde mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht. Wir fuhren beim Rettungsdienst mit, auch weil Miriam auf direkter Begleitung bestand. Und der Notarzt war der Meinung, ich wäre Miriams Vater. Ihm fiel auch nicht auf, dass Miriam bereits volljährig war.

Weder Miriam, noch Melanie oder ich korrigierten ihn und so ließen wir alle in diesem Glauben und konnten damit auch nicht ausgeschlossen werden.

Im Krankenhaus angekommen stellte der Gynäkologe, der sie sofort untersuchte, fest, dass Miriam eine Endomytriose hatte - für Nichtmediziner: Eine teilweise Ablösung der Gebärmutterschleimhaut. Deswegen kamen diese extremen Blutungen zu Stande. Und Miriam musste umgehend operiert werden.

Ursache war eine Narbenbildung. Er meinte, irgendein Ereignis müsse vor Jahren, zu fürchterlichen inneren Verletzungen der Scheide bis hoch zur Gebärmutter geführt haben und die Narben, die sich daraufhin gebildet hätten, wären nun geschrumpft. Die extrem starke und zu früh einsetzende Periode (das Abstoßen der oberen Schichten), hätte zu Rissen und damit eben zur Teilablösung der tiefen Schichten der Gebärmutterschleimhaut und diesen lebensgefährlichen Blutungen geführt.

Ich bin ein extrem friedliebender Mensch, aber in diesem Moment hasste ich ihren Exfreund aus vollstem Herzen!!!

Und ich nahm mir sehr fest vor, auch mit ihm noch ein Gespräch zu führen. Anders als bei Miriams Eltern, würde dieses aber hochgradig unerfreulich für ihn werden.

Miriam bekam gleich hintereinander vier Blutkonserven. Ihre Werte waren wirklich grottenschlecht. Aber es ging ihr daraufhin deutlich besser, sie fühlte sich rasch wieder etwas kräftiger und bekam endlich wieder etwas Farbe im Gesicht.

Aber sie hatte totale Angst vor dem gleich anstehenden, aber notwendigen Eingriff.

Und auch Angst, davor, nie wieder Kinder bekommen zu können.

Aber noch mehr hatte sie panikartige Angst vor der Narkose. Denn damit war auch immer Kontrollverlust verbunden und damit Ungewissheit, was passiert wäre.

Allen Bemühungen zum Trotz, hatten wir immer noch keinen Kontakt zu Miriams Eltern aufbauen können. Schließlich sagte ich Melanie, sie solle einfach aufgeben.

Ich kontaktierte meinen Vater und schickte ihn - ohne Pampers, die brauchte er heute nicht - nach Frankfurt zur alten Großmarkthalle, dem neuen EZB Zentralbankbau. Versorgt mit den Telefonnummern, war ich mir sicher - er würde Miriams Eltern früher oder später auftreiben. Ganz sicher!

Mein Vater konnte wie ein Bluthund sein und ich war der Meinung, wir waren mit der momentanen Situation schon mehr als genug beschäftigt. Definitiv aber waren wir zu beschäftigt, um uns auch noch auf der Suche nach „Geistern" zu begeben.

Direkt danach sprach ich kurz mit dem Gynäkologen und dem Anästhesisten. Ich schilderte, was ich über diese Nacht mit dem Ex Freund wusste; auch dass mir Miriam offensichtlich verschwiegen hatte, wie ausgeprägt die Verletzungen in Wirklichkeit damals gewesen sein mussten.

Und dass die damaligen Verletzungen wirklich extrem waren, bestätigte mir der Gynäkologe völlig offen und eindeutig. („Was hatten die mit dem Mädel gemacht? Was hatten die ihr alles eingeführt? Das war nicht nur eine Vergewaltigung! Da mussten regerechte Zerreißungen stattgefunden haben. Haben die Gegenstände da eingeführt?")

Ich bat ihn, in Miriams Interesse das Ganze sorgfältig zu dokumentieren; so möglich Fotos auch von den Narben zu machen, um nötigenfalls im Nachgang noch eine Handhabe zu haben.

Mein Respekt vor Miriam wuchs mit jedem Moment. Mit diesen Verletzungen an den nächsten Tagen in die Schule zu gehen, aus Scham niemanden etwas zu sagen und so zu tun, als ob alles „normal" wäre.

Verdammt hart!!!

Verdammt hartes Mädchen.

Es wurde kurz unter den Ärzten beratschlagt. Jeder hatte Verständnis dafür, dass man versuchen wollte, eine Vollnarkose um jeden Fall aus Rücksicht auf Miriams Psyche zu vermeiden.

Man entschied sich für eine Rückenmarksanästhesie, sodass sie während des Eingriffs bei Bewusstsein bleiben konnte. Ich als ihr „Vater" durfte natürlich - wie von ihr gewünscht - „ausnahmsweise" dabei sein.

Miriam hätte das sonst auch nicht überstanden, sie drückte die ganze Zeit meine Hände, als ob es Schraubstöcke seien.

Melanie wartete währenddessen ungeduldig in der Cafeteria des Krankenhauses. Sie war mit ihren psychischen Kräften am Ende und hätte ihrer Freundin beim OP definitiv nicht beistehen können.

Der Eingriff verlief aber optimal und das waren endlich zur Abwechslung mal ein paar positive Nachrichten.. Zwei Stunden später lag Miriam auf ihrem Zimmer. Das zweite Bett war unbesetzt. Wir saßen bei ihr und unterhielten uns ein wenig. Sie wirkte gelöst, aber hundemüde und aus ihrem Blick sprach neben der Erschöpfung auch eine tief empfundene Dankbarkeit. Gegen kurz vor vier tauchte mein Vater mit Miriams Eltern auf.

Ich dankte meinem Vater kurz und er wünschte Miriam eine gute Besserung und sagte er wolle in der Cafeteria auf uns warten. Wir müssten ja schließlich wieder irgendwie nach Hause kommen.

Miriams Vater starrte mich an, als ob ich den momentanen Zustand seines Kindes alleine zu verantworten hätte.

Und dann obendrein noch die Dreistigkeit, mich als ihren Vater auszugeben!

Er hatte einen Tunnelblick. Und er begriff in diesem Moment einfach nicht, dass das was wir getan hatten und wie wir es getan hatten, genau das war, was in diesem Moment notwendig und im Sinne seines Augensterns gewesen ist.

Offensichtlich waren wir für ihn in diesem Moment die Wurzel allen Übels. Miriam würdigte er nur mit einem kurzen Blick.

Er wurde erst schlagartig etwas ruhiger, als ich mich aufrichtete, denn auch ich konnte mit meiner Größe und Masse, mit dem langen schwarzen Bart und den buschigen Augenbrauen verdammt bedrohlich aussehen und wirken.

Melanie, die Miriams Seite nicht verließ und er blieben im Zimmer mit Miriam zurück, während ich mir ihre Mutter krallte.

Miriam hatte mich in weiser Voraussicht gebeten, mich erst mit ihrer Mutter zusammen zu setzen, sie kurz ins Bild zu setzen, aber ihr selbst die notwendigen langen Erklärungen erst einmal zu ersparen. Das bezog ausdrücklich auch die Geschichte mit ihrem Ex mit ein, was mir nur Recht war. Der Vater schien mich tatsächlich für den Zustand verantwortlich zu machen.

Ich führte ein sehr langes und sehr gutes Gespräch mit ihrer Mutter. Ein Gespräch, das wir zeitnah auch gemeinsam mit ihrem Vater fortsetzen wollten.

Wir gingen zurück ins Zimmer. Meine Tochter und ich verabschiedeten uns von Miriam, die jetzt erleichtert und glücklich dreinblickte. Wir umarmten sie und versprachen, am nächsten Tag wieder zu kommen.

Vorher nahm Miriam allerdings meiner „Kleinen" noch das Versprechen ab, Grünweiß Gießen ´ne gehörige Klatsche zu verpassen und den Aufstieg zu sichern.

Miriams Vater staunte nicht schlecht, als mich seine Frau zum Abschied tränenüberströmt ebenfalls umarmte und sich bei uns beiden überschwänglich bedankte. Das drang dann aber ehrlich gesagt auch erst im Nachgang so langsam zu mir durch.

Es war jetzt halb sechs am Abend. Ich hatte den ganzen Tag noch nichts gegessen. Und, was für mich fast noch schlimmer war, auch keinen einzigen Schluck Kaffee trinken können. So hatte ich mir den Tag, der so vielversprechend angefangen hatte, bei weitem nicht vorgestellt.

Wir saßen bei meinem Vater im Auto, fuhren langsam in Richtung Heimat und Melli und ich waren ziemlich platt und kaputt.

„Roland", setzte mein Vater zu einem seiner kleinen „Monologe" an, wohlwissend, wie wir gerade „unterwegs" waren

„Roland, das war ein gutes Stück Arbeit, an die Eltern von der Armen ran zu kommen. Die Security am Eingang wollte mich nicht rein lassen. Die mussten erst ihren „Supervisor" rufen. Der kam dann irgendwann und verschwand auch gleich wieder, nachdem ich ihm kurz umriss, warum ich die Eltern suchte."

Er atmete tief durch, quasi um uns damit zu zeigen, wie viel Geduld diese Aktion gekostet hatte.

„Es dauerte eine halbe Stunde, dann kam dieser Knispel wieder und sagte, er wüsste jetzt wo die Sitzung stattfände, aber die Pettersons dürften nicht gestört werden. Ich sagte ihm, dass mich das jetzt nicht interessiere. Dass Gefahr im Verzug sei und er sich gerade strafbar mache - musste halt etwas auftragen.

Und wenn er die Eltern jetzt nicht sofort verständigen würde, dürfte er sich gleich mit den Kollegen der Polizei auseinandersetzen, denn schließlich sei die Kleine ja noch minderjährig und bräuchte ihre Erziehungsberechtigten. Gut ich weiß ja, dass das nicht stimmte. Aber das wussten die doch nicht!

Es dauerte wieder zwanzig Minuten, bis die beiden Pettersons wie aufgeschreckte und hysterische Hühner auftauchten und beide auf mich einredeten; wie Wasserfälle waren die. Ich kam gar nicht zu Wort.

Ich hab sie einfach in meinen Wagen verfrachtet, denn die waren beide durch den Wind. Eine Fahrt zum Krankenhaus hätte wahrscheinlich den einen oder anderen Werkstattbesitzer glücklich gemacht."

Er gluckste ein wenig vor sich hin. Ich nickte ihm dankbar zu und Melli klopfte ihm vom Rücksitz aus leicht auf die Schulter.

„Die Kleinen sind bei uns und werden auch heute Nacht bei uns schlafen. Dann habt ihr mal etwas Ruhe. Maria hat mit Melanies Freundinnen klar Schiff gemacht. Das Sofa steht jetzt in der Garage; leider ein Fall für den Sperrmüll. Ein paar der Decken und Kissen werden wir wohl ebenfalls entsorgen können."

Er setze den Blinker und konzentrierte sich einen Moment auf ein etwas engeres Abbiegemanöver.

„In der Sauna haben wir auch klar Schiff gemacht und das Geschirr ist gespült und weggeräumt. Die Mädels sind gegen drei Uhr gegangen und waren nach Eurer Rückmeldung von der gut verlaufenen Operation wirklich erleichtert. Du sollst sie aber bitte noch kurz anrufen, Melli. Die sind wirklich nett.

Maria war mit den Kleinen kurz für zwei Runden in der Sauna. Sie hat den Ofen angelassen und euch eine große Kanne Eistee mit Melisse - Minze im Saunakühlschrank deponiert. Wir haben euch auch was Gutes zum Essen hingestellt. Eine Thermoskanne Kaffee und ein paar Stücke belegter Erdbeerboden stehen zum Nachtisch direkt daneben."

Ich war meinen Eltern in diesem Moment sehr, sehr dankbar. Mein Magen knurrte und zu Hause war alles getan.

Eine ein dreiviertel Stunde später saßen Melanie und ich am Tisch in der Sauna. Wir hatten die Tür und das Fenster geöffnet, sodass frische Luft vom Saunagarten her in den Vorraum eindringen konnte. Es war heute ein ungewöhnlich warmer und regelrecht drückender Abend, wenn man bedenkt, dass es erst Frühjahr war.

Meine Mutter erwartete uns mit dem Essen in der Sauna, wir berichteten wie der Tag gelaufen war und dann verabschiedeten sich meine Eltern auch schon zeitnah, um uns etwas in Ruhe zu lassen.

Melanie hatte kurz mit Charlie, Pia und Ralf, ihrem Trainer, telefoniert und die Mädels über den aktuellen Sachstand informiert; selbstredend aber die zu Grunde liegende Ursache aussparend.

Während des Essens kam kein größeres Gespräch zu Stande. Wir hingen einfach so unseren Gedanken nach.

Aber das Essen war wirklich sehr, sehr lecker. Meine Mutter hatte einen Schweineschulterbraten mit Serviettenknödeln und Schwarzwurzelgemüse gekocht und die große Karaffe mit dem Eistee war in Rekordzeit geleert.

Solchermaßen gestärkt zogen wir uns schnell und routiniert aus, Melanie griff schnell nach ein paar Handtüchern (Handtücher und Bademäntel waren auch schon gewaschen und ergänzt; meine Mutter war wirklich eine „Bank"). Ich stellte etwas ruhige klassische Musik ein; Chopin, ein paar Nocturnes, verspielt und ruhig vor sich hin plätschernd.

Etwas Wasser in den Aufgusseimer, einen tüchtigen Schuss reinätherischen Orangenöls und da ich bei dem Öl gerade auch die Flasche mit dem Honig stehen sah, nahm ich den Honig auch direkt mit, in die Sauna.

Melli erwartete mich schon; sie hatte mein Handtuch direkt neben sich gelegt. Die Sauna war mit 80 Grad nicht allzu heiß angesteuert. Ich gab ein paar Kellen mit dem verdünnten Orangenöl auf die heißen Steine - es zischte - und sofort breitete sich ein warmer milder und sehr fruchtiger Duft nach frischem Orangenhain in der Sauna aus.

Ich wedelte nicht. Der Stress begann sich mit der ersten Kelle bei mir zu lösen.

Das war wie ein Ritual.

Melli sah mich an und schlug locker mit ihrer linken Hand neben sich auf mein Handtuch, um mir (wie heute Morgen) verstehen zu geben, dass ich mich setzen sollte.

Ich sah es ihr an. Irgendwas beschäftigte sie; arbeitete in ihr, nagte und quälte sie.

„Miriam geht es schon wieder etwas besser. Sie wird bald wieder auf dem Damm sein. Es war wohl heute alles ein wenig viel für Dich. Ich bin auch ziemlich platt", leitete ich das Gespräch ein.

„Paps, das ist es nicht allein. Ich hab das Gefühl, als sei ich auch zum großen Teil mit schuld daran. Miriam sollte eigentlich, wie immer, bei mir schlafen und nicht auf der Couch. Gut, sie merkte ihre Tage kamen und wollte mich nachts nicht stören, aber hätte ich nicht bei dir geschlafen und schlafen wollen", sie unterbrach sich einen Moment.

„Ich hätte ihr widersprochen und es ihr ausgeredet, wenn ich nicht gestern Abend vorgehabt hätte zu dir zu kommen. Aber ich wollte ja zu dir und sie hätte doch sofort gemerkt, wenn ich nicht mehr ins Bett zurückgekommen wäre."

Sie schluchzte unterdrückt auf.

„Wäre sie heute Nacht bei mir gewesen, dann hätte ich es doch frühzeitig gemerkt; dass es ihr nicht gut geht. Und es wäre gar nicht erst so weit gekommen.

Ich fühle mich gerade so richtig schuldig und habe Miriam gegenüber ein total schlechtes Gewissen."

Jetzt wurde mir so Einiges klar.

Sie machte sich für das, was heute Morgen passiert war mitverantwortlich!

„Melli, du darfst alles, nur darfst du dir deswegen keine Vorwürfe machen. Was wäre gewesen, wenn wir gestern Abend keinen Saunaabend gemacht hätten? Dann wäre Miriam nach dem Training nach Hause gegangen, hätte sich ins Bett gelegt und hätte morgens festgestellt, dass ihre Eltern gar nicht da gewesen wären, um zu helfen. Vielleicht ginge es ihr dann jetzt noch schlechter. Vielleicht wäre sie dann aber jetzt auch tot. Das klingt hart, aber ich meine es so."