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Alle Kommentare zu 'Die Buchlesung Teil 01'

von Wespe

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  • 7 Kommentare
Auden JamesAuden Jamesvor etwa 8 Jahren
Fantasie und Wirklichkeit

Ich war gespannt, als ich diesen neuen Beitrag der „Wespe“ in der Veröffentlichungsliste fand, welche erzählerische Richtung sie in dieser Geschichten wohl einschlagen würde, nachdem sie sich mit ihrer „Schwesternliebe“ auf – für ihre Verhältnisse – zuletzt eher düsteres Terrain vorgewagt hatte. Nun, die Antwort, denke ich, liegt nach der Lektüre dieser „Buchlesung“ auf der Hand: Regression scheint angesagt, denn die Entwicklung schreitet rückwärts; anstelle gewichtiger Themen wie dysfunktionaler Familien und gescheiterter (Liebes-)Lebensentwürfe treten leichtgewichtige Groteskerie und sprachliche Schludrigkeit.

Um mit letzterer, die detaillierte Betrachtung erfordert, zu beginnen: Der Text ist – leider! – durchsetzt von vielen OGI-Nachlässigkeiten, die in ihrer Häufung den Lesefluss empfindlichen stören. Zu Illustrationszwecken seien ein paar der harmloseren kurz angeführt: „Myrre“ statt Myrrhe, „fein adrig“ statt feinadrig (überhaupt scheint die Getrennt- und Zusammenschreibung die Autorin im vorliegenden Text vor unüberwindbare Probleme zu stellen) und – typisch „Wespe“, die in fast jedem Text irgendeinen unfreiwillig komischen Buchstaben- und Bedeutungsdreher unterbringt – „Wertegang“ statt Werdegang. Dazu kommen überflüssige Zeitfehler („Während er den kleinen Baum grob und unwillig aus seinem Drahtgeflecht zerrte, träumt [sic!] er von Andreas Füßen.“) und indirekte Wahrnehmungen („Er fühlte, wie sich bei diesem Anblick seine Eier zusammenzogen, sein Sperma brodelnd und überkochend in das bereit gehaltene Papiertaschentuch spritze.“/„Mark konnte kaum wahrnehmen, wie er das Zimmer betrat.“), die grundsätzlich – im Interesse eines ununterbrochenen und unmittelbaren Erzählflusses – vermieden werden sollten. Des Weiteren sind unsaubere Formulierungen zu nennen, die beim aufmerksamen Leser sogleich für Irritation sorgen, z. B.: „Laut stöhnend, auf die Ellenbogen gestützt, bewegte sich Andreas weit gedehnte Möse jetzt auf seiner Hand.“ Die Konstruktion des Satzes impliziert, das „Andreas weit gedehnte Möse“ über Ellenbogen verfüge und auf diese gestützt laut stöhne. Das ist natürlich Unsinn, wie ihn die alles andere als unsinnige Autorin keinesfalls gewollt haben kann! Auch stellt sich dem geneigten Leser die Frage, was er sich unter „gediegene[r] Musik“ vorzustellen haben? Schließlich ist die durchgängige Beschreibung des Busens der weiblichen Hauptfigur als „nicht mehr ganz festes Fleisch“ zu hinterfragen, da selbiger, wenn den erfahrenen Blick nicht alles trübt, schon seit geraumer Zeit mit Silikon resp. steriler Kochsalzlösung aufgefüllt worden ist.

Den endgültigen Genickbruch ereilt die Glaubhaftigkeit der Geschichte allerdings schon viel früher, nämlich in den Schilderungen der Bundeshauptstadt, die ein ums andere Mal nicht mit der Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen sind. Nun ist aber, denke ich, der erste Teil der Geschichte noch als „fiktionale Realität“ anzusehen, sprich: der Protagonist lebt in der Fiktion tatsächlich in Berlin des Jahres 2015 und besucht dort auch tatsächlich am 22. Januar eine Vorlesung von Andrea S.; er träumt dies also nicht nur wie am Ende den bis ins Groteske überzeichneten nymphomanen Überfall seines „Superweib[s]“ auf ihn selbst, und insofern müssten die Schilderungen der Bundeshauptstadt auch – näherungsweise – mit der nicht-fiktionalen Realität übereinstimmen, da das reale Berlin also die evidente Vorlage der Erzählung darstellt.

Dies ist aber nicht ansatzweise der Fall!

Geradezu putzig (diese Wortwahl sei mir verziehen, aber sie passt wie kaum eine andere zum Sachverhalt) ist die Vorstellung, dass es noch Ticketschalter bei der Berliner U-Bahn gäbe, wo „freundliche Dame[n]“ dem verzweifelten Kunden allzeit nützliche Auskunft erteilten. Pustekuchen! Heutzutage ist der Ticketverkauf, wie in allen anderen dt. Städten mit hinreichend großem öffentlichem Verkehrsnetz, längst automatisiert. Am Tag der Handlung, dem 22. Januar 2015, herrschte in der Hauptstadt zudem kein Winterchaos; die Tageshöchsttemperatur lag mit 1° C zwar nur knapp über dem Gefrierpunkt, aber weit über den „Minus 11 Grad“, die die Autorin in ihrer von Eis und Schnee durchwehten Geschichte heraufbeschwört. Gut, die Autorin mag nicht dem literarischen Naturalismus anhängen, weshalb ihr diese meteorologische Unstimmigkeit verziehen sei, aber dem nachlässigeren literarischen Realismus ist ihre Erzählkunst zweifelsohne zuzurechnen! Und aus diesem Grund ist es auch ungemein ärgerlich, wenn weitere – für jeden Kenner der Stadt – evidente Fehler den Text durchziehen. So z. B. die Dauer des Fußwegs vom Tiergarten zur Buchhandlung „Buch & Kunst“ am Kaiserdamm. Nehmen wir um des Arguments willen einmal an, dass der Protagonist von der S-Bahnstation Tiergarten stur die Straße des 17. Juni, Bismarckstraße und Kaiserdamm herunterstiefelte, so würde dieser Weg bei durchschnittlicher Gehgeschwindigkeit (1,4 m/s) nicht „höchstens 25 Minuten“, sondern rund 40 Minuten dauern – und da wären Eis und Schnee noch nicht mit einberechnet (und die unwahrscheinlich Behauptung nicht hinterfragt, dass „[w]eit und breit“ kein Taxi zu sehen gewesen sei)! Dass der fragliche Berliner Regionalsender nicht „Fernsehen-Berlin“, sondern „TV.Berlin“ heißt, fällt da schon gar nicht mehr weiter ins Gewicht. (Und die fragliche Buchhandlung „Buch & Kunst“, immerhin der Haupthandlungsort der Geschichte, mag zwar eine der ältesten Buchhandlungen der Stadt sein, aber über einen Kamin und salonähnliche Raumverhältnisse verfügt der kleine Laden trotzdem nicht!)

Nach diesem Berg an Kritik sei mit dem geschlossen, was mir trotz der konstatierten Regression in und an der Geschichte positiv aufgefallen ist. Allem voran ist diesbezüglich der Umstand zu nennen, dass es sich um eine der wenigen LIT-Geschichten handelt, die die innereheliche Affäre – Masturbation zur gedanklichen Vorstellung außerehelicher Partner – zur Sprache bringt. Dieses weitverbreitete Phänomen lassen fast alle Autoren auf LIT unter den Tisch fallen, daher verdient die „Wespe“ in meinen Augen ein großes Lob dafür, die Verschwiegenheit in diesem Punkt gebrochen zu haben! Wünschenswert wäre jedoch gewesen, wenn jenes Phänomen nicht nur in einer Nebenbemerkung versteckt, sondern breiter bearbeitet worden wäre, was idealiter auch die Klärung beinhaltet hätte, wieso und weshalb der Erzähler in diesem Punkt anscheinend ohne Unterschied die Moral aus der Bibel übernimmt („Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.“, Mt 5:28). Das hätte wirklich interessant werden können! Außerdem ist es der Autorin gut gelungen, die Obsession des Protagonisten mit seinem „Superweib“ einzufangen. Sein zwanghaftes Verhalten und Denken werden durch starke Wendungen wie „Wichsattacke“, finde ich, dem geneigten Leser eindrücklich nahe gebracht. Interessant zu erfahren wäre hier gewesen, wieso diese Obsession anscheinend noch zu keinerlei Konflikten in der Ehe des Protagonisten geführt bzw. seine Ehefrau anscheinend nicht den blassesten Schimmer von seinen Zwangsvorstellungen hat, obwohl der Protagonist selbige kaum zu verbergen vermag (vgl. seine Erektion angesichts der Überraschung seiner Ehefrau an Heiligabend). Auch hier wäre, denke ich, mehr drin gewesen!

Zum Ende nur ein Satz: Die Traumwendung ist ein allzu alter Hut.

Fazit: Ein Text, der viele überwunden geglaubte Schwächen der Autorin in sich vereinigt, aber in seiner ungewöhnlichen Behandlung des „Prominenten“-Themas sich von der Masse der dt. Texte in dieser Kategorie positiv abhebt. Kann man bei Interesse durchaus lesen!

–AJ

Auden JamesAuden Jamesvor etwa 8 Jahren
∴ { ◊ • 1 ½ STERNE • ◊ }

.

AnonymousAnonymvor etwa 8 Jahren
Lächerlich

Immer noch lächerlich Auden... aber egal

Ein gelungener schön erzählter Start Wespe!

Freu mich auf die Fortsetzung

AnonymousAnonymvor etwa 8 Jahren
Sehr gute Wahl !

Andrea Sawatzki ist eine sehr sinnliche, attraktive Frau ! Es ist eine Wohltat über eine reife Frau wie sie zu lesen, anstatt immer nur Mitglieder der Generation VIVA/MTV vorgehalten zu bekommen, danke dafür !

Das es sich um eine Traumsequenz handelte war zwar offensichtlich, kann ich aber verschmerzen. Auch war es schön zu lesen das die männliche Hauptfigur kein "Megastecher" oder Geisteskranker Stalker ist, sondern einfach ein großer Fan, der von der ihm angehimmelten, Prominenten Dame über alle Maßen erregt wird.

Ich freue mich auf die Fortsetzung und bin gespannt ob es tatsächlich zum Verkehr zwischen den beiden kommt, oder ob der gute weiterhin mit Fantasien bzw seiner Fotosammlung vorlieb nehmen muss. ;)

WespeWespevor etwa 8 JahrenAutor
Sammelantwort

Zuerst, weil es schneller geht:

Danke an Anonymus "Sehr gute Wahl !" und "Lächerlich", ich freue mich, dass die Geschichte gefällt.

@Anonymus "Sehr gute Wahl !": Die Traumsequenz war nötig und wird sich im 2. Teil (hoffentlich) erklären. Es war von mir gar nicht beabsichtigt, diese weniger offensichtlich dazustellen.

Auch der Hang meines Protagonisten, Fotos von Andrea zu "sammeln" wird noch einmal zur Sprache kommen, wobei ich hier hoffe, für eine einigermaßen überraschende Wendung gesorgt zu haben.

@ Auden James: Zuerst an dich vielen Dank für den ausführlichen Kommentar meiner Story incl. Leseempfehlung.

Auch um unsere allseits geliebten Kritiker ein wenig zu beschäftigen, hier meine Antwort (Ich werde diese wieder von Absatz zu Absatz abarbeiten, damit wir uns nicht verzetteln):

Was die Wahl "gewichtiger Themen", wie du es nennst, angeht, so war ich mir nicht bewusst, dass ich dieses Genre bediene und / oder zu bedienen habe. Ich will und werde auch in Zukunft die Geschichten schreiben, die mir im Kopf rumspucken, mal mit, mal ohne Happy End, mal düster und mal locker verfasst, in der Hoffnung, auf diese Weise auf meinem Profil ein weit gefächertes Angebot für meine Leser aufweisen zu können. Wenn ich dich damit enttäusche, dann bedaure ich das, aber ich kann beim besten Willen keine "düsteren" Geschichten schreiben, wenn ich nicht in der entsprechenden Stimmung bin!

Was die von dir kritisierten OGI-Nachlässigkeiten betrifft, so bitte ich dich, den Text auf der Korrekturseite: www.Rechtschreibung24.de gegenzulesen, du wirst feststellen, dass deine Kritikpunkte dort als fehlerfrei durchgehen (warum auch immer). Ich kann es auch hier nur immer wieder erwähnen: Ich lebe nicht in Deutschland und kann nicht jede deutsche Webseite benutzen, wie z.B. den Duden, so gern ich dies tun würde. Meinen Korrekturleser habe ich von seinem Versprechen entbunden, es fehlt ihm an Freizeit, um meine Geschichten gegenzulesen.

Was die unsaubere Formulierung angeht, da gebe ich dir recht, ich habs wieder verbockt! Ausgerechnet an einer solchen Textstelle vergesse ich das kleine Wörtchen "mit"...ich werde es nie lernen!

Beim "nicht mehr ganz festen Fleisch" des Busens der Akteurin angekommen möchte ich eben diese Schilderung zusammenfassen mit deiner Kritik über Berlin und die Einzelheiten zu dieser Stadt, sofern man von Einzelheiten überhaupt reden kann.

Das hier ist eine Geschichte, nichts als eine kleine Geschichte...entschuldige, wenn ich mich an all den von dir aufgezählten Kritikpunkten zu Ticketschaltern, Gehwegzeit, Entfernungen, Temperaturen, Kamin oder nicht Kamin usw. nicht orientieren kann und will.

Das halte ich für völlig überzogen.

Es freut mich einerseits, dass ich anscheinend die Geschichte für dich so authentisch dargestellt habe, dass du dich zu solchen Recherchen genötigt gefühlt hast, andererseits werde ich nie und nimmer bereit sein, so tief in die realen Gegebenheiten einer Situation X zu graben, dass auch am Ende solche Dinge der Wahrheit und nur der Wahrheit entsprechen. Wo würde das enden? Mit Blutgruppe und Personalausweisnummer einer meiner Figuren?

Ich habe nach eigenem Ermessen die wichtigsten Eckpunkte z.B. Name der Buchhandlung, Straßennamen, den Buchtitel - auch wenn er lediglich ein Roman und keine Biografie von Andrea Sawatzki darstellt - der Realität entnommen und bin der Meinung, dies sollte genügen.

Die Herleitung deines Bibelzitates „Wer ein Weib ansieht, ihrer zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen.“, Mt 5:28" ist mir nicht wirklich klar. Man kann heute auf vielen einschlägigen Webseiten nachlesen, dass deutsche Gerichte bei Ehescheidungen 3 Formen des Ehebruchs anerkennen: Die Affäre, den One-Nigth-Stand und das so genannte Internetverhältnis. Zu letzterem zähle ich schlussendlich Marks Obsession für Andrea Sawatzki, da braucht es keiner moralischen Wertung. Allerdings hoffe ich, dass vielleicht in Teil 2 eine Klärung zu diesem nur angerissenen Thema entsteht.

Das Kerstin keinen blassen Schimmer von dem hat, was ihr Ehemann allein vorm PC treibt, erklärt sich meiner Meinung nach in den Schilderungen der Situationen, wenn Mark clever genug ist, seine "Seitensprünge" so anzulegen, dass er allein in der Wohnung ist und der Ordner mit den "verbotenen Fotos" in seinem (nicht den gemeinsamen) Computer gut versteckt ist.

Beste Grüße!

Leonie12Leonie12vor etwa 8 Jahren
Wowh.. Du traust dich was.

Diese Story ist so leicht nachvollziehbar beschrieben. Von Kerstins Wohlwollen mal abgesehen.

Ich kann mir nur schwerlich vorstellen, dass es Ehe/Frauen gibt, die diese Leidenschaft ihres Mannes für eine andere Frau so kompromislos teilen. Und ihm sogar eine Karte für diese Lesung schenkt. Kann ich mir so nicht vorstellen.

Aber wer versteht schon die Frauen?

Wie auch immer: Eine saugute Geschichte mit einem sehr hohem Spannungsbogen.

Danke dafür.

WespeWespevor etwa 8 JahrenAutor
@ Leonie12:

Kerstin weiß doch lediglich, dass Mark die Sawatzki als Schauspielerin gut findet...alles weitere wird sich in Teil 2 hoffentlich auflösen! ;)

Danke für deinen Kommentar!

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