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Es ist heiss. Frau Matsuda hat das Faltdach offen und betrachtet sich in der Spiegelung der Fensterscheiben eines Einrichtungshauses.

Die schwarze Sonnenbrille tarnt perfekt. Es wird Zeit der Langeweile ein Ende zu setzen. Sie zündet sich die dritte Fluppe an, zieht die Sandalen aus und lässt die Füsse aus der halb geöffneten Tür baumeln. Abkühlung.

Die Schlampe kommt endlich zurück. Eine fettige und schlecht mattierte Schicht Make-Up hält die gespachtelte Urlandschaft ihrer Kraterfresse zusammen. Schön. Auf geht's. Die beiden Wagen fahren los. Frau Matsuda hält Abstand und die Leine lang. Vier Strassen weiter eine Reinigung. Es reicht.

Frau Matsuda hält an, lässt den Motor laufen, steigt aus und beisst herzhaft in den grünen Apfel. Zügig geht sie zu dem anderen Wagen und blinzelt kurz in Richtung der Tür der Reinigung. Keiner zu sehen. Sie streckt den Arm aus und hält den Apfel in die Sonne. Ein bekanntes Logo.

Mit Schwung rammt sie den Apfel in den Auspuff des Wagens und geht schnell zurück.

Sie setzt sich gemütlich ins Auto, setzt eine Seitenstrasse zurück, verstellt den Aussenspiegel um alles zu sehen und lässt die Beine über die Tür baumeln. Ihre Zehennägel sind schwarz lackiert. Eine matte Stelle. Mist.

Kurz darauf knallt es und eine weisse Rauchwolke zieht in Schleierfäden die Strasse entlang. Frau Matsuda schiebt die Sonnenbrille zur Seite. Schaut bedächtig in den Innenspiegel und prüft den Sitz einer Wimper. Ein Körnchen Tusche bröckelt raus. Sie beschliesst wieder von DM zu MÄC zu wechseln.

Erneut zwirbelt sie den Haargummi aus dem zerstörten Pferdeschwanz, wuschelt die Haare zu einem neuen Dutt und fummelt den Gummi wieder rein. Kaum eine optische Verbesserung, aber der hitzige Schweissfleck im Nacken dampfte ab.

Als der ADAC Wagen hält wird es interessanter. Die Russin beschwert sich, der vierschrötige ADAC Engel ist die Ruhe selbst und schaut sich alles an. Es dauert eine Viertelstunde.

Frau Matsuda hockt gespannt hinter dem Steuer. Abgenervt tritt die Russin auf's Gas und stürmt heimwärts. Gewonnen!

Endlich.

Sie bleibt diesmal näher dran. Es ist schwierig mit dem Smart an der roten Russen-Hexe dranzubleiben ohne aufzufallen. Nach 23 km biegt die Hexe in eine Nebenstrasse mit alten Einfamilienhäusern ein. Ein Strassenzug mit dieser wilhelminischen Fachwerk-Pseudoburgen-Ring-des-Nibelungen-Germanen Architektur. Klar, dass das Gesocks in sowas zuhause ist.

Die Russin hält in der Einfahrt, steigt aus und wirft die Haustür hinter sich brutal in den Rahmen. Ein Herzchen.

Sie schreibt sich die Adresse auf. Die Telefonapp spuckt auch die Festnetznummer aus. Die Russin. Frau Irina Ormont. Sie griemelt in sich hinein. Das Miststück war fällig.

Später am Nachmittag ist die Russin wieder weg. Der Menge an Gebimmel und Gebammel nach zu schliessen mit dem sie behängt ist, wird es wohl ein Treffen mit einem Kerl sein, für den auch die Fassadenrenovierung erfolgt sein dürfte.

Frau Matsuda klingelt an der Haustür. Dreimal. Sie schiebt beide Hände in die Potaschen der Hose und reibt die kaputte Stelle am Hintern. Sie guckt hoch zur Fassade auf die Fenster. Nix.

Vermutlich würde das Hackmesser, oder was auch immer Herrn Ormont Arm und Leben gekostet hatte, im Keller oder Schuppen liegen wenn es nicht irgendwo auf der Müllkippe oder im Fluss liegt.

Sie geht links um das Haus herum in den Gartenbereich dahinter. Ein Platschen und Spritzen. Jemand ist gerade in den blauen und weissen Pool gesprungen. Die Klingel war also nicht gehört oder ignoriert worden. Verdammt.

Sie hockt sich in den Schatten eines clematisüberwucherten Carports. Neben dem Pool steht eine Sonnenliege. Neben der Sonnenliege liegen nasse Badesachen, ein nasser grüner Bikini. Neben den nassen Badesachen steht ein halbleeres Glas. Neben dem Glas eine halbvolle Flasche. Vodka. Klar.

Aus dem Pool spritzt es erneut.

Der fragliche Schuppen steht weiter hinten, in Sicht des Pools.

Der Eingang zum Keller ist auch auf der Rückseite. Vom Pool gut zu sehen. Keine Durchsuchung ohne gesehen zu werden.

Aus dem Pool stemmt sich jemand über den Rand. Rothaarig, vermutlich die Tochter der Russin? Sehr weiss überall, wenig Sommersprossen, glänzend grüne Augen, grün lackierte Finger- und Zehennägel, die nassen Haare zu einem fest geflochtenen Zopf geflochten, glänzende goldene Piercings zum Betonen der Weiblichkeit an allen entscheidenden Stellen und das war auch schon alles was ausser Haut sonst noch zu sehen war.

Erstaunlich hübsch angesichts der genetischen Voraussetzungen, wenn die Überlegung mit Irina als Mutter hinkam. Die Vermutung wankte bedenklich. Die Augen waren anders. Ganz zu schweigen von der Figur und überhaupt.

Die Beobachtete schlenderte die wenigen Schritte zu der Liege und hinterliess dunkle Wasserflecken auf dem hellen Natursteinpflaster. Sie hatte nicht nur sehr niedliche Füsse. Der Pegel der Vodkaflasche nahm rasch ab. Eine Viertelstunde später steht sie wieder auf, gerade bevor Frau Matsuda einen Wadenkrampf entwickelt. Sie von hinten zu sehen war auch kein Bisschen schlechter als von vorne. Auch der Sprung in den Pool hatte was. Sportlich, körperbewusst, mit Spannung. Sehr hübsch. Sehr sexy. Ein wunderbarer Apfelarsch mit Sternchen. Neid. Es platschte laut aus dem Pool.

Frau Matsuda geht sehr geduckt zu der Liege, die Vodkaflasche ist immer noch offen. Keine Zeit für Experimente, rein mit dem Zeugs, kurz geschüttelt und an den gleichen Platz zurück gestellt.

Beim geduckten Zurückgehen schmerzt die Wade doch sehr. Sie geht in dem Gebüsch in Deckung, näher dran, aber brauchbar ausser Sicht. Wie schön, dass das ein höchstprozentiges Zeug in der Flasche ist, es würde sich keinerlei Beigeschmack gegen die Menge Alkohol durchsetzen.

Es dauert eine Weile bis sich das schöne, nackte Mädel ausreichend abgekühlt hat, um sich wieder nach Vodka zu sehnen. Aber die Flasche war ja offen, es wäre also dumm gewesen zu lange zu warten. Kaum an der Liege angekommen giesst sie sich ein neues Glas ein und trinkt im Stehen einen guten Kuhschluck.

Es dauert keine 6 Minuten und das Glas ist leer, frisch nachgefüllt, und die Flasche sieht zunehmend trocken aus und die Schöne schläft. K.O.

Endlich freie Bahn.

Der Schuppen erweist sich als vollgemüllt mit Gartengeräten aber ein blutiges Hackmesser ist nicht zu finden. Die Sucherei dauert ewig. Sie seufzt, die Dosis würde nicht reichen. Rückzug oder eine weitere Dosis?

Sie geht kurz um die nächste Hausecke um nachzuschauen und entdeckt unter überhängenden Büschen und Bäumen ein Geländeauto. Aha! Durch die schlammbespritzten Fenster sind Rucksäcke zu sehen. Geräte, irgendwas.

Das Auto sieht interessant aus, wird aber Zeit kosten. Verdammt.

Frau Matsuda hält den Kopf des Mädels fest und flösst ihr weiteren Vodka mit einer zweiten Dosis süsser Träume ein. Wenn sie noch länger so nackt in der Sonne liegen bleibt gibt es Sonnenbrand an Stellen wo das unmenschlich ist. Sie zerrt die Liege in den Schatten des Carport. Verdammte Plackerei.

Das Geländeauto ist ein Volltreffer. In den Rucksäcken sind leere kleine Tütchen, es riecht nach Gras und schwarzem Afghanen und auf der Ladefläche liegt ein rostiges Hackmesser. Vermutlich ist nicht alles daran Rost. Mit dem iPhone werden Fotos vom Auto, von den Sachen und der Umgebung versendet.

Der Verdacht, dass es sich bei den leerstehenden Wohnungen um die wandernden Auslieferungslager für die ambulanten Drogenhändler der City handelt erhärtet sich zunehmend.

Sie geht zurück zu der schlafenden Frau. Atmung, Puls, alles OK. Sie hebt mit spitzen Fingern den kleinen goldenen Ring aus ihrem Nabel. Zu hübsch. Gier und Neugier. Die sexy Badenixe ist weiter K.O. Noch etwas in den Schatten, auch die hübschen Füsse aus der prallen Sonne raus, schlaf schön.

Frau Matsuda klaut grinsend den kleinen goldenen Ring aus dem Nabel und legt einen Streifen mit 4 Paracetamol neben den Vodka und verschwindet lautlos zur Strasse.

Diese verdammte Irina Ormont! Tatsächlich war der Kerl mit dem sie aus war dieser Verbandsheini. Dr. e.h.

Der Typ war ein Eismann. Und hatte die Frau des verblichenen Ormont voll am Haken. Sein fetter A8 parkte im Dunkeln quer vor der wilhelminischen Villa.

Frau Matsuda schaut durch das Fenster im Erdgeschoss. Man ist beschäftigt. Saufen. Klar.

Von der rothaarigen K.O.-Schönen keine Spur, vermutlich grausames Kopfweh oder womöglich doch weg zur Apotheke. Das schlechte Gewissen. Aua.

Sie wartet geduldig, eine einbeinige Amsel hoppelt traurig vorbei. Eine hässliche Katze taucht raschelnd im Gebüsch auf. Es liegt verdammt nochmal gar nicht am Scotch! Sie beschliesst zuhause umgehend eine neue Testreihe zu starten. Ein Rinnsal Schweiss sucht sich den Weg vom Rand des Tanktops zwischen ihre Pobacken. Verdammte Abendhitze!

Das Aussenlicht vor der Haustür flammt unerwartet auf. Irina und der Eismann Dr. e.h. Immobilienverband tauchen auf. Irina schmeisst sich an den Klotz von Kerl.

Kratergesicht gegen Holzklotz. Der Klotz gewinnt. Irina gibt auf und versucht nicht Arme um den Stiernacken zu legen.

- Ihrena. Sperr' die Löffel auf. Sieh zu, dess du diese Natalia los wirst. Au-Pair? Dei Kinner sin doch in Ferien? Die säuft nur und is im Weech. Du bist froh des du dein' Alden los bist und wenn's auch schäbbich war, dood is dood. Der steht nimmer uff. Isch muss jetzt' los. -

Der Wanst schiebt sich hinter das Lenkrad des Audi. Irina winkt, Herr Dr.e.h. guckt weg und tritt auf den Pinsel. Der Audi hinterlässt zwei Furchen im Kies. Abgang Herr Dr. h.c.

Soso. Natalia heisst sie also und ist stark unterbeschäftigte Au-Pair bei Witwe Ormont.

Die Witwe schlurft unsicher durch die Haustüre zurück. Vermutlich zur Flasche. Die Haustür fällt diesmal mit leisem Klick ins Schloss.

Frau Matsuda bleibt unschlüssig im Kernschatten des Hauses stehen. Wo würde der Dr.e.h sein Hauptlager oder gar eine Produktion haben? Der Vertriebsweg schien gut organisiert zu sein. Wechselnde leerstehende Wohnungen. Die Strassendealer bekommen eine SMS aufs Telefon mit der neuen Adresse. So simpel. Und als Verbandschef hatte man vermutlich die Gelegenheit mit mehr als einem Makler mit verschiedenen Immobilien gut die Spuren zu verwischen. Bis man auf einen Typ wie Ormont gestossen war, der selber unsaubere Sachen drehte. Überhöhte Kautionen, erpresste Maklergebühren, einen Schläger und Rausschmeisser für's Grobe.

Kaum drin hatte Ormont die Sache vermutlich geblickt oder geahnt. Schon war er wieder draussen. Ganz, oder zumindest in Teilen, denn der Arm war ja ab.

Ein halblautes Grollen und Knattern eines Motorrollers kam durch die Strasse gehallt. Ein Scheinwerferkegel schnitt durchs Dunkel der Einfahrt. Frau Matsuda duckt sich und zuckt hinter den Spiesserflieder. Der Roller hält und sein Motor geht aus. Natalia zieht sich den Helm ab und hält den Kopf mit beiden Händen, die Ellenbogen auf den Lenker gestützt. Sie wendet mit schmerzverzerrtem Gesicht den Kopf von links nach rechts. Am Lenker baumelt eine winzige Plastiktüte. Mit einem dicken roten A drauf. Hirschapotheke.

Rollerfahren mit Helm bei Kopfweh war bestimmt nochmals so schmerzhaft. Frau Matsuda hat ein übles schlechtes Gewissen und drückt sich tiefer in den Flieder. Die Hände in den Hosentaschen guckt sie zu wie Natalia den Schlüssel nimmt, die Haustür aufsperrt und verschwindet. Ihr Finger stösst am Boden der Hosentasche an den kühlen Goldring. Das schlechte Gewissen bleibt irgendwie, aber ein wenig andere Gefühle gesellen sich dazu. Der geklaute Goldring war glatt und schön wie die ursprüngliche Besitzerin.

Es war Zeit abzubrechen. Aber auf dem iPhone findet sich schnell die Liste mit den aktuellen Wohnungsangeboten. Zwei Makler. Ormont und Wiedermaier-Wollner.

Nur ein Haus bei Ormont. Wollen wir mal gucken wohin Herr Dr.e.h. wohl noch musste. Die Adresse war nicht so weit weg, als dass man mit dem Smart nicht noch eine nächtliche Spritztour dorthin hätte unternehmen können.

Frau Matsuda fährt durch die Nacht. Offen. Der Fahrtwind zaust die Haare kräftig durch. Die Luft trocknet ab. Das klebrige Gefühl bleibt.

Der Besuch bei der letzten Wohnung in der Ormont-Liste war interessant gewesen.

Herr Dr.e.h. war natürlich da gewesen, seine beiden Helfer vom Typ Ey-Alder-isch-hau-dir-auffe-Fresse luden fleissig Rucksäcke aus dem A8 und schleppten sie nach oben. Eine leere Büroetage. Die Etagen darunter wurden gerade renoviert. Mehr war kaum nötig.

Sie fährt endlich zum Hotel Waldschlösschen ihrer aktuellen Bleibe unter den Fittichen von Frau Grootekaas, Besitzerin, Übermutter, Pensionschefin und überhaupt.

Nach dem Duschen fällt sie in einen unruhigen Schlaf. Dr.e.h. beabsichtigt Frau Natalia Au-Pair aus dem Verkehr zu ziehen. Ungut. Frau Natalia Au-pair kommt weiter in dem Traum vor. Die Nacht bleibt trotz Abkühlung warm und unruhig.

Am nächsten Morgen ist die Hitze vorbei, frische Regenwolken und ein erster Schauer. Das Atlantiknass kühlt alles ab. Fast wie der Küstennebel in LA bei Marlowe.

Das Frühstück bei Frau Grootekaas ist heftig. Während sich die erbarmungslose Chemie der Verdauung mit dem Frühstück beschäftigt guckt sie aus dem Fenster.

Ein Scheisstag. Der Kaffee beisst.

Das iPhone bimmelt. Der Zopftyp.

- Hi, die Fotos aus dem Geländeauto sind spitze! Jetzt müssen wir den Drecksack nur noch mit Stoff in der Hand erwischen. -

- Ich melde mich, wenn's soweit ist. -

Herr Dr.e.h. Mennikes ist beschäftigt. Frau Matsuda wird langsam sauer. Das Abwimmeln hat Methode. Der Immobilienverbandsvorsitzende ist nie da, kein Wunder er hat ja reichlich Geschäfte. Sie geht und beschliesst die Sache anders anzugehen. Das brandneue Fernglas trägt das Zeichen des "Z". Scharf. Nachtglas. Gegen Abend tritt sie durch die Tür einer Baustelle gegenüber von dem leeren Bürobau. In der dritten Etage gegenüber brennt Licht. Mietinteressenten für Ormonts letzte Immobilie?

Sie sucht sich im Rohbau eine bessere Stelle. Der Rohbau ist alt, Löwenzahn wächst in den fensterlosen Zimmern in der Ecke.

Die Büroetage gegenüber wird genau untersucht. Millimeter für Millimeter gleitet das Nachtglas über die Hausfront. Etwas merkwürdiges geschieht. Das Licht in der Büroetage geht aus, dennoch bleibt an der Fassade der verschwindende Hauch von Licht. Aus den beiden Etagen drunter. Nur ein Hauch.

Sie verlässt den alten Rohbau, ein Schild brüllt sie an: Betreten Verboten! Eltern haften für ihre Kinder!

Vor der Baustelle ist der Boden ausgebaggert, alter Restbeton ist hinein gekippt worden und schon lange erstarrt. In den Rissen stehen Kamille und Gras. Ein ebenfalls alter Haufen Kies und Sand geben einem Baustromverteiler Gelegenheit sich irgendwo anzulehnen. Er summt ganz leise, fast unhörbar wie eine leise maulende Grille. Dicke Kabel führen aus ihm heraus, auf ein provisorisches Gerüst, an dem das Kabel über die Strasse geführt wird.

Sie packt das Glas weg und schreibt sich die Kontaktdaten der Stadtwerke auf. Strom wird ja einfach abgeschaltet wenn keiner mehr zahlt. Baustrom sowieso, besonders wenn die Baufirma anscheinend die Arbeit schon lange ruhen lässt. Es muss wohl noch jemand zahlen.

Sie setzt sich in den Smart. Zu spät für einen Besuch bei den Stadtwerken. Aber Stromabrechnungen werden ja gerne aufbewahrt. Oft in Aktenordnern, und davon gab es bei der Immobilienverbandshütte jede Menge. Im Schrank hinter Frau Katarina Kohlschläger. Nur als Beispiel.

Sie schaut wieder in die Immobilienanzeigen. Ormont. 3 Objekte. Ein Klick weiter zu Ormont-Immobilien, Impressum.... Irina Ormont, das Geschäft wurde übernommen, soso.

Weitere und sogenannte Vintage-Objekte werden direkt auf der Homepage gelistet. Darunter das Bürohochhaus und ... Adresse gegenüber, Rohbau, nie fertig gestellt, Grundstücksinteressent oder Investor gesucht. Die Ordner in Irinas wilhelminischem Altbau! Irina, du Ratte! Die war mehr als dran.

Die wilhelminische Allee. Schon wieder. Die Häuserzeile geht ihr schwer auf den Senkel. Auf geschickte Nachfrage haben die Stadtwerke bestätigt, dass der Baustromverteiler nach wie vor gemietet ist und ganz erhebliche Mengen Strom abgerechnet werden. Der Baustromverteiler mitsamt Hauptanschluss wurden nicht vom Bauherrn, sondern von dem Eigentumswohnungsmakler beauftragt. Ormont. Die Stadtwerke gehen davon aus, dass der Strom zum Trocknen des nassen Rohbaues und damit zum Erhalt der Bausubstanz gebraucht wird. Das wäre so üblich.

Sie knabbert auf dem Daumen rum und beguckt sich das Haus weiter vorne. Es ist Mittag. Irina war mit ihrer Karre schon weggefahren. Natalia war mit dem Roller eben vorbei gefahren.

Der A8 war auch nirgends zu sehen.

Einige Minuten später krabbelt sie aus dem Smart und schlendert nah an der Hecke entlang zum Haus Ormont. Alles ruhig. Gut.

Sie geht gemütlich nach hinten durch. Der Pool war leer, die Terrasse verwaist, die Hintertür sperrangelweit offen. Man lüftete, es roch ein wenig nach Gras.

Sie geht rein, guckt sich um. Das ebenerdige Fenster mit dem Schreibtisch und den Leizordnern hinten war rechts. Das Büro Ormont ist staubig aber der Schreibtisch sauber.

Sie schiebt die 9mm vorne in die Jeansjacke, ruiniert einen fast schneeweissen und fast neuwertigen BH, packt sich die 4 Ordner mit der Aufschrift "Rechnungen" in die Arme und eiert damit zum Schreibtisch.

Vorbildliche Ordnung! Aktenreiter sortieren die Rechnungen. „Stadtwerke" steht auf einem. Ein dicker Packen, sorgfältig abgeheftet. Sie blättert, fotografiert mit dem iPhone, blättert weiter, liest und macht sich Gedanken bis das Licht ausgeht.

Nichts hatte darauf hingewiesen. Das Licht war einfach ausgegangen. Dunkelheit. Mittags.

Sie betrachtet die wunderschön glitzernde Galaxie. Hunderte Millionen Sterne. Schön, wenn da nicht dieser Schmerz wäre.

Sie versucht die Augen aufzumachen, sanfte Lichtstrahlen gleiten durch ihre Pupillen ins Hirn, prallen an der hinteren Innenseite des Schädels ab und machen solange im Schädel Pingpong bis der Schmerz grosszügig überallhin verteilt ist. Sie macht die Augen wieder zu. Ein Scheiss-Aua war das.

Sie spürt einen Druck am Kopf, sie versucht mit der Hand dort hin zu fassen. Es geht nicht. Etwas Kaltes bewegt sich auf ihrem Kopf. Ein Tropfen eisiges Wasser rinnt aus dem Haar ins Ohr. Der Druck des Eisbeutels auf dem Kopf sorgt für anhaltende Kühlung der Beule und für ein leichtes Brennen.

Ihre Handgelenke sind an das Bein des Schreibtischs gefesselt. Sie bewegt den Kopf vorsichtig bis der Eisbeutel abrutscht und dafür das Tischbein ins Sichtfeld kommt.

Tesafilm. Um das Schreibtischbein und um die Handgelenke. Die leere Tesa-Rolle liegt daneben.

Der Kopf schmerzt ziemlich. Kate guckt an sich runter. Die Jeansjacke ist offen, die 9mm weg. Auf ihrem nackten Bauch befindet sich ein seltsames Objekt.

Sie hebt den Kopf um besser sehen zu können. Eine Schachtel, weiss mit grün, Zielscheibenlogo.

Aspirin mit Tesafilm auf den nackten Bauch geklebt.

Humor.

Sie lässt den Kopf wieder rückwärts sinken. Vorsichtig. Schritte sind zu hören.

Die Schritte sind sehr leise. Barfuss.

Sie blinzelt in die Richtung.

- Aha, schon wach! -

Der Ton ist sachlich.

- Dabei habe ich richtig feste zugehauen! Wegen der Kopfschmerzen! Die müssen so sein. Die Beule tut mir leid, das lässt sich nicht vermeiden. Ich leg dir den Eisbeutel wieder drauf. Aspirin gibt es keines. Ich hab nämlich durchaus Humor! -

Zwei Zeigefinger schieben Frau Matsudas Augenlider auf. Licht fällt in das Innere des Schädels. Aua.

- Das tut weh, ich weiss, aber ich hatte auch nicht gerade die süssesten Träume!

Deine KO-Tropfen sind richtig üble Dinger, aber ich hab dich genau gesehen als du mir die zweite Dosis gegeben hast, ich konnte nur nichts machen. So wie du jetzt. Eigentlich darf ich nochmals zuhauen, nicht? -

Das Grauen hat einen neuen Namen. Natalia. Sie starrt in ein Paar glitzernd grüne Augen. So ganz böse wie der eben gehörte Text waren die Augen nicht. Frau Matsuda sah ein wenig Hoffnung und Licht am Ende eines langen düsteren Tunnels aus Kopfweh.