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Die fruchtbare Alm Teil 01

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„Jaaaa ... gesagt hat diese Christl ja angeblich, an-ge-e-e-b-lich, verstehst, pass auf, jetzt kommts ‚So was wie die Unterbichlerbäuerin, also du, gehört ja auf den Scheiterhaufen oder in das Moor g'stess'n (gestoßen). Wenn der Putzlumpen', also du wieder, ‚nicht spurt, geht sie mit dem Ungeheuer in den Wald'. In den Wald, stell dir vor.

Und was macht sie denn dort mit dir ... ha, ha ... was denn ... im Wald ...? Schwammerl will sie mit dir bestimmt keine suchen gehen. Vielleicht will sie ein bisschen krrrchs ... murks, murks machen ...?" Sie deutete mit den Fingern ein Strangulieren an und tat so, als ob sie nach Luft schnappte. „Weißt, da muss ich leider so einen begründeten Verdacht haben, weißt schon, wegen meiner Informationen. Meine Informanten haben da so was angedeutet. Wirst sehen, meine Ahnung sagt mir, die macht mit dir Krrrchs ... Krrrchs ... murks, murks ... und wie ... da wirst spitzen. Da spritzt nichts und scheppert nichts. Nur du schreist halt etwas ... nicht lang ... weil dir sowieso die Luft ausgeht, und du bist hin, verstehst ... hin ... ja, ja, böse Menschen gibt es. Aber, wenn du keine Luft mehr kriegst, da ist es ja für dich sowieso schon zu spät, oder? Vielleicht will sie dich ... weiß man es. Aber lassen wir das. Und wenn du sie fragst, leugnet sie alles ab, so schaut es aus, die alte Lügnerin ...!" Natürlich hätte die alles abgestritten. Nichts davon war wahr.

Und weil die Unterbichlerin ja praktisch sowieso schon eine Todgeweihte war, begann sie jetzt mit geneigtem Kopf und gefalteteten Händen zu beten „O Herr, stehe unserer armen Seele in ihrer schweren Stunde bei, wenn sie ein böser Mensch heimsucht, und sie ihr Leben hingeben muss. Lass sie nicht lange leiden. Gib der armen Seele den ewigen Frieden. Amen" Die Unterbichlerin sah sie verständlicherweise nur mit weit aufgerissenen Augen an, konnte die Geschehnisse natürlich nicht erfassen. Sie saß hier putzmunter und bei bester Gesundheit und die Cilli betete schon für sie, als ob sie in ein paar Tagen bereits den Löffel abgeben sollte.

Die Cilli argumentierte jetzt mehrspurig „Mein Gott, die Reibesels haben doch auch so lange Messer und verbotenerweise ein Jagdgewehr, angeblich, sagt die Nachbarin. Da wollte doch der brutale Hund, der alte Reibesel, seine Alte schon einmal in einem Vollrausch an der Hütte auf dem Berg füsilieren ... peng, peng ... pffft ... und schon wäre sie weg gewesen. Das geht schnell, da spürst nichts ... peng, pffft ... und weg bist. Die hat da aber nicht mitgespielt, versteht man ja auch, oder. Das wird er sich aber bei euch doch nicht trauen, glaub ich fast nicht. Außerdem habt ihr doch keine solche Hütte?" Die Unterbichlerin nickte „Doch, doch, ein paar!" und die Cilli strickte weiter an ihrem Spinnennetz „Ach, die habt ihr schon, mehrere. Das ist aber jetzt ganz schlecht, Unterbichlerin. Na ja, wir haben ja Gottvertrauen, gell."

„Die Alte soll ja sogar dem Lehrer schon mal an den Hals gegangen sein und ihm den Suppenschlauch zugedrückt haben, mit beiden Händen die Gurgel, wegen ihrem Fratz, dieser Rotznase, der Christl. Die hätte den doch glatt kaltblütig erdrosselt, richtig erdrosselt, Krrrchs ... murks, furchtbar ist das, gell, einfach einem Lehrer den Schluck abdrücken, nur weil der Fratz immer lauter Sechser bekommt? Ach, ja, weißt du das gar nicht? Die Schlaueste soll sie ja auch nicht gerade sein, wie die Mutter, lauter Sechser, jedes Jahr. Na ja, vielleicht tu ich ihr ja auch unrecht. Aber das mit dem Suppenschlauch vom Lehrer stimmt ganz bestimmt. Hast das wirklich noch gar nicht gehört? Ja, ja, alle Reibesel sind furchtbar gewalttätig, richtiges Mördergesindel. Und die kommen jetzt bei dir auf den Hof. Na, Servus, schöne Welt, da werdet ihr eine Freud haben."

Die Unterbichlerin schüttelte nur den Kopf. Man sah ihr das furchtbare Entsetzen an. Mit weit aufgerissenen Augen hatte sie sich ihre Hände, so als ob sie sich vor dieser Gefahr jetzt schon schützen wollte, an den Hals gelegt und sehr nervös mehrfach geschluckt.

Was die Cilli da sagte, war starker Tobak. Schnell holte die Bäuerin eine neue Schnapsflasche. Beide tranken sie zur Stärkung wieder ein Schnäpschen. Die Cilli lachte „Nicht schlecht, das Wasserl, bin sowieso ein bisschen verkühlt ...!" Nicht schlecht? Prost Mahlzeit, das Wasserl hatte fast 50 %. Der Schnaps sollte, so dachte die Bäuerin, Cillis Zunge etwas besser lösen. Und weil es so gut schmeckte, kippten sie auf den Schreck hin gleich selbst auch noch ein Trinkglas voll. Gleich ging es weiter mit den Neuigkeiten der Cilli „Da musst aber gut aufpassen, Bäuerin. Also, wenn das wirklich stimmt, der Herr stehe uns bei und gebe uns eine gute Sterbestunde ...!" Dabei bekreuzigten sie sich beide. „Aber vielleicht hat sie das ja gar nicht gesagt. Ja, dann muss ich sagen ‚Dem Herren sei Lob und Dank allezeit ...!'." Die Bäuerin ergänzte sofort andächtig „ ... und in Ewigkeit Amen ...!" Man war ja schließlich, wie gesagt, sehr fromm.

Das reichte der Cilli jetzt an Einführung, sozusagen zum Aufwärmen der Unterbichlerin. Ihre Nachrichten waren jetzt nach allen Seiten abgesichert und für Eventualitäten vorgesorgt. An den Zornesfalten der Unterbichlerin konnte die Cilli bereits die heftige Wirkung ihrer Worte sehr gut erkennen. Der Schnaps tat ein Übriges. Sie ging jetzt gleich zum Frontalangriff über „Aber da gibst es nichts zum Loben und Danken, gaar niichts ...!" schrie sie „Über deinen Mann hat sie ja auch so Sachen gesagt."

Es folgte eine Pause, sie sah dabei abwechselnd und zu Tode betrübt die Bäuerin und das Kreuz in der Ecke an. Sie sprach offensichtlich schon wieder andächtig und inbrünstig ein Gebet. Die Unterbichler hörte ihren letzten Satz „... steh den Unterbichlers bei in ihrer Not, und gib ihnen Kraft, wenn bald schlechte Menschen sich ihrer bemächtigen. Amen ...!" Wie sie sah, dass die gute Cilli, diese treue, gute Seele, ob der traurigen Aussichten sogar ein paar dicke Krokodilstränchen vergoss, begann sie auch zu schniefen. Das war ja alles jetzt irgendwie so furchtbar traurig. Die Cilli war hoch zufrieden, dass ihr Psychoterror so perfekte Wirkungen erzeugte.

Es ging weiter mit ihren schonungslosen Offenbarungen, Härtegrad zwei. Nach ihrer kurzen Andacht fuhr sie fort „Nein, ich sag jetzt besser doch nichts mehr, wegen meinem Gewissen, verstehst? Zum Schluss heißt es auch noch, die Cilli tut ja immer die Leute ausrichten, wo ich doch nur meine Christenpflicht erfüllen muss. Aber die Wahrheit will halt niemand hören, gell. Und ich, iiiiich, täte die Leute ausrichten? Mein Gott, mein Gott, was sind die Menschen überall so schlecht."

Die Bäuerin sprang sofort auf. Ihre Stimme überschlug sich, als sie jetzt schrie „Die ganze Wahrheit muss ich hören, alles, alles, alles, nur raus damit, das muss ich jetzt wissen!" Sie wusste, wie sie die Zunge der Cilli blitzschnell lösen und ihr Gewissen beruhigen konnte. Gleichzeitig holte sie nämlich ein paar hohe Scheine aus dem Küchenschrank und steckte sie der Cilli zu. Die Bäuerin war nur noch dankbar „Das ist für dein Gewissen. Cilli, dich schickt ja der Himmel!" Das stimmte nicht ganz. Es war, wie man las, die mit allen Wassern gewaschene Rosanna. Die Cilli bedankte sich sehr ergeben „Dank dir schön, dank dir schön, gell, das hätte es aber doch nicht gebraucht, weißt, ist ja doch meine Christenpflicht."

Mit dem Sonderhonorar der Bäuerin hatte die Cilli gar nicht gerechnet. Die Scheinchen nahmen Cilli allerdings jetzt im ganz besonderen Maße die letzten Bedenken. Jetzt wollte sie ihren Auftrag ganz besonders perfekt erfüllen und erzählte, was es nicht gab. Lauter gemeine Lügen ließ sie jetzt anrollen „Bäuerin, weißt, gesagt haben soll diese Christel ja auch noch dein lieber Mann, der brave Hias, der ist der größte Dreckhammel, verstehst, ein gescherter Dreck-ham-mel. Wenn der so lang wäre, wie er saublöd ist, dann könnte der aus der Dachrinne auf dem Kirchturm saufen'. Jaa, und der hätte dich ja nach der Hochzeit gleich erschlagen müssen, weil du so ein Ungeheuer bist. Und du bist das größte Arschloch im Tal, und dann kommt gleich der Hias, dein braver Mann.' Das ist doch allerhand. ‚Stell dir vor, über den hat sie auch noch gesagt, dass er der Dorf- und Taldepp ist, der Hias, unser Herr Bürgermeister ist der Dorf- und Taldepp.

Mein Gott, hab Erbarmen, das ist doch furchtbar. So was aus dem Munde eines jungen Mädchens, das immer in die Kirche geht, dort so schön singt und in der Andacht die Litanei so laut vorlesen tut. So schön betet sie immer, und singen kann das Maderl. Aber so kann es sein, gell, wie man sich doch in den Leuten täuschen kann. Das möchst nicht glauben. Das kann man sich ja gar nicht vorstellen, so viel Gemeinheit und Bösartigkeit, einfach unmöglich. Ja, und sie macht euch schon alle katholisch, vor allem dich." Die Bäuerin begriff nicht sofort und schüttelte den Kopf „Sind wir doch schon." worauf die Cilli meinte „Römlisch-katholisch, verstehst, mit dem Knüppel, der Peitsche, daher weht bald der Wind." Das verstand sie und konnte nur unentwegt den Kopf zutiefst erschüttert schütteln.

„Ja, ja, stimmt schon, wenn das böse Weib pfeift, dann hüpft ihr alle, mit dem Trillerpfeiferl, verstehst. Nach der Hochzeit lässt sie die Sau raus. Na ja, in ein paar Tagen wirst es ja erleben. Dann sind eure guten Tage leider aus und vorbei, wenn die Christl die Befehlsgewalt auf dem Hof an sich reißt, aus und vorbei. Gleich darfst im Saustall oder Hühnerstall nächtigen, auf jeden Fall in einem Stall. Mein Gott, wenn ich daran denk, der Gestank dort. Da wird mir ja gleich schlecht."

Die Cilli verstand es meisterhaft, in dieser recht einseitigen Unterhaltung die Stimmung so zu lenken, dass die Bäuerin in dieser kurzen Zeit jetzt für eine Totalkarambolage mit Höchstgeschwindigkeit genau auf die Wand zufuhr.

Es war Zeit für, den letzten Stoß, den Fangschuss, nämlich die Rettung. Die Cilli bot ihr jetzt nämlich eine ‚Lichtgestalt' zur Rettung im letzten Moment, sozusagen den 15. Nothelfer, an.

„Ja, ja, da wäre ja die Rosanna ganz was anderes. Die kennst ja, gell, die Rosanna. Ein so ein liebes und gutes Maderl ist sie. Und einen Erben hat sie ja auch schon vom Seppel, den Mathias. Mein Gott, die paar Jahr, wo die älter ist. Das ist ein riesiger Vorteil. Die weiß, was des Weibes Pflichten sind, und täte dem Seppel und euch ja nur eine Freude machen. Wie die arbeiten kann, und keine Flausen, immer nur arbeiten.

Noch was muss ich dir verraten. Sag es aber nicht weiter, ist ein großes Geheimnis. Ich hab es von meinem Informanten in der Bank. Du weißt ja, die Leute sind ja so was von schlecht, neidig, richtig missgünstig sind sie. Die so gute und brave und sooo fleißige Rosanna soll doch glatt ganz schön viel Geld haben, viel mehr Pulver als die meisten im Tal. Ich musste dir das sagen, das war jetzt auch meine Christenpflicht, weil doch Geld am besten immer zu Geld gehört. Wer keines hat, der kann ja damit sowieso nichts anfangen und schon gar nicht damit umgehen. Weißt, Bäuerin, ist ja nur so eine Idee, aber da täte doch die Rosanna ja soooo prima zum Seppel passen."

Und schließlich kam der Dolchstoß, der die Bäuerin alle machen sollte „Außerdem, hast es bestimmt schon läuten gehört? Da redet ja bald das ganze Tal darüber. Der Reibesels haben einen riesigen Berg Schulden. Da wird bald alles versteigert. Da habt ihr aber schon euren Rüssel für die Schulden mit drinnen, wenn die Christl eure Schwiegertochter ist. Heiratsgut gibt es da natürlich sowieso nichts mehr, weil nichts mehr da ist, eben, nur noch ein Berg Schulden." Dieser Hinweis war ausnahmsweise wahr. Der Reibesel war in seiner Gaststätte schon seit vielen Jahren der Wirt und gleichzeitig täglich der Gast, der alle anderen unter den Tisch soff und gerne Karten spielte.

Die Cilli kam jetzt zu ihrem Schlusswort „Ja, ja, da ist ja jetzt leider alles vorbei." Erneut begann sie zu meditieren und versank in ein andächtiges Gebet. Sie musste ihren letzten Dolchstoß voll wirken lassen. Und das tat er wie gewünscht. Sofort kam nämlich daraufhin die überfällige, unbeschreiblich heftige Eruption der Bäuerin. Die Wörtchen ‚Versteigerung' und ‚kein Heiratgut' hatten ihr jetzt den Rest gegeben. Da konnte man keine Sekunde länger mehr zuwarten. Eine Frau, die keinen Haufen Geld hatte, konnte niemals den Seppel heiraten.

Am ganzen Körper zitterte sie, als sie während Cillis kurzer Andacht aufsprang und mit den Fäusten auf den Tisch trommelte. Wie ein Rumpelstilzchen sprang sie herum und schrie mit sich überschlagender Stimme „Vorbei meinst, zu spät ist es? Cilli, bist blöd, häää? Da täuscht dich aber ganz schwer! Es gibt keine Hochzeit mehr mit dera ... und dera ... dera ...!"

O ja, die Unterbichlerin kannte viele böse Bezeichnungen aus der ganzen Tierwelt. Nach ein paar fehlte ihr für das Weiterschreien aber jetzt ganz einfach die nötige Luft. Sofort eilte sie mit der Cilli hinaus. Der Hias, ihr Mann, muss sofort her. Energisch wurde er herbeizitiert und bekam von den beiden seine näheren Instruktionen. Der arme Kerl musste sofort komplett umdenken. Das war kein Kunststück. Er war gerade fleißig am Schnapsbrennen und hatte eifrig verkostet, kapierte sowieso das Wenigste.

Mit dem Gesicht eines wütenden Gorillas stand sie vor dem Hias, fletschte die Zähne und grunzte zu Cillis Lagebericht immer wieder dazwischen. Die etlichen, von der Cilli mehrfach nachgeschenkten, Schnäppschen, und Cillis Schauermärchen hatten ihr jegliches Denkvermögen genommen. Ihr Verstand rotierte nur noch um „Die muss weg ... weg ... sofort ... so eine Matz ... ja, hab ich ein Glück gehabt, dass ich die Cilli gerade noch rechtzeitig getroffen hab ... so ein Glück ... die Matz hat kein Geld nicht ... Schulden ... ich muss zahlen ... die Rosanna ... ist die Rettung ... die Rettung ...!"

Man sah, die Bäuerin hielt die Zügel auf dem Hof auch noch mit mehreren Promille alle straff beisammen. Der Hias war zwar der Bürgermeister im Tal, aber sein holdes Weib regierte alles ausschließlich. Wer mit dieser Furie, die aussah wie eine Dampfwalze, einmal konfrontiert wurde, wusste sofort, dass hier die uralte Volksweisheit voll und ganz stimmte: ‚Wer eine Theresia, also eine Resi, im Haus hat, der braucht keinen Hofhund!' Die Resi Unterbichler ersetzte sogar ein ganzes Rudel der schärfsten Kampfhunde.

Die Christl tat willig immer brav das, was ihr die Mutter aufgetragen hatte. Eindringlich hatte diese ihrer Tochter immer wieder gesagt „Lass ihn vor der Hochzeit drüber, so oft wie er will, lass ihn. Saug ihn aus, bis auf den letzten Tropfen. Dann ist der immer wie ein Hunderl, und kommt nicht auf dumme Gedanken. Spuren muss er. Danach kannst ja die Schenkel zusammenkneifen. Da braucht es das nur noch sehr selten, am besten gar nicht mehr, wenn die Kinder da sind. Wenn es nach den geilen Saubären geht, täten die ja am liebsten zwischen unseren Schenkeln, ja, bis sie in die Grube fallen, übernachten und reinstoßen. Das geht natürlich nicht, Christl. Da musst immer gut aufpassen. Kinder machen, gut, aber danach muss Schluss sein, verstehst, aus, vorbei, nichts geht mehr. Ist doch viel bequemer. Sei doch nicht so blöd ...!"

Eine solche Eistellung hatte natürlich auch seine Gründe. Sie selbst praktizierte es so seit vielen Jahren und verweigerte ihrem Alten alles, was nach Sex aussah. Das verwunderte nicht. Für sie war der Sex etwas furchtbar Schmerzhaftes. Ihr Leidensweg begann in der Hochzeitsnacht. Da hat sie ihr frisch angetrauter, betrunkener, Ehemann mehrfach brutal vergewaltigt und, weil sie nicht so wie er wollte, heftig geohrfeigt, auf das Bett geworfen und sich genommen, was ihm zustand. So geschah es im ersten Ehejahr immer wieder. Ein männlicher Schwanz war für sie ein Folterwerkzeug. Sex war für sie höllischer Schmerz, etwas Grausames.

Als die Tochter geboren war, ließ sie ihn nicht mehr an sich heran, schlug zurück, war dabei immer wieder nicht gerade zimperlig und quetschte ihm mit festem Griff sein Gemächte. Damit war das Thema ‚Vögeln' für sie erledigt. Zärtlichkeiten gab es sowieso nie. Er gab nie auf und wollte immer wieder über sie herfallen. Das war die Sexualität, wie sie die Kirchnerbäuerin, Christls Mutter, kennen gelernt hatte. Erst sehr viel später mit über 60, als ihr Alter alkoholbedingt das Zeitliche gesegnet hatte, sollte sie mit einem erheblich jüngeren italienischen Arbeiter, der in der Gastwirtschaft übernachtete, die wahren und sehr schönen Dimensionen der körperlichen Liebe erfahren. Er blieb bei ihr. Da begriff sie erst so richtig, was sie alles versäumt hatte, und wie wunderschön es doch sein konnte, eine Frau zu sein.

Davon war sie allerdings noch weit entfernt. Die Männer hießen bei der ebenfalls sehr natürlichen und ungezwungenen Ausdrucksweise von Christls Mutter nur die ‚geilen Saubären'. Das verwunderte den Kenner der näheren Szenerie keineswegs. Sie hatte, wie angedeutet, so ein besonderes Musterexemplar seit Jahrzehnten im Haus. Das war jeden Tag stockbesoffen, kugelrund voll gefressen und noch dazu sehr gewalttätig. Und zeitweilig hatte er eben doch in den ganzen Ehejahren glatt auch noch Sex gewollt, dieser Saubär. Sie hätte ihm doch tatsächlich dabei auch noch zur Verfügung stehen sollen.

Da schrie sie nur „Ja, sonst noch was. Nur weil du deinen Schwanz wegen deinem dicken Ranzen nicht mehr sehen kannst, soll ich ihn jetzt ...? Jaaaa, du Waaaaaahnsinniger du ... du geiler Saubär du ... du Rauschkugel ... du Bärentreiber du. Schleich dich, klemm ihn doch zwischen die Tür. Jeden Tag wirft er mich auf den Teppich und versucht es, seit über 20 Jahren. Irgendwann schneide ich ihn ihm ab, muss er weg." Man sah auch hier wieder recht gut, dass es bei Christls Eltern wirklich immer noch sehr urwüchsig, natürlich und unverfälscht, ja, richtig ehrlich, zu ging. Humorvoll waren sie offensichtlich auch sehr, wie man sehen konnte.

Während in der heimischen Küche sein weiterer Lebensweg beschlossen worden war, versorgte der Seppel seine Christl zwischen ihren Schenkeln auf die Schnelle mit einer schönen, flüssigen Kalorie. Die Verabreichung war gerade in der Christl in heftiger Vorbereitung, als seine Mutter anrief und ins Telefon schrie. „Stante pede" [hier wohl besser ‚stante penis'] „kommst du nach Hause!"

7.

Des Weibes Pflichten

Er kürzte die Arbeit ab, kam kurz entschlossen in der Christel und gleich darauf nach Hause. Sofort musste der Seppel natürlich alles abblasen und sich von seiner Christl trennen. Die Christl war einfach nur sprachlos und konnte es nicht glauben. Ihre Mutter, auch nicht gerade verdächtig für den Friedensnobelpreis, hätte es beinahe vor Wut zerrissen. Die vielen ‚angeblich' der Cilli in ihren bösartigen Berichten hatte die Unterbichlerin schon nach dem ersten Satz nicht mehr gehört. Für sie und den Hias war das, was die Cilli erzählte, die pure, furchtbar schlimme Wahrheit, die dringend nach radikalen Sanktionen schrie. Die verbalen Entgleisungen hätte man ihr notfalls vielleicht gerade noch nachgesehen. Die drohende Versteigerung und die vielen Schulden machten sie und den Kirchnerhof allerdings im höchsten Maße suspekt.

Als der Seppel zur Haustür ging, und noch gar keine Ahnung hatte, um was es ging, schrie ihn der Vater schon an „Du haust das ranzige Luder, dieses Schandmaul, sofort zum Teufel und heiratest die Rosanna, verstehst ... die Rosanna, hast verstanden? Ruf diese Christl, diese Quadratmatz, an und sag ihr, dass Feierabend ist. Mein Gott, wir waren doch alle blind. Versteigert werden sie, Schulden haben sie bis unters Dach und pleite sind sie, arm wie Kirchenmäuse. So was können wir hier nicht gebrauchen. Die muss weg, weg, weg!"

„Jaaa, da lob ich mir doch die Rosanna. Die hat schon einen Buben, einen Stammhalter und Hoferben von dir. Und Mathias heißt er, wie ich. Und ein Geld hat sie ja auch, ganz schön viel. Ist das nicht wunderbar? Das ist ja das Allerwichtigste, ein Geld, verstehst, ein Pulver, einen Haufen Diridari. Und wer ein Geld hat, der hat auch immer recht ... das ist ein altes Bauerngesetz, verstehst? Da, wo der Teufel einmal hinscheißt, muss er immer wieder hinscheißen. Dann stimmt die gottgewollte Ordnung bei uns. Steht doch schon in der Bibel." Man konnte an seinen ‚Weisheiten' und Kraftausdrücken sehr gut erkennen, dass er ohne seine Therese ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und richtig herrisches Auftreten an sich haben konnte. Das war er eben allerdings nur dann, wenn seine Frau, die Resi, weit weg war oder er, wie hier, die neue Lebensplanung für den Seppel, ihre Befehle ausführen musste.